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TVR 2001 Nr. 7

Ausseramtliche Entschädigung im Rekursverfahren. Unentgeltliche Prozessführung


§ 80 Abs. 2 VRG, § 81 VRG


1. Im Verfahren um Familiennachzug kommt der ehelichen Beistandspflicht erhöhte Geltung zu. Ist der eine Ehegatte der deutschen Sprache genügend mächtig, so sind auch bei sprachlichen Schwierigkeiten des Rekurrenten die Voraussetzungen für eine ausseramtliche Entschädigung im Rekursverfahren nicht gegeben (E. 2a und b).

2. Es grenzt an Rechtsmissbrauch, im Rahmen eines Familiennachzugsverfahrens formell nur einen Ehepartner auftreten zu lassen, um damit die Chancen auf Zusprechung einer Parteientschädigung zu erhöhen (E. 3).


A, im Besitze der Niederlassungsbewilligung C, stellte ein Gesuch um Familiennachzug für ihren Ehemann K. Das Ausländeramt lehnte ab, im Wesentlichen mit der Begründung, die Indizien würden vorliegend auf eine Scheinehe zur Erlangung des Aufenthaltsrechts hinweisen. Gegen diesen Entscheid erhob K Rekurs beim DJS, welches diesen unter Aufführung von A im Rubrum guthiess. Das DJS hielt unter Ziff. 4 des Dispositivs fest, eine Parteientschädigung werde nicht ausgerichtet. Dagegen liess K Beschwerde einreichen. Gleichzeitig stellte er Antrag auf unentgeltliche Prozessführung. Das Verwaltungsgericht weist ab.

Aus den Erwägungen:

2. a) Laut § 80 Abs. 2 VRG wird im Rekursverfahren Ersatz der ausseramtlichen Kosten nur zugesprochen, falls sich dies bei komplizierter Sachlage oder schwierigen Rechtsfragen rechtfertigt. Kompliziert ist der Sachverhalt dann, wenn er sich nicht einfach erfassen und darstellen lässt sowie zu seinem Verständnis besondere Sach- und Rechtskenntnisse notwendig sind. Als schwierig sind Rechtsfragen zu bezeichnen, die zu beantworten auch eine rechtskundige Person nicht ohne weiteres in der Lage ist, dies insbesondere, weil eine klare gesetzliche Regelung fehlt oder diesbezüglich keine oder nur eine widersprüchliche Praxis der rechtsanwendenden Behörde besteht oder die massgebende Rechtsfrage in Lehre und Rechtsprechung umstritten ist (Kölz/Bosshardt/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, § 17, N. 27).

b) Vorliegend kann entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch für ihn weder von einem komplizierten Sachverhalt noch von schwierigen Rechtsfragen gesprochen werden. Zweifelsohne war und ist der Rekursentscheid für den Beschwerdeführer und seine Ehefrau von grosser Tragweite; besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten standen jedoch nicht zur Diskussion. Die Rechtslage war beziehungsweise ist eindeutig. Auch kann dem Ausländeramt nach dem Verhalten des Beschwerdeführers im Asylverfahren (Verheimlichen der Identität und falsche Angaben) nicht zum Vorwurf gemacht werden, vorliegend eine Scheinehe zu vermuten. Die Vorinstanz bemerkt dann aber, dieser Vorwurf lasse sich in Anbetracht des nun gemeinsamen Kindes Josef nicht mehr aufrecht erhalten. Nach der Praxis des Thurgauer Verwaltungsgerichtes rechtfertigen allein Sprachprobleme und Unbeholfenheit im schriftlichen Verkehr mit Behörden oder andere Defizite nicht grundsätzlich einen unentgeltlichen Rechtsbeistand. Die sprachlichen Schwierigkeiten können zum Beispiel durch einen Dolmetscher überwunden werden. Dazu kommt, worauf die Vorinstanz zu Recht hinweist, dass die Ehefrau des Beschwerdeführers der deutschen Sprache offensichtlich genügend mächtig war, um ihrem Ehemann im Verfahren vor der Asylrekurskommission beizustehen. Selbst wenn, wie der Anwalt des Beschwerdeführers dies suggerieren will, im Hinblick auf eine Parteientschädigung der Beschwerdeführer allein betrachtet werden müsste, so ist auf die eheliche Beistandspflicht gemäss Zivilgesetzbuch hinzuweisen. Letztlich war und ist die Bewilligung des Familiennachzugsgesuchs im Interesse beider Ehegatten, weshalb von Seiten der Ehefrau umso mehr Beistand und Hilfe verlangt werden darf. Soweit diesbezüglich psychische Probleme geltend gemacht werden, fehlt ein entsprechendes ärztliches Zeugnis. Selbst wenn dem so gewesen wäre, so konnten sich der Beschwerdeführer und seine Ehefrau zweifelsohne an ihren gerichtserfahrenen Vater (Dolmetscher am Bezirksgericht) wenden. Es ist daher nicht ersichtlich, weshalb im Rekursverfahren eine anwaltliche Vertretung angezeigt gewesen sein soll.

3. Der Beschwerdeführer verlangt sodann Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege (Befreiung von Verfahrenskosten und Bestellung eines unentgeltlichen Anwalts).

a) Einem bedürftigen Beteiligten kann auf Antrag die unentgeltliche Rechtspflege bewilligt werden, sofern das Verfahren nicht als aussichtslos oder mutwillig erscheint. Sofern es die Umstände erfordern, namentlich im Verfahren vor Verwaltungsgericht, kann einem Beteiligten ein für ihn unentgeltlicher, im Kanton praktizierender Anwalt bewilligt werden (§ 81 VRG). Dem Gesuchsteller müssen mit anderen Worten die Mittel fehlen, um neben dem Unterhalt die Kosten des Verfahrens und der notwendigen Rechtsvertretung aufbringen zu können. Dabei sind sämtliche eigenen Mittel auszuschöpfen, insbesondere die volle Arbeitskraft. Zudem geht die Unterstützungspflicht der Verwandten der staatlichen Unterstützungspflicht vor (TVR 1994, Nr. 13). Hierzu gehört zweifelsfrei auch die eheliche Beistandspflicht.

b) (Berechnung des monatlichen Überschusses des Ehepaars. Die Berechnung ergibt, dass unter Berücksichtigung der ehelichen Beistandspflicht kein Anspruch auf unentgeltliche Rechtspflege besteht.)
Es kann im Übrigen nicht angehen, den Beschwerdeführer unter Ausklammerung der ehelichen Beistandspflicht formell alleine auftreten zu lassen, nur um damit die Chancen auf Zusprechung einer Parteientschädigung zu erhöhen. Solches Vorgehen grenzt an Rechtsmissbrauch.

Entscheid vom 26. September 2001

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