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RBOG 1998 Nr. 11

Örtliche Zuständigkeit des Rechtsöffnungsrichters bei Wohnsitzwechsel des Schuldners


Art. 53 SchKG, Art. 84 Abs. 1 SchKG


1. Umstritten ist die Frage, ob ein Wohnsitzwechsel des Schuldners während des Einleitungsverfahrens bzw. vor dem Rechtsöffnungsverfahren zu einem Wechsel des Betreibungsorts führt.

2. a) Der Betreibungsort ist massgebend für die örtliche Zuständigkeit des Amts und der richterlichen Behörde, welche Verfahrensschritte in Zusammenhang mit einer Betreibung durchzuführen haben. Ordentlicher Betreibungsort ist der Wohnsitz des Schuldners (Art. 46 Abs. 1 SchKG). Hat der Schuldner keinen festen Wohnsitz, wird er am Aufenthaltsort betrieben (Art. 48 SchKG). Verändert der Schuldner seinen Wohnsitz, nachdem ihm die Pfändung angekündigt oder nachdem ihm die Konkursandrohung oder der Zahlungsbefehl zur Wechselbetreibung zugestellt wurde, wird die Betreibung am bisherigen Ort fortgesetzt (Art. 53 SchKG). Zuständig für die Rechtsöffnung ist der Richter des Betreibungsorts (Art. 84 Abs. 1 SchKG).

b) Nicht im Gesetz genannt wird der Fall, wenn der Schuldner seinen Wohnsitz während des Einleitungsverfahrens wechselt; gemäss Art. 53 SchKG ist in diesem Fall der allgemeine Betreibungsort veränderlich (BGE 115 III 30, 112 III 11). Der klare Wortlaut von Art. 84 Abs. 1 SchKG schliesst die Veränderlichkeit des Betreibungsorts nicht aus. Inwiefern allein in bezug auf den Wortlaut des Gesetzes Art. 53 SchKG in Konkurrenz zu Art. 84 Abs. 1 SchKG treten soll, wie dies die Rekursgegnerin andeutet, ist nicht ersichtlich.

c) Weder der Botschaft zur Revision des SchKG noch anderen Gesetzesmaterialien ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der Revision des SchKG zu dieser Frage in materieller Hinsicht eine Änderung der bisherigen Rechtslage habe herbeiführen wollen. In der entsprechenden Botschaft wird lediglich festgehalten, dass Art. 84 Abs. 1 SchKG "neu" den Gerichtsstand am Ort der Betreibung festlege (BBl 1991 III 67). Der Begriff "neu" bezieht sich offensichtlich nur darauf, dass diese Frage vor der Revision gesetzlich nicht geregelt war (Siegen/Buschor, Vom alten zum neuen SchKG, Zürich 1997, S. 54).

d) Die vom Schuldner angerufenen Kommentare (Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs, 4.A., Art. 84 S. 378; Walder, SchKG, 14.A., Art. 84 N 1) gehen von der Unabänderlichkeit des ursprünglichen Betreibungsorts aus. Laut diesen Autoren ergebe sich dies aufgrund des klaren Wortlauts von Art. 84 Abs. 1 SchKG; diese Auffassung wird jedoch nicht näher begründet. Die beiden Kommentare widersprechen sich in diesem Punkt an anderer Stelle sogar selbst (Jaeger/Walder/Kull/Kottmann, Art. 53 SchKG S. 223 und N 5; Walder, Art. 53 SchKG N 1). Demgegenüber gehen Siegen/Buschor (S. 54) vom gegenteiligen Standpunkt aus. Dieser Auffassung folgen Amonn/Gasser (Grundriss des Schuldbetreibungs- und Konkursrechts, 6.A., § 10 N 39 ff.), Kren Kostkiewicz (Gerichtsstände im revidierten SchKG, in: AJP 1996 S. 1362 f., insb. Anm. 23) und Frank/Sträuli/Messmer (Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3.A., § 9 N 7).

Somit gelten offensichtlich nach vorherrschender Lehre weiterhin die Erwägungen in BGE 115 III 30 und 112 III 11. Gründe, von dieser Praxis abzuweichen, sind denn auch nicht ersichtlich. Vielmehr wird diese Rechtsauffassung dadurch gestützt, dass Art. 84 Abs. 1 SchKG mit der Nennung des Begriffs "Betreibungsort" ausdrücklich auf Art. 46 ff. SchKG Bezug nimmt. Demnach ist, folgt man der Systematik des Gesetzes, von der Veränderlichkeit des Betreibungsorts im Einleitungsverfahren auszugehen.

e) Zusammenfassend ist davon auszugehen, dass entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichts der allgemeine Betreibungsort, wie sich dies aus Art. 53 SchKG ergibt, während des Einleitungsverfahrens mit Einschluss des Rechtsöffnungsverfahrens weiterhin veränderlich ist und dem jeweiligen Wohnsitz des Schuldners folgt. Lediglich als Ausnahme kann dem Schuldner zugemutet werden, sich trotz Wohnsitzverlegung noch am alten Betreibungsort auf Rechtsöffnung belangen zu lassen, falls er dem Gläubiger die Wohnsitzverlegung nicht angezeigt und dieser auch nicht sonstwie nachweislich davon erfahren hat.

Rekurskommission, 21. September 1998, BR 98 84


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