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TVR 2000 Nr. 12

Streitigkeiten aus Zusatzversicherung, Zuständigkeit des Versicherungsgerichts


§ 69 a Abs. 1 Ziff. 2 VRG


Die Zuständigkeit des Versicherungsgerichts für Streitigkeiten aus Zusatzversicherung zwischen Kantonsspitälern als öffentlich-rechtliche Anstalten des Kantons und Versicherern oder Versicherten schliesst ein vorgängiges Rechtsmittelverfahren aus.


C ist querschnittgelähmt und durch eine Heilkosten-Zusatzversicherung «spital-halbprivat» bei der Q krankenversichert. Vom 17. April bis 12. August 1998 befand sie sich im Thurgauischen Kantonsspital Frauenfeld zur stationären Behandlung, welches ab 27. April 1998 ein Spezialbett «Monarch MK6» zumietete, um der Patientin eine medizinisch indizierte Luftkissenlagerung zu ermöglichen. Die Kosten für die Miete dieses Bettes beliefen sich auf insgesamt Fr. 19 560.35, wofür das Kantonsspital der Q Rechnung stellte. Die Q weigerte sich jedoch, diese zu bezahlen, worauf das Kantonsspital das Betreibungsverfahren einleitete. Am 6. Mai 1999 wurde der Q schliesslich der Zahlungsbefehl zugestellt. Den gleichentags dagegen erhobenen Rechtsvorschlag hob das Kantonsspital Frauenfeld mit Verfügung vom 31. Mai 1999 auf und erteilte definitive Rechtsöffnung. Den dagegen am 23. Juni 1999 erhobenen Rekurs der Q wies das DFS mit Entscheid vom 26. Oktober 1999 ab und erteilte definitive Rechtsöffnung über Fr. 19 560.35 zuzüglich 4 % Verzugszins.
Dagegen erhob die Q am 5. November 1999 Beschwerde beim Verwaltungsgericht und beantragte, der Entscheid des DFS vom 26. Oktober 1999 sei aufzuheben. Dieses heisst die Beschwerde in dem Sinne gut, als es die Entscheide des Kantonsspitals vom 31. Mai 1999 und des DFS vom 26. Oktober 1999 aufhebt.

Aus den Erwägungen:

1. a) Mit dem Gesetz über den Verbund der kantonalen Krankenanstalten vom 10. Februar 1999 wurde die Grundlage zur Errichtung der Spital Thurgau AG geschaffen, die per 1. Januar 2000 gegründet worden ist. Diese hat unter anderem sämtliche Rechte und Pflichten des Kantonsspitals Frauenfeld (unselbständige Anstalt) übernommen. Sie hat damit ebenso die vorliegend umstrittene Forderung über Fr. 19 560.35 übernommen. Nachdem die Forderung als solche aber ihren Ursprung im Jahre 1998 hat, ist sie nach den damaligen Normen zu beurteilen.

b) Die Q ist Versicherer Cs für die obligatorische Krankenpflegeversicherung und für diverse Zusatzversicherungen (insbesondere halbprivat). Streitig ist eine Forderung des Kantonsspitals Frauenfeld gegenüber der Q Krankenkasse infolge Spitalaufenthalt Cs für die Miete eines Spezialbetts.
Diese Mietkosten werden deshalb in Rechnung gestellt, weil sich das Kantonsspital Frauenfeld auf den Standpunkte stellt, das Spezialbett habe zugemietet werden müssen und gehöre nicht zur normalen Spitalinfrastruktur. Ausschlaggebend hierfür sei die Anknüpfung an § 11 Abs. 2 der Taxordnung. Nach dieser Bestimmung könnten therapeutische Massnahmen bei Privatpatienten besonders verrechnet werden. Bei allgemeinversicherten Patienten allerdings wäre die Zumietung des Spezialbettes in der Tagestaxe eingeschlossen. Die Q hingegen ist der Ansicht, diese Kosten seien in der Tagespauschale für Privatpatienten enthalten.
Die Zuständigkeit des Versicherungsgerichts ergibt sich aus TVR 2000 Nr. 11. Allerdings beurteilt das Versicherungsgericht solche Streitigkeiten als einzige Instanz (§ 69a Abs. 1 VRG). Insofern der Beschwerdeeingabe der Q ein Rekursverfahren als Folge des hoheitlichen Entscheides des Kantonsspitals Frauenfeld vom 31. Mai 1999 ihr gegenüber vorausging, war dieses Vorgehen nicht in Einklang mit der privatrechtlichen Natur der Zusatzversicherungen.

b) (...)

2. a) Streitigkeiten aus Zusatzversicherung sind privatrechtlicher Natur, die erstinstanzlich im Verfahren gemäss Art. 47 VAG zu beurteilen sind (BGE 123 V 324 ff.). Während in anderen Kantonen hierfür der Zivilrichter zuständig ist, hat der Gesetzgeber im Kanton Thurgau das Versicherungsgericht als zuständig erklärt (§ 69a Abs. 1 Ziff. 2 VRG). Dieses hat sich – wie gesagt – nun auch für Streitigkeiten aus Zusatzversicherung zwischen Versicherer oder Versicherten und Leistungserbringern für zuständig erklärt.
Die Zusatzversicherung ist Vertrag zwischen dem Versicherten (oder Versicherungsnehmer) und dem Versicherer. Gegenüber dem Versicherer besteht von Seiten Dritter im Allgemeinen kein direktes Forderungsrecht (Ausnahme z.B. gegenüber dem Autohaftpflichtversicherer). Daraus ergibt sich für den vorliegenden Fall, dass erstens das Spital im Allgemeinen nicht direkt den Zusatzversicherer belangen kann. Schuldner der Leistung ist vielmehr grundsätzlich der Patient (für die obligatorische Krankenpflegeversicherung gilt Art. 42 KVG). Das ist nicht nur beim privatrechtlichen Verhältnis zwischen Arzt und Patient so (Auftragsrecht gemäss Art. 394 ff. OR), sondern auch zwischen Patient und öffentlichem Spital (öffentlichrechtliches Verhältnis; siehe §§ 5, 6 und 8 der Taxordnung, die nun aber per 1. Januar 2000 aufgehoben worden ist). Abweichend davon wird das Spital sinnvollerweise immer dann direkt an den Versicherer gelangen, wenn dieser Kostengutsprache geleistet hat oder wenn dies ein Vertrag mit dem Versicherer so vorsieht.
Zweitens ist ein Rechtsmittelverfahren ausgeschlossen. Das bedeutet, dass sowohl die Verfügung des Spitals gegenüber der Q mit der hoheitlichen Beseitigung des Rechtsvorschlages vom 31. Mai 1999 als auch der Rekursentscheid des DFS vom 26. Oktober 1999 aufzuheben sind und damit die Beschwerde in diesem Sinne gutzuheissen ist. Eine Umdeutung der Beschwerde in eine Klage ist ausgeschlossen, da es nicht angeht, den Versicherer in eine Rolle (Kläger) zu drängen, die ihm grundsätzlich nicht zukommt.

b) Dem Kantonsspital beziehungsweise nunmehr der Spital Thurgau AG steht es somit frei, (direkt) vor Versicherungsgericht gegen die Patientin beziehungsweise den Versicherer zu klagen (vgl. § 69a Abs. 1 Ziff. 2 VRG). Inwiefern der Versicherer sie dabei auf eigene Kosten vertreten kann, wie dies vor Kantonalem Schiedsgericht der Fall ist (Art. 89 Abs. 3 KVG), ist bisher nicht entschieden worden. Angesichts der Parallelität der Zusatzversicherung zur obligatorischen Krankenpflegeversicherung dürfte dies jedoch angezeigt sein. Dafür sprechen auch Art. 42 Abs. 2 KVG und die Verträge zwischen Versicherern und Leistungserbringern.

Entscheid vom 10. Mai 2000

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