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TVR 2004 Nr. 13

Kostenfolge bei Beschwerderückzug im Submissionsverfahren


§ 77 VRG, § 80 Abs. 3 VRG


Grundsätzlich ist es denkbar, dass das Gemeinwesen im Falle des Rückzugs einer Beschwerde durch den Submissionsteilnehmer zu Kosten- und Parteientschädigung verpflichtet wird. Eine solche Verpflichtung rechtfertigt sich jedoch dann nicht, wenn der Submissionsteilnehmer von vornherein ein aussichtsloses Beschwerdeverfahren einleitet. Aussichtslos ist eine Submissionsbeschwerde mit der Begründung, über eine künftige Leistung bestehe bereits ein Vertrag, obwohl das Submissionsrecht zwingend die Ausschreibung der Vertragsleistung verlangt.


Die Thurgauer Gebäudeversicherung schrieb im Amtsblatt vom 12. März 2004 einen Architekturauftrag zur Sanierung des Verwaltungsgebäudes Promenade in Frauenfeld im selektiven Verfahren aus. Die C Generalunternehmung AG liess gegen diese Ausschreibung beim Verwaltungsgericht Beschwerde erheben. Zur Begründung der Anträge wurde im Wesentlichen ausgeführt, die C Generalunternehmung AG sei mit Vertrag vom 26. Mai 2000 mit genau den umschriebenen Arbeiten durch die Thurgauer Gebäudeversicherung betraut worden. In diesem Vertrag werde sie ausdrücklich als Generalunternehmerin bezeichnet. Die Thurgauer Gebäudeversicherung beantragte Abweisung der Beschwerde. Der Architekturauftrag für die Sanierung des Verwaltungsgebäudes übersteige die Schwellenwerte bei weitem, weshalb die Thurgauer Gebäudeversicherung als selbständige öffentlichrechtliche Anstalt zwingend das Submissionsrecht zu beachten habe.
In der Replik beantragt die C Generalunternehmung AG neu, das Verfahren sei zufolge Rückzugs erledigt am Protokoll abzuschreiben, jedoch nach wie vor unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zu Lasten der Beschwerdegegnerin.

Aus den Erwägungen:

2. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass die Beschwerdegegnerin dieses Verfahren verursacht habe. Erst mit der Beschwerdeantwort sei klar geworden, dass die Beschwerdegegnerin vom Vertrag vom 26. Mai 2000 zurücktrete. Da eine entsprechende Erklärung nicht innerhalb der zehntägigen Anfechtungsfrist der Ausschreibung erhältlich gewesen sei, habe letztlich die Beschwerdegegnerin dieses Verfahren verursacht, was dazu führe, dass in Anwendung von §§ 77 ff. VRG und insbesondere in analoger Anwendung der Praxis zu § 75 der Zivilprozessordnung, auf welchen § 80 Abs. 3 VRG ausdrücklich verweise, der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung aufzuerlegen sei.
Grundsätzlich ist es denkbar, dass im Falle eines Beschwerderückzugs auch dem Beschwerdegegner die Verfahrenskosten auferlegt werden und er verpflichtet wird, eine ausseramtliche Entschädigung zu leisten (§ 78 Abs. 1 VRG sowie § 80 Abs. 3 VRG). Das wäre vorliegend möglicherweise dann der Fall gewesen, wenn die Beschwerdeführerin die Ausschreibung angefochten und die Beschwerdegegnerin die Anliegen insofern anerkannt hätte, als sie durch eine zweite Ausschreibung die geltend gemachten Fehler zu beheben versucht hätte. Wäre ein Beschwerderückzug unter solchen oder ähnlichen Vorzeichen erfolgt, wäre eine Auferlegung der Verfahrensund der ausseramtlichen Kosten an die Beschwerdegegnerin ernsthaft zu prüfen gewesen.
Die Beschwerdeführerin hat die Ausschreibung jedoch mit der Begründung angefochten, ein solches Verfahren sei gar nicht zulässig, da sie bereits einen entsprechenden Vertrag mit der Beschwerdegegnerin unterzeichnet habe. Es ist aber fraglich, ob ein solcher Vertrag überhaupt gültig sein könnte, da er wegen des fehlenden vorangehenden Submissionsverfahrens möglicherweise mit einem Nichtigkeitsgrund behaftet wäre. Die Argumentation der Beschwerdeführerin geht daher schon im Ansatz fehl. Wie die Beschwerdegegnerin zu Recht darlegt, wäre beziehungsweise ist sie aufgrund der Überschreitung des Schwellenwerts zwingend verpflichtet gewesen, den Auftrag auszuschreiben, unabhängig davon, ob bereits früher ein entsprechender Vertrag abgeschlossen worden ist. Ansonsten wäre die Gebäudeversicherung Gefahr gelaufen, dass sie im Nachhinein verpflichtet wird, ein Submissionsverfahren durchzuführen. Beschwerde, mit dem Argument, es sei zu Unrecht kein Submissionsverfahren durchgeführt worden, kann nämlich jederzeit und unabhängig von einer Frist angehoben werden (TVR 2001, Nr. 25). Die Anfechtung der Ausschreibung mit der Begründung, es sei bereits ein Vertrag über die entsprechenden Arbeiten abgeschlossen worden, allerdings ohne vorgängiges Submissionsverfahren, muss daher von Anfang an als aussichtslos bezeichnet werden. Abgesehen davon ist mit einer Submissionsbeschwerde die Verletzung materieller (Submissions)Vorschriften geltend zu machen (Galli/Lehmann/Rechsteiner, Das öffentliche Beschaffungswesen in der Schweiz, Zürich 1996, N. 597). Die Verletzung von Submissionsrecht hat die Beschwerdeführerin jedoch nicht reklamiert, weshalb die Beschwerde auch aus diesem Grund abzuweisen gewesen wäre.
Unter diesen Umständen rechtfertigt es sich zweifelsfrei nicht, der Beschwerdegegnerin Kosten aufzuerlegen. Vielmehr ist es angezeigt, die Beschwerdeführerin als unterliegende Partei mit Kosten zu belasten. Zudem hat im Submissionsverfahren gemäss konstanter Praxis des Verwaltungsgerichts das obsiegende Gemeinwesen Anspruch auf eine ausserrechtliche Entschädigung (TVR 2002, Nr. 31, E. 3).

Entscheid vom 16. Juni 2004

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