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TVR 2001 Nr. 29

Gewichtung der Zuschlagskriterien


§ 38 Abs. 1 aVöB, § 6 GöB


Wird in den Ausschreibungsunterlagen die jeweilige Gewichtung der Zuschlagskriterien nicht angegeben, so sind die Kriterien nach Massgabe der angegebenen Reihenfolge zu gewichten (E. 2e).


Mit Schreiben vom 28. Juni 2000 lud die Politische Gemeinde O das Planungsteam V ein, ein Angebot betreffend eine Voruntersuchung für den Bau eines Bootshafens auf dem Gemeindegebiet zu unterbreiten. Zu diesem Zweck sei von der Gemeinde ein Kredit in der Höhe von Fr. 150 000.– bewilligt worden. Das Angebot (verbindlicher Festpreis) müsse auf drei dem Schreiben beigelegten Angebotsformularen eingereicht werden. Laut Einladung sollten die Ergebnisse der Voruntersuchung als Grundlage für die Prüfung der Umweltverträglichkeit (UVP) durch den Kanton dienen. Genauere Angaben über die erforderlichen fachlichen Qualifikationen und die zu erbringenden Leistungen seien laut Einladung in den (beiliegenden) Angebotsunterlagen zu finden. Gemäss diesen Unterlagen würden für eine Auftragserteilung die folgenden Kriterien berücksichtigt: Qualifikation in den einzelnen Fachbereichen, leistungs- und kostenmässige Ausgewogenheit der einzelnen Fachbereiche, interdisziplinäre Teamerfahrung beziehungsweise Erfahrung in vergleichbaren Projekten; Angebotspreis. Am 17. November 2000 eröffnete der Gemeinderat den Beschluss, dass auf Grund des durchgeführten Verfahrens die Leistungen an die ARGE X vergeben worden seien. Das Verwaltungsgericht hebt den Zuschlagsentscheid auf und weist die Sache an die Politische Gemeinde O entweder zur Neubewertung oder zur Neuausschreibung zurück.

Aus den Erwägungen:

2. e) Die Beschwerdeführerin bringt vor, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Bewertungsmatrix nicht sofort abgegeben worden sei. Über die Beurteilung gemäss Matrix müsse wohl nicht diskutiert werden, obwohl die Fachbeurteilung (Erfahrung) und die «Erfolgsaussichten» Fragezeichen aufwerfen würden. Zwar gingen die Entscheidungskriterien aus den Unterlagen hervor, doch seien die Bewertungen nicht transparent.
Die interkantonale Vereinbarung über das öffentliche Beschaffungswesen führt die transparente Gestaltung der Vergabeverfahren in der Liste ihrer Ziele auf (Art. 1 Abs. 2 lit. c IVöB). Der Zuschlag ist dem «wirtschaftlich günstigsten Angebot» zu erteilen, wobei die Zuschlagskriterien durch die Kantone festzulegen sind. Dem ist der Regierungsrat auf Grund von § 7 GöB durch § 38 VöB in generell abstrakter Weise nachgekommen. Aus den Submissionsunterlagen müssen gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung nicht nur die massgeblichen Zuschlagskriterien entnommen werden können; es muss zudem ersichtlich sein, welche Bedeutung den jeweiligen Kriterien zukommen soll, sei dies durch die Angabe der entsprechenden Reihenfolge oder gar der Gewichtung (BGE 125 II 101 E. 7c). Gewichtet die Auftraggeberin die Kriterien nach Massgabe der angegebenen Reihenfolge, so wird der Grundsatz der Transparenz ohne Zweifel gewahrt. Im vorliegenden Fall geben die Ausschreibungsunterlagen an, welche Kriterien bei Auftragserteilung berücksichtigt werden. Die Anbieter durften davon ausgehen, dass die Gewichtung der Kriterien in der Reihenfolge ihrer Auflistung vorgenommen werde. Die Beschwerdegegnerin gewichtete die einzelnen Kriterien gemäss der im Rechtsmittelverfahren eingereichten und nachfolgend vereinfacht dargestellten Bewertungsmatrix:

Punkte
min./max.

Gewichtung

ARGE X

Beschwerde- führerin

Angebotspreis

1/10

10

58 (10x5.8)

36 (10x3.6)

Qualifikation
"Ökologie"

1/5

8

40 (8x5)

32 (8x4)

Qualifikation
"Baugrund Hafen"

1/5

8

40 (8x5)

40 (8x5)

Qualifikation
"Infrastruktur Verkehr"

1/5

8

40 (8x5)

40 (8x5)

Ausgewogenheit der

einzelnen Fachbereiche

1/5

5

25 (5x5)

25 (5x5)

Interdisziplinäre
Teamerfahrung

1/5

5

20 (5x4)

20 (5x4)

Erfahrung
in vergleichbaren Projekten

1/5

5

20 (5x4)

15 (5x3)

Erfolgsaussichten/

Gesamteindruck

1/5

5

25 (5x5)

15 (5x3)

Total

8/45

268

223

Aus dieser Matrix geht, übertragen auf die Reihenfolge der Kriterien in den Ausschreibungsunterlagen, folgende Gewichtung der einzelnen Kriterien hervor:

Punktemax.

1. Qualifikation in den einzelnen Fachbereichen:

120

2. Leistungs- und kostenmässige Ausgewogenheit der einzelnen Fachbereiche:

25

3. Interdisziplinäre Teamerfahrung bzw. Erfahrung in vergleichbaren Projekten:

50

4. Angebotspreis:

100

(5. Erfolgsaussichten/Gesamteindruck)

25

Die höchste Gewichtung wurde damit der «Qualifikation in den einzelnen Fachbereichen» beigemessen (insgesamt 120 Punkte). Mit 100 möglichen Punkten als Punktemaximum folgt in der Gewichtung das Kriterium des «Angebotspreises», welches jedoch in den Ausschreibungsunterlagen an vierter Stelle aufgeführt ist. Das Kriterium des «Angebotspreises» hätte deshalb in den Angebotsunterlagen nicht an vierter, sondern an zweiter Stelle der Kriterienliste aufgeführt werden müssen, um seiner relativen Bedeutung gerecht zu werden. Dem Kriterium der «leistungs- und kostenmässigen Ausgewogenheit», welches in der Kriterienliste an zweiter Stelle aufgeführt ist, wurde hingegen ein Punktemaximum von nur 25 Punkten beigemessen. Das 3. Kriterium, die «interdisziplinäre Teamerfahrung bzw. Erfahrung in vergleichbaren Projekten» (50 Punkte als Punktemaximum) wurde zu Recht an dritter Stelle in der Kriterienliste aufgeführt. Die Kriterien 2 und 4 wurden daher nicht in der durch die Kriterienliste vorgegebenen Weise gewichtet, weshalb der Grundsatz der Transparenz nicht eingehalten wurde. Hinzu kommt, dass «Erfolgsaussichten/ Gesamteindruck» als weiteres Kriterium bewertet wurde. Ein solches Kriterium ist jedoch in den Angebotsunterlagen nicht ersichtlich, weshalb dieses auch nicht nachträglich in die Bewertung Eingang finden darf. Diese Bewertung für den Zuschlag vermag daher insgesamt den bundesgerichtlichen Anforderungen nicht zu genügen (BGE 125 II 101 E. 7c).

Entscheid vom 9. Mai 2001

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