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TVR 2001 Nr. 9

Häufigkeit des Besuchsrechts und Ort der Ausübung desselben bei Kleinkindern


Art. 273 ZGB, Art. 273 ZGB


1. Der Vater eines Kleinkindes unverheirateter Eltern, das unter der Obhut der Mutter steht, hat Anspruch auf ein Besuchsrecht von zwei Halbtagen pro Monat (E. 3a).

2. Das Besuchsrecht hat grundsätzlich unbeaufsichtigt stattzufinden. Ausgefallene Besuche sind nachzuholen (E. 3b und c).


K, geboren am 24. Juni 1999, ist der leibliche Sohn der nicht verheirateten Eltern E und D. Nachdem sich die Eltern von K bis ca. Ende 1999 jeweils im gegenseitigen Einvernehmen über das auszuübende Besuchsrecht einigten, kam es danach zu Streitigkeiten über dessen Häufigkeit und Ausdehnung. Ab dieser Zeit wurde D das Besuchsrecht praktisch verwehrt. In der Folge entschied die Vormundschaftsbehörde, dass D seinen Sohn jeweils am zweiten Sonntag des Monats zwischen 14.00 Uhr und 17.00 Uhr bei der Kindesmutter besuchen dürfe. Diese Regelung gelte mindestens für die Dauer eines Jahres, vorbehältlich anderweitiger privater Vereinbarungen der Kindeseltern. Zudem wurde zur Überwachung des Besuchsrechts eine Beistandschaft errichtet. Gegen diesen Entscheid erhob D beim DJS im Sinne von Art. 420 Abs. 2 ZGB Beschwerde. Dieses hiess insofern gut, als D für berechtigt erklärt wurde, seinen Sohn jeweils am ersten und dritten Sonntag eines jeden Monats von 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr zu sich oder mit sich auf Besuch zu nehmen. Weiter wurde angeordnet, nach dem Erreichen des zweiten Altersjahres von K habe die Vormundschaftsbehörde im Konfliktfall erneut über die Regelung des Besuchsrechts zu befinden. Begründet wurde die Ausdehnung des Besuchsrechts im Wesentlichen mit dem Hinweis auf die gängige Gerichtspraxis, wonach dem besuchsberechtigten Elternteil in der Regel ein unbeaufsichtigtes Besuchsrecht zustehe, welches zweimal pro Monat ausgeübt werden dürfe.
Gegen diesen Entscheid lässt E Beschwerde erheben, im Wesentlichen mit dem Antrag, es sei D nur einmal pro Monat an einem Sonntag (im Nichteinigungsfall jeweils am zweiten Sonntag eines Monats) ein Besuchsrecht für K von 9.00 Uhr bis 16.00 Uhr bei ihr einzuräumen. Nach Vollendung des zweiten Altersjahres von K habe die zuständige Vormundschaftsbehörde nach Anhörung der Kindeseltern erneut über die Regelung des Besuchsrechts zu befinden.
Das Verwaltungsgericht weist ab.

Aus den Erwägungen:

3. Streitig ist lediglich noch die Häufigkeit und Dauer der Besuchskontakte sowie der Besuchsort. Sowohl in der Beschwerdeschrift als auch in der Replik hat die Beschwerdeführerin das grundsätzliche Besuchsrecht des Verfahrensbeteiligten D nach Art. 273 ZGB anerkannt.

a) Häufigkeit und Dauer der Besuchskontakte richten sich vor allem nach dem Alter des Kindes, seiner bisherigen Bindung an den besuchsberechtigten Elternteil, der Entfernung der Wohnung der Eltern und der Lebensausgestaltung des Kindes und beider Eltern in Beruf, Schule und Freizeit. Entscheidend beeinflusst werden Häufigkeit und Dauer auch von der Beziehung der Eltern untereinander: Bei hohem Konfliktpotential können zur Verminderung nachteiliger Auswirkungen auf das Kind Einschränkungen erforderlich sein (BGE 115 II 320; 115 II 210; LGVE 1990, I Nr. 1). Zu beachten ist jedoch in jedem Fall das kindliche Zeitgefühl, da insbesondere bei Kleinkindern keine zu lange Trennung von der Hauptbezugsperson erfolgen darf, der Abstand zwischen den Besuchen jedoch auch zwei Wochen nicht übersteigen sollte (SJZ 1993, 231, Nr. 26). Bei Kleinkindern tendiert die Praxis zu zwei halben Tagen pro Monat (BGE 100 II 80).
Diese Praxis wird von Seiten der Beschwerdeführerin nicht bestritten, doch ist sie der Auffassung, dass die Anwendung dieser Praxis auf den vorliegenden Fall untauglich sei. Dieser Argumentation kann jedoch nicht gefolgt werden. Das Problem, dass die Beschwerdeführerin unter der Woche arbeiten muss – auch samstags –, besteht häufig, wenn ein Besuchsrecht angeordnet werden muss. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass sich der Verfahrensbeteiligte D ausdrücklich dazu bereit erklärt hat, eines seiner beiden monatlichen Besuchsrechte an einem Samstag auszuüben, so dass auch die Beschwerdeführerin mehr freie Tage mit ihrem Sohn verbringen könnte. Zweifelsfrei soll jedoch das Besuchsrecht mindestens zweimal pro Monat ausgeübt werden können, damit sich K an die Anwesenheit seines Vaters gewöhnt und sich jeweils an ihn erinnert. Zu Recht wird von seinem Vater geltend gemacht, ein einmaliges Besuchsrecht pro Monat sei zu wenig, damit das Kind eine vernünftige Beziehung zu ihm (und auch umgekehrt) aufbauen könne. Da sich die Beschwerdeführerin anlässlich der mündlichen Verhandlung mit der Ausübung des Besuchsrechts auch am Samstag einverstanden erklärt hat, ist ein Besuchstag auf den Samstag zu verlegen. Die Beschwerdeführerin macht weiter geltend, die Ausdehnung des Besuchsrechts (09.00 Uhr bis 16.00 Uhr) werde dem Schlafrhythmus des Kindes nicht gerecht. Auch diese Argumentation vermag nicht zu überzeugen. Wie die Beschwerdeführerin selbst ausführt, schläft das Kind teilweise unregelmässig. Da auf Grund der gegebenen Umstände davon auszugehen ist, dass sich beide Parteien mit Bezug auf die Ausübung des Besuchsrechts kaum flexibel zeigen, muss aus Gründen der Rechtssicherheit eine feste Dauer des Besuchsrechts festgelegt werden. Das Problem des Schlafrhythmus wird sich so oder so stellen, wie auch immer das Besuchsrecht festgelegt wird. Abgesehen davon ist es auch für K zumutbar, dass man ihn gelegentlich ausserhalb seiner gewohnten Schlafenszeiten weckt.

b) Die Besuche haben regelmässig in der eigenen Umgebung des Besuchsberechtigten stattzufinden. Die Wohnung der Inhaberin der elterlichen Gewalt oder Obhut ist wegen möglicher Loyalitätskonflikte für das Kind grundsätzlich ungeeignet (ZGB-Schwenzer, Basel 1996, Art. 273 N. 16). Die Beschwerdeführerin bringt wenig Konkretes vor, weshalb das Besuchsrecht nicht beim Verfahrensbeteiligten D durchgeführt werden kann. Die ganze Prozessgeschichte zeigt jedoch, dass die Ausübung des Besuchsrechts bei der Beschwerdeführerin vorliegend nicht in Frage kommen kann. Somit ist klar, dass der Verfahrensbeteiligte D grundsätzlich seinen Sohn mit beziehungsweise zu sich auf Besuch nehmen darf. Soweit vorgebracht wird, der Kindsvater sei nicht richtig in der Lage, seinen Sohn zu betreuen, so sei darauf hingewiesen, dass er erstens bei Schwierigkeiten seine Mutter kontaktieren könnte, welche ausgebildete Kinderkrankenschwester ist. Zweitens ist er eine neue feste Beziehung mit einer angehenden Sozialpädagogin eingegangen, mit der er sich laut eigenen Angaben bald verloben will. Auch dies gibt eine gewisse Sicherheit. Und drittens scheint es im vorliegenden Fall auch angezeigt, dass auf das Angebot der Beiständin von K eingegangen wird. Dementsprechend werden die ersten beiden Besuche begleitet auszuüben sein. Anlässlich dieser Besuche wird die Beiständin überprüfen können, ob allenfalls Probleme auftauchen und sie wird, sofern nötig, die entsprechenden Weisungen an D erteilen. Nach den ersten beiden Besuchen ist es ihr dann freigestellt, ob sie weitere Besuche begleiten oder Weisungen für die Zukunft erteilen will. Es steht ihr auch frei, weitere unangemeldete Besuche durchzuführen. Durch die in der Anfangsphase begleiteten Besuche ist auch für die Beschwerdeführerin gewährleistet, dass es ihrem Sohn mit Bezug auf die Pflege an nichts mangelt.

c) (…). Fallen Besuche aus, so sind diese grundsätzlich nachzuholen (ZGB-Schwenzer, a.a.O., N. 15). In diesen Fällen hat die Beschwerdeführerin den Kindsvater so früh als möglich zu informieren und das Besuchsrecht ist am nächsten Wochenende auszuüben.

Entscheid vom 7./28. Februar 2001

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