Skip to main content

TVR 2003 Nr. 40

Minderwertentschädigung


§ 27 Abs. 2 GebG


Hagelschäden an einer Aluminiumfassade, die nur aus naher Distanz ausgemacht werden können, die Funktionalität der Fassade aber nicht weiter beeinträchtigen, geben höchstens Anspruch auf eine Minderwertentschädigung.


X ist Eigentümer der Liegenschaft in C. In diesem Gebäude betreibt die X AG ein Pneuhandelsgeschäft. Am 24. Juni 2002 entstand an diesem Gebäude ein Hagelschaden, so insbesondere an den Raffstoren, an den Oblichtkuppeln und an der Fassade. Mit Verfügung vom 28. August 2002 anerkannte die Gebäudeversicherung die Vergütung der Kosten für die Raffstoren sowie die Oblichtkuppeln. Für die Schäden an der Fassade akzeptierte die Gebäudeversicherung lediglich eine Minderwertentschädigung in Höhe von Fr. 10’000.–.

Aus den Erwägungen:

1. Dagegen richtet sich der vorliegende Rekurs mit dem Antrag, die Gebäudeversicherung habe für den Hagelschaden insgesamt Fr. 75’919.–, eventuell Fr. 38’040.– zu bezahlen. Zur Begründung macht der Rekurrent insbesondere geltend, dass er beim Bau des Gebäudes grossen Wert nicht nur auf die Funktionalität, sondern auch auf das optische Erscheinungsbild der Liegenschaft gelegt habe. Es handle sich um eine Gewerbeliegenschaft, in welcher die X AG ein Pneuhaus betreibe und welche unmittelbar an einer stark befahrenen Durchgangsstrasse und direkt an der Bahnlinie Zürich – St. Gallen liege. Die Fassade erfülle auch eine wichtige Werbefunktion und sei das Aushängeschild für das Geschäft des Rekurrenten. Er habe sich aus diesen Gründen für eine Aluminium-Fassade entschieden, welche mit dem Werbeschriftzug «Pneuhaus X» versehen worden sei. Unbestrittenermassen sei die Fassade auf der Ost-, West- und Südseite durch den massiven Hagelschlag beschädigt worden. Die Hageleinschläge seien auf den Aluminium-Wellblechen überall deutlich zu sehen in Form von Einschlaglöchern, welche flächendeckend alle paar Zentimeter auftreten würden. Am schlimmsten betroffen sei die Südfassade. Er habe der Gebäudeversicherung folgende Kostenzusammenstellung unterbreitet:

Fassade

Fr.

49’361.–

Gerüst

Fr.

13’200.–

Werbeanschrift

Fr.

1’100.–

Bauführung durch Rekurrent

Fr.

2’500.–

Total Erneuerung der Fassade

Fr.

66’161.–

Zusammen mit den erwähnten Kosten für die Raffstoren von Fr. 9’563.– und für die Oblichtkuppeln von Fr. 2’195.– resultiere ein Schadenbetrag von Fr. 77’919.–; abzüglich Selbstbehalt von Fr. 2’000.– ergebe das Fr. 75’919.–, was dem Hauptantrag entspreche. (...)
Der Rekurrent ist der Ansicht, dass nicht nur ein Minderwert geschuldet sei, sondern die Fassade erneuert werden müsse. Bei Teilschäden gelte das Gebäude als wiederhergestellt, wenn alle Schäden behoben seien.
In ihrer Rekursantwort beantragt die Gebäudeversicherung die Abweisung des Rekurses. Anlässlich eines Augenscheins sei festgestellt worden, dass die Aluminiumwellband-Fassade Hagelspuren aufweise. Die Fassade sei jedoch weder in ihrer Funktion noch in der zu erwartenden Gebrauchsdauer beeinträchtigt. Es handle sich um eine rein optische Beeinträchtigung, die nur aus geringer Distanz feststellbar sei. Die Behebungskosten würden in einem offenbaren Missverhältnis zur Beschädigung stehen. Aus diesem Grunde vergüte die Gebäudeversicherung eine angemessene Minderwertentschädigung. Als Grundlage für diese Entschädigung habe die Offerte der R-Metall AG im Betrage von Fr. 49’360.95 gedient. Gemäss gängiger Praxis entspreche ein angemessener Minderwert in diesem Fall etwa 20% der Kosten, was etwa Fr. 10’000.– entspreche.

2. § 27 Abs. 2 GebG hält folgendes fest: «Für Schäden, deren Behebungskosten in einem offenbaren Missverhältnis zur Beschädigung stehen, kann eine angemessene Minderwertentschädigung vergütet werden.»
Zu prüfen ist das Ausmass des Hagelschadens. Übereinstimmend halten die Parteien fest, dass die Fassade durch das Hagelereignis weder in ihrer Funktion noch in der zu erwartenden Gebrauchsdauer beeinträchtigt ist. Demzufolge liegt vorliegend höchstens eine optische Beeinträchtigung vor. Anlässlich des durch die Rekurskommission durchgeführten Augenscheins konnten die Hageleinschläge an der Aluminium-Blechfassade begutachtet werden. Auf der Südfassade zur Bahnlinie hin konnten bei genauer Betrachtung aus näherer Distanz tatsächlich deutliche Hageleinschläge (Dellen) ausgemacht werden. Im oberen Bereich sind weniger Dellen vorhanden als unten. Festzustellen waren auch zwei mechanisch verursachte Dellen im rechten unteren Bereich sowie westlich vom Fenster. Auf der Ostfassade konnten Dellen nur neben den Garagentoren auf einer Breite von ca. 50 cm und bis zur Höhe der Garagentore festgestellt werden. Die Nordfassade wies keine Hagelschäden auf. Auf der Westfassade konnten bei näherer Betrachtung ebenfalls Dellen eruiert werden.
Die Rekursinstanz vertritt die Ansicht, dass die ästhetische Beeinträchtigung nur marginal ist. Ein unbefangener Besucher/Fussgänger dürfte die Dellen kaum wahrnehmen. Weder vom fahrenden Zug aus (Südfassade) noch vom fahrenden Auto aus (Ost- und Westfassade) können irgendwelche Schäden festgestellt werden. Die Sicht auf die Westfassade ist zudem durch hohe Holzstapel versperrt. Die mit Dellen versehene Fassade behält unverändert ihre Werbefunktion und kann uneingeschränkt weiterhin als Aushängeschild für das Pneuhaus dienen. Damit steht fest, dass die Behebungskosten in einem offenbaren Missverhältnis zur Beschädigung stehen.

3. Grundsätzlich ist eine Minderwertentschädigung nur auszurichten, wenn überhaupt von einem Schaden ausgegangen werden kann. Ob dies vorliegend der Fall ist, kann offen bleiben, nachdem die Gebäudeversicherung einen Schaden anerkannt hat und bereit ist, eine Minderwertentschädigung von 20% der Erneuerungskosten zu bezahlen. Nach korrekter Berechnung betragen diese – wie der Rekurrent zutreffend ausgeführt hat – Fr. 66’161.– und nicht nur Fr. 49’361.–, wovon die Gebäudeversicherung ausgegangen ist. Die Kosten für das Gerüst, für die Werbeschrift sowie die Bauführung sind ebenfalls zu den Behebungskosten zu schlagen. Demzufolge beträgt die Minderwertentschädigung Fr. 13’230.–.
Der Rekurs ist somit teilweise gutzuheissen. Die Gebäudeversicherung ist zu verpflichten, dem Rekurrenten eine Minderwertentschädigung von Fr. 13’230.– zu bezahlen, dies nebst den Kosten für die Raffstoren sowie die Oblichtkuppeln. Abzüglich Selbstbehalt resultiert eine total durch die Gebäudeversicherung zu bezahlende Summe von Fr. 23’813.–.

Entscheid vom 20. Februar 2003

JavaScript errors detected

Please note, these errors can depend on your browser setup.

If this problem persists, please contact our support.