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RBOG 2011 Nr. 5

Kosten für den Entscheid betreffend Erbschaftsausschlagung


§ 8 Ziff. 1 VGG, Art. 566 ff. ZGB


1. Der Beschwerdeführer teilte der Vorinstanz mit, er schlage die Erbschaft aus. Der Einzelrichter des Bezirksgerichts nahm davon Vormerk und auferlegte ihm Verfahrenskosten von Fr. 365.00 (Verfahrensgebühr von Fr. 100.00 sowie Kosten des Notariats von Fr. 265.00). Der Beschwerdeführer macht geltend, er sei "sozialabhängig" und könne diesen Betrag nicht bezahlen.

2. Gemäss Art. 567 ZGB beträgt die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft drei Monate. Sie beginnt für die gesetzlichen Erben, soweit sie nicht nachweisbar erst später von dem Erbfall Kenntnis erhalten haben, mit dem Zeitpunkt, da ihnen der Tod des Erblassers bekannt geworden, und für die eingesetzten Erben mit dem Zeitpunkt, da ihnen die amtliche Mitteilung von der Verfügung des Erblassers zugekommen ist. Die Ausschlagung ist vom Erben nach Art. 570 ZGB bei der zuständigen Behörde mündlich oder schriftlich zu erklären. Sie muss unbedingt und vorbehaltlos geschehen. Die Behörde hat über die Ausschlagung ein Protokoll zu führen. Dieses Ausschlagungsprotokoll wird nach den Vorschriften des kantonalen Rechts geführt und soll den rechtlich Interessierten (besonders den Miterben, Legataren und Gläubigern) zur Einsicht offen stehen. Besonders die Erbschaftsgläubiger können sich dadurch informieren, ob der zur Erbschaft Berufene innert der Dreimonatsfrist ausgeschlagen hat. Ist dies nicht der Fall, so können sie ihn für die Schulden in Anspruch nehmen. Der Protokollierung kommt keine rechtsbegründende Wirkung zu; massgebend ist vielmehr die Ausschlagungserklärung. Die zuständige Behörde darf die Entgegennahme der Ausschlagungserklärung und deren Protokollierung nicht davon abhängig machen, dass der Ausschlagende sich vorher über seine Erbenqualität und die Rechtzeitigkeit der Erklärung ausweist. Eine solche Prüfung wäre, da das Protokoll keine eigentliche Rechtskraft besitzt, überflüssig; auch wäre der Behörde eine hinreichende Feststellung meist nicht möglich[1]. Die Behörde muss auch ihr verspätet oder in nicht gehöriger Form zukommende, nicht aber mit Bedingung oder Vorbehalt abgegebene Erklärungen entgegennehmen und protokollieren, da ihr ein Kognitionsrecht nicht zusteht[2]. Der Richter hat als zuständige Behörde im Sinn von Art. 570 ZGB die Ausschlagungserklärung entgegenzunehmen und zu protokollieren, ohne dass er befugt wäre, die Gültigkeit - und namentlich die Rechtzeitigkeit der ihm eingereichten Ausschlagungserklärungen - zu prüfen. Nur ausnahmsweise, wenn die Verwirkung der Ausschlagungsbefugnis anerkannt oder offenkundig ist, darf der Richter Erklärungen zurückweisen[3]. Allenfalls ist der Gesuchsteller zur Klärung der Lage einzuladen; das Ergebnis dieser Prüfung bindet aber selbstverständlich den Richter im ordentlichen Verfahren nicht[4]. Aus der Protokollierung oder Nichtprotokollierung der Ausschlagungserklärung kann mithin nicht auf deren bestehende oder fehlende Rechtsbeständigkeit geschlossen werden, und das Protokoll sagt nichts darüber aus, ob die Erbschaft aus anderen Gründen, wie beispielsweise infolge offensichtlicher Überschuldung der Erbschaft, von Gesetzes wegen als ausgeschlagen gilt[5].

3. Dass die Vorinstanz eine Verfahrensgebühr von Fr. 100.00 für ihren Entscheid festlegte, entspricht üblicher Praxis und ist nicht zu beanstanden. Gleichzeitig auferlegte sie dem Beschwerdeführer aber auch die Kosten der vom Notariat eingeholten Familienscheine über Fr. 265.00. Eine Ausschlagungserklärung wird indessen ohnehin nur abgeben, wer sich selber als Erbe fühlt, und falls tatsächlich ein Nichterbe die Ausschlagung erklären sollte, kann daraus kein Problem entstehen; gerade deshalb darf die das Ausschlagungsprotokoll führende Behörde die Entgegennahme der Erklärung nicht davon abhängig machen, dass der Ausschlagende sich vorher über seine Erbenqualität ausweist[6]. Damit besteht aber zum einen keine Notwendigkeit, Familienscheine einzuholen, und zum anderen jedenfalls keine Berechtigung, die Kosten solcher Abklärungen dem ausschlagenden Erben aufzuerlegen. Damit ist die Beschwerde insofern teilweise zu schützen, als die gesamthaft zu bezahlende Verfahrensgebühr gemäss dem angefochtenen Entscheid von Fr. 365.00 auf Fr. 100.00 herabzusetzen ist.


[1] Escher, Zürcher Kommentar, Art. 570 ZGB N 16

[2] Tuor/Picenoni, Berner Kommentar, Art. 570 ZGB N 5

[3] ZR 96, 1997, Nr. 29 mit Hinweisen

[4] Weber, Gerichtliche Vorkehren bei der Nachlassabwicklung, in: AJP 1997 S. 558

[5] AGVE 2001 Nr. 3

[6] Escher, Art. 570 ZGB N 16

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