TVR 2001 Nr. 12
Gebührenhöhe für Stiftungsaufsicht
Die vertiefte Prüfung des Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzips ergibt, dass eine Gebühr von Fr. 100.– für eine einfache Prüfung der Jahresrechnung einer Stiftung mit einem Vermögen von Fr. 60 000.– nicht zu beanstanden ist.
Die G-Stiftung mit Sitz im Kanton Thurgau reichte dem DFS ihren Bericht 1998/1999 ein. Diesem beigelegt war der Bericht der Revisionsstelle vom 22. Juli 1999. Das DFS nahm den Revisionsbericht und die Berichterstattung 1998/1999 zur Kenntnis und auferlegte der Stiftung für diesen Entscheid vom 2. Februar 2000 eine Gebühr von Fr. 100.–. Dagegen gelangt die G-Stiftung ans Verwaltungsgericht. Dieses weist die Beschwerde ab.
Aus den Erwägungen:
2. Beschwerdegegenstand ist einerseits der Grundsatz der Gebührenpflicht und andererseits die Höhe der Gebühr.
a) Betreffend Grundsatz der Gebührenpflicht für die Stiftungsaufsicht hatte sich das Verwaltungsgericht vor rund 11/2 Jahren auszusprechen. Es führte in seinem in TVR 1999, Nr. 15, publizierten Entscheid aus, dass der Staat mit der jährlichen Überprüfung der Stiftungen gemäss Art. 84 ZGB eine Leistung erbringe, wofür er gestützt auf § 9 VGV eine Gebühr verlangen könne. Diese Bestimmung stelle eine genügende gesetzliche Grundlage dar. Daran ändere der Umstand nichts, dass der Staat bis 31. Dezember 1998 keine Gebühr erhoben habe. Zwar habe die Gebührenbefreiung deshalb bestanden, weil der Staat von der Gemeinnützigkeit der Institutionen ausgegangen sei. Es stehe der Verwaltung aber frei, ihre Praxis zu ändern, sofern sachliche Gründe dafür vorhanden seien und sie die Praxisänderung allgemein und konsequent durchführe. Dem Verwaltungsgericht ist aus anderen Fällen bekannt, dass der Staat nun konsequent Gebühren zu erheben scheint. Die Gebührenpflicht der G-Stiftung als solche kann deshalb nicht beanstandet werden. Dem steht die Steuerbefreiung der G-Stiftung nicht entgegen, bedeutet doch Steuerbefreiung nicht gleich auch Gebührenfreiheit.
b) Bezüglich der Höhe der Gebühr legt § 9 VGV den Rahmen fest: Fr. 50-- bis Fr. 2 500.--. Innerhalb dieses Rahmens sind die Gebühren nach dem Aufwand und der Bedeutung der Sache zu bemessen. Im bereits zitierten Entscheid TVR 1999, Nr. 15, sind die allgemeinen Grundsätze für die Erhebung von Gebühren dargelegt worden. Dabei wurde auf das im Gebührenrecht im Vordergrund stehende Kostendeckungs- und Äquivalenzprinzip hingewiesen. Gemäss § 10 VGV legt der Regierungsrat die Kanzleigebühren fest. Aus dem Verweis gemäss Fussnote ergibt sich, dass damit die Verordnung des Regierungsrates über die Gebühren der kantonalen Verwaltungsbehörden vom 16. Dezember 1992 gemeint ist. Dort sind Verfahrensgebühren für die Bezirksämter, Grundbuchämter und Notariate sowie Kanzleigebühren geregelt. Für die Stiftungsaufsicht fehlt im Gegensatz zum Bund ein eigentlicher Gebührenkatalog (vgl. Verordnung [des Bundesrates] über die Gebühren der Eidgenössischen Stiftungsaufsicht beim Eidgenössischen Departement des Innern vom 7. Juni 1993), sodass die allgemeinen Grundsätze zum Tragen kommen.
c) Das DFS rechtfertigt die Gebührenhöhe vorab mit dem Hinweis, dass der Kostendeckungsgrad der Aufsicht für berufliche Vorsorge im Jahre 1999 unter Berücksichtigung der allgemeinen Unkosten 53.74% betrage. Damit sei das Kostendeckungsprinzip nicht verletzt. Beigelegt sind die entsprechende «Deckungsgradberechnung Aufsicht für berufliche Vorsorge und Stiftungen per 31. Dezember 1999», «Zeitaufwand für die Aufsichtstätigkeit von gemeinnützigen Stiftungen im Jahre 1999» (254 Stunden) und «Zeitaufwand für die Aufsichtstätigkeit von Vorsorgeeinrichtungen im Jahre 1999» (1 346 Stunden) sowie «übriger Zeitaufwand der Stiftungsaufsicht» (740 Stunden). Ob diese Kostendeckungsgradberechnung in allen Teilen zutrifft, kann angesichts des Verfahrensausgangs offen bleiben (E. 2d und e).
aa) Die Aufsicht über die Vorsorgeeinrichtungen, die nicht nur in der Form der Stiftung organisiert sein müssen (vgl. Art. 331 OR), obliegt gemäss Art. 61 BVG vorab dem Kanton beziehungsweise dem DFS (vgl. § 1 der Verordnung des Regierungsrates zum BVG vom 26. September 1983). Dabei handelt es sich um eine spezifische Aufsicht mit sehr speziellen Vorschriften. Die Aufsicht über die Stiftungen im Allgemeinen richtet sich nach Art. 84 ZGB. Schon auf Grund dieser unterschiedlichen Aufsicht fragt sich, ob die vorliegende undifferenzierende Auflistung der Gesamtausgaben gerechtfertigt ist. Zählt man dann den Aufwand für beide unterschiedlichen gesetzlichen Aufsichtsaufgaben zusammen, nämlich
254 Stunden für Aufsichtstätigkeit von gemeinnützigen Stiftungen
1346 Stunden für Aufsichtstätigkeit von Vorsorgeeinrichtungen
_740 Stunden übriger Zeitaufwand der Stiftungsaufsicht
2340 Stunden
so ergibt sich daraus etwas mehr als eine Jahresleistung (Sollstunden ca. 1936). Dafür werden Fr. 526 644.54 Lohnsumme eingesetzt, was reichlich viel ist. Es kommt hinzu, dass der Bund für seine Aufsicht gemäss BVG im Gegensatz zu seiner Stiftungsaufsicht auch andere Gebühren verrechnet (vgl. Verordnung über die Gebühren für die Beaufsichtigung von Einrichtungen der beruflichen Vorsorge vom 17. Oktober 1984). Schliesslich ist zu berücksichtigen, dass die Verantwortung des Staates bei der BVG Aufsicht auf Grund des meist sehr hohen Vermögens doch eine ganz andere ist als jene für die Aufsicht über ideelle Stiftungen. Das Verwaltungsgericht behält sich deshalb in einem anderen Fall eine vertieftere Kostendeckungskontrolle vor, wenn sich – anders als hier – zeigen sollte, dass die Gebühr nicht etwa dem effektiven Aufwand entsprechend in Rechnung gestellt wurde.
bb) Wenn das DFS bei den gemeinnützigen Stiftungen gleichzeitig auch prüft, ob sie nach wie vor steuerbefreit sind (vgl. Rechenschaftsbericht des Regierungsrates für das Jahr 1999, S. 284, und Ziff. 3 der Beschwerdeantwort), so ist das durchaus richtig, doch darf der dafür nötige Aufwand nicht in Rechnung gestellt werden.
d) Wie das Verwaltungsgericht in TVR 1999, Nr. 15, hervorgehoben hat, richtet sich die Gebührenhöhe vorab nach dem Aufwand, wobei es auf einen Stundenansatz von Fr. 100.– für Umweltverträglichkeitsprüfungen verwies. Das DFS spricht von einem durchschnittlichen Aufwand von 2.8 Stunden pro Stiftung und verweist dazu auf die Beilagen 4 und 5. Gemäss Beilage 4 sind 171 gemeinnützige Stiftungen geprüft worden. Bei einem Total für 1999 von 254.33 Stunden zuzüglich behauptete 120 Stunden übriger Zeitaufwand kommt das DFS auf 370 Stunden und damit auf die erwähnten 2.8 Stunden pro Stiftung. Die Rechnung ergäbe aber 2.2 Stunden im Durchschnitt.
Aus der Beilage 7 ergibt sich einigermassen ein Bild, was alles an Aufwand anfällt. Zum Aufwand gehört vorab die Prüfung, ob das Stiftungsvermögen seinen Zwecken gemäss verwendet wird (Art. 84 Abs. 2 ZGB), mithin die Prüfung der Jahresrechnung und Bilanz. Hierfür können ca. 15 bis 20 Minuten für die konkrete Jahresrechnung 1998 der Beschwerdeführerin eingesetzt werden. Dazu kommen aber noch Beratungen, Auskünfte, Debitorenwesen, Nachführung der Datenbanken, Postbearbeitung, Geschäftskontrollen und Prüfung der Stiftungsurkunden. Für die Hauptarbeit und auch jene darum herum ist aber letztlich 1 Stunde (Fr. 130.– geteilt durch Fr. 100.– pro Stunde = 1.3 Stunden) noch tolerierbar. Dem vom DFS angeführten Aufwand hält die Beschwerdeführerin ja auch nichts Konkretes entgegen. Nicht zu beanstanden ist eine gewisse Pauschalisierung der Gebühr und auch nicht eine gewisse Glättung über die Jahre.
e) Das ebenfalls zu prüfende Äquivalenzprinzip besagt, dass die Gebühr im Einzelfall in einem vernünftigen Verhältnis zum Wert zu stehen hat, den die staatliche Leistung für die Abgabepflichtigen hat. Ein gewisser Ausgleich im Hinblick auf die wirtschaftliche Bedeutung und das Interesse der Privaten an der Leistung ist zulässig. Entscheidend ist, dass die Relation zwischen Gebührenhöhe und Wert der Leistung bestehen bleibt. Zutreffend ist allerdings, dass die Höhe der Gebühr für eine bestimmte Verrichtung nicht notwendigerweise ihrem objektiven Wert entsprechen muss; mit den Gebühren für bedeutende Geschäfte darf der Ausfall aus Verrichtungen ausgeglichen werden, für die wegen des mangelnden Interesses keine kostendeckende Entschädigung verlangt werden kann (vgl. BGE 103 Ia 90).
Der Umstand, dass im Rahmen des Äquivalenzprinzipes die Höhe der Gebühr für eine bestimmte Verrichtung nicht notwendigerweise ihrem objektiven Wert entsprechen muss, spielt dann eine Rolle, wenn gleichartige staatliche Tätigkeiten verglichen werden und für solche gleichartigen Verrichtungen unterschiedliche Gebühren erhoben würden. Hier können sich Unterschiede in der Gebührenhöhe ergeben, wenn beispielsweise für bedeutende Verrichtungen eine höhere Gebühr verlangt wird als für unbedeutendere Verrichtungen. Beispielsweise könnte die Praxis bestehen, Jahresrechnungsprüfungen von Stiftungen mit höherem Stiftungskapital höheren Gebühren zu unterwerfen als von Stiftungen mit geringerem Vermögen.
In Berücksichtigung des Zeitaufwandes, der Verantwortung der Aufsichtsorgane und der Höhe der Aktiven von ca. Fr. 60 000.– sowie der Tatsache, dass in diesem Fall wohl nicht eine besonders komplizierte und anforderungsreiche staatliche Tätigkeit zu verrichten war, erscheint die Gebührenhöhe von Fr. 100.– auch unter diesem Gesichtspunkt am oberen Rahmen des Vertretbaren. Es ist zu erwarten, dass für ähnlich gelagerte Aufsichtstätigkeiten bei Stiftungen mit wesentlich geringerem Vermögen auch eine tiefere Gebühr zum Anschlag kommt. Nur so kann der Ausgleich zwischen bedeutenderen und unbedeutenderen Verrichtungen erfolgen. So ergibt sich denn, dass das Äquivalenzprinzip nicht verletzt ist.
Entscheid vom 14. März 2001