TVR 2004 Nr. 27
Abbruch des Verfahrens betreffend Umzonung eines Grundstückes
Hat sich ein Gemeinderat auf ein Umzonungsbegehren eingelassen und die öffentliche Auflage des Nutzungsplanes durchgeführt, so kann er das Verfahren nicht wegen einer Vielzahl von Einsprachen einfach abbrechen.
Die Errichtung einer Motocrosspiste auf dem Gemeindegebiet A war bereits Gegenstand mehrerer Verfahren. In enger Zusammenarbeit mit den kantonalen Ämtern für Raumplanung und Umwelt, Umweltschutzverbänden, ideellen Vereinen sowie der Politischen Gemeinde A lotete S, Eigentümer der Parzelle Nr. 11, die Chancen für die Errichtung einer Motocrosspiste in dieser ehemaligen Kiesgrube aus. Zwischen dem 16. August 2002 und 18. Februar 2003 fanden fünf Sitzungen dieser Arbeitsgruppe statt. Das Ergebnis wurde in einem Planungsbericht vom 31. März 2003 festgehalten. In der Zeit zwischen dem 10.und 30. Januar 2003 wurden der Öffentlichkeit Entwürfe für eine Motocrosspiste in dieser Kiesgrube vorgestellt.
Am 20. Februar 2003 reichte S ein Gesuch um Umzonung der Parzelle Nr. 11 beim Gemeinderat ein, und zwar von der «Abbauzone» in eine «Sportzone». Gleichzeitig reichte er das Gesuch um Erstellung eines Gestaltungsplanes ein. Dieses Umzonungsbegehren wurde vom 1. bis 22. April 2003 öffentlich aufgelegt. Während der öffentlichen Auflage ging eine Vielzahl von Einsprachen ein, von denen der Gemeinderat 178 als gültig erachtete. Mit Entscheid vom 3. Juni 2003 beschloss der Gemeinderat, dass das Gesuch um Umzonung der Parzelle Nr. 11 in eine Sportzone wird nicht weiter behandelt werde und schrieb die Einsprachen als gegenstandslos geworden am Protokoll ab.
Dagegen liess S am 23. Juni 2003 Rekurs beim DBU einlegen. Dieses trat mit Entscheid vom 14. Januar 2004 darauf nicht ein. Es erwog unter anderem, dass kein Anspruch auf eine Teilrevision des Zonenplanes bestehe. Auch sei die Behörde nicht verpflichtet, einen entsprechenden Entscheid zu erlassen, der mit Rekurs angefochten werden könne. Deshalb sei auf den Rekurs diesbezüglich nicht einzutreten. Schliesslich seien aber auch die Voraussetzungen für eine Behandlung der Eingabe als Aufsichtsbeschwerde nicht erfüllt. Die Gemeindebehörde habe eine Interessenabwägung vorgenommen, der der Gesuchsteller nichts entgegen halte, was die Argumentation als sachlich unhaltbar erscheinen lasse. Zwar vermöge der Abbruch des Verfahrens nur aufgrund der zahlreichen Einsprachen nicht restlos zu überzeugen, doch sei wegen der diversen vorangegangenen Verfahren ohnehin damit zu rechnen gewesen, dass es zu Widerstand kommen könnte.
Dagegen lässt S Beschwerde beim Verwaltungsgericht erheben. Dieses heisst in dem Sinne gut, als es die Gemeinde anhält, das Verfahren betreffend Umzonung weiterzuführen.
Aus den Erwägungen:
2. a) Das DBU geht davon aus, vorliegend bestehe kein Anspruch auf eine Teilrevision des Zonenplanes. Mangels Anspruchs sei demnach der Gemeinderat auch nicht verpflichtet gewesen, einen entsprechenden anfechtbaren Entscheid im Sinne von § 4 VRG zu erlassen, weshalb es auf den Rekurs nicht eintrat. Es bezog sich dabei insbesondere auf TVR 1987 Nr. 7.
Dieser Bezug auf TVR 1987 Nr. 7 ist jedoch schon im Ansatz falsch. Dort ging es um die Weigerung einer Gemeindebehörde, ein Verfahren zur Änderung eines Zonenplanes einzuleiten. Hier aber geht es um einen «Übungsabbruch» – wie sich der Beschwerdeführer ausdrückt – also um die Weigerung des Gemeinderates, das eingeleitete Verfahren zur Änderung des Zonenplanes weiterzubehandeln beziehungsweise zu Ende zu führen. Die öffentliche Auflage des Umzonungsbegehrens erfolgte ja ausdrücklich mit dem Wissen und Wollen des Gemeinderates, beruhte also gewissermassen auf einem (hier wohl informellen) Entscheid des Gemeinderates, das Zonenplanänderungsverfahren durchzuführen. Ein Entscheid kann gemäss § 23 Abs. 1 VRG geändert oder widerrufen werden, sofern wichtige öffentliche Interessen dies erfordern oder sich die Verhältnisse geändert haben. Weder das eine noch das andere macht der Gemeinderat geltend.
aa) Seine Berufung auf das Nichtvorliegen «erheblich veränderter Verhältnisse» im Sinne von Art. 21 Abs. 2 RPG steht in dem hier zur Diskussion stehenden Zeitpunkt – die öffentliche Auflage hat stattgefunden – nicht mehr in Frage. Diese Frage stellt sich vor der öffentlichen Auflage.
bb) Mit der Vielzahl von Einsprachen musste gerechnet werden, ebenso mit den vom Gemeinderat aufgelisteten Themenkomplexen. Diese öffentlichen Interessen waren bekannt und können nicht als öffentliche Interessen für die Nichtweiterbehandlung dienen.
cc) Die Einsprachen können ebenso nicht herangezogen werden für die Frage des Vorliegens veränderter Verhältnisse im Zeitpunkt der Nichtweiterbehandlung gegenüber dem Zeitpunkt über den Entscheid, das Umzonungsbegehren überhaupt an die Hand zu nehmen beziehungsweise öffentlich aufzulegen. Der Gemeinderat hat sich auf das Umzonungsbegehren eingelassen und hat demnach das Verfahren mit all seinen Konsequenzen zu Ende zu führen. Die Beschwerde ist insofern gutzuheissen.
b) Ob die in TVR 1987 Nr. 7 aufgeführte Rechtsprechung des Regierungsrates haltbar ist, muss deshalb nicht entschieden werden. An dieser Stelle soll nur erwähnt werden, dass in der jüngeren Zeit vertreten wird, der Grundeigentümer habe unter Umständen Anspruch auf einen rechtsmittelfähigen Entscheid darüber, ob die Voraussetzungen nach Art. 21 Abs. 2 RPG gegeben sind oder nicht (vgl. Pra 1996 Nr. 7 S. 18 ff.; BGE 123 I 182 E. 3a; BGE 114 Ia 377; Joos, Raumplanungsgesetz, Zürich 2002, Art. 22, S. 193; Haller/Karlen, Raumplanungs- und Baurecht, Zürich 1990, § 8 N. 49; Amisegger e.a., Kommentar zum Bundesgesetz über die Raumplanung, Zürich 1999, Art. 21 N. 53).
Entscheid vom 26. Mai 2004