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TVR 2004 Nr. 8

Nachzug des Ehemannes einer niedergelassenen Mazedonierin


Art. 17 Abs. 2 ANAG


1. Voraussetzung für den Familiennachzug ist, dass keine konkrete Gefahr einer fortgesetzten und erheblichen Fürsorgeabhängigkeit entsteht. Bei der Aufwandberechnung ist in der Regel nicht ein kantonaler Durchschnittsmietpreis einzusetzen, sondern vom konkreten regionalen Niveau auszugehen (E. 2b aa). Zu berücksichtigen sind ebenso die Steuern (E. 2b bb).

2. Auf der Ertragsseite kann nur gesichertes Einkommen berücksichtigt werden. Gefälligkeitsjobs unter Landsleuten fallen ausser Betracht.


Am 24. November 1991 reiste G im Rahmen des Familiennachzugs mit ihrer Mutter aus Mazedonien in die Schweiz ein. Am 19. Juli 2002 heiratete G in Mazedonien K. Wenig später ersuchte G, die im Besitze der Niederlassungsbewilligung C ist, um Erteilung der Bewilligung zum Nachzug ihres Ehemannes K. Mit Verfügung vom 13. Dezember 2002 lehnte das Ausländeramt das Familiennachzugsgesuch aufgrund fehlender finanzieller Mittel ab. Dagegen erhob G Rekurs beim DJS. Sie machte unter anderem geltend, dass sich in Bezug auf die finanziellen Verhältnisse neue Fakten ergeben hätten, arbeite sie doch seit dem 1. Dezember 2002 bei einer ihr bekannten Familie im Haushalt und verdiene so zusätzlich Fr. 500.– pro Monat. Das DJS kam aufgrund folgender Berechnung, die sich auf die Berechnung des Ausländeramtes stützt, zur Abweisung des Rekurses:

Grundbedarf I

Fr.

1576.00

Grundbedarf II

Fr.

158.00

Mietzins

Fr.

450.00

Differenz zum marktüblichen Mietzins

Fr.

376.00

Krankenkassenprämien

Fr.

372.00

Selbstbehalt / Franchise

Fr.

138.40

Zahnarztkosten

Fr.

60.00

allgemeine Erwerbsunkosten

Fr.

250.00

Total Aufwendungen

Fr.

3380.40

Nettoeinkommen

Fr.

2800.00

Prämienverbilligung

Fr.

225.00

Defizit

Fr.

355.40

Dagegen führt G Beschwerde beim Verwaltungsgericht, das diese abweist.

Aus den Erwägungen:

2. a) (...) Zu Art. 17 Abs. 2 ANAG hat das Bundesgericht in BGE 119 lb 87 ff. ausgeführt: «Soweit finanzielle Gründe einem Familiennachzug entgegen stehen sollen, ist vorauszusetzen, dass für die Beteiligten konkret die Gefahr einer fortgesetzten und erheblichen Fürsorgeabhängigkeit im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit. d ANAG besteht und auch die übrigen Voraussetzungen einer Ausweisung oder Heimschaffung erfüllt sind; blosse Bedenken genügen nicht.» Auch die Beschwerdeführerin geht von dieser Rechtsprechung aus.

b) Die Beschwerdeführerin bestreitet die Richtigkeit der vorinstanzlichen Aufwandberechnung nach den SKOS-Richtlinien nicht generell, sondern nur punktuell, nämlich hinsichtlich der Mietzinsaufrechnung von Fr. 376.–.

aa) Auszugehen für die Aufwandberechnung ist gemäss langjähriger Praxis von den SKOS-Richtlinien (allerdings erhöht um Steuern, vgl. E 2b bb). Beim Mietzins ist jedoch dann ein höherer Durchschnittswert aufzurechnen, wenn ein weit unterdurchschnittlicher Mietzins gezahlt wird, was hier der Fall ist. Das rechtfertigt sich deshalb, weil es um eine langfristige Betrachtungsweise geht und weil eine Wohnung in der Regel kurzfristig (beidseits) kündbar ist und sich dann ein Ersatz am Marktpreis orientiert. Die Suche nach einem Ersatzobjekt ist auch wegen des möglichen Kinderwunsches durchaus real. Das sieht im Grunde genommen auch die Beschwerdeführerin, doch opponiert sie schwergewichtig gegen die Höhe der Differenzaufrechnung auf den Durchschnittswert gemäss Hochrechnung des Amtes für Statistik des Kantons Thurgau, nämlich Fr. 826.– für eine 2 1/2Zimmer Wohnung. Sie sieht – wenn schon – höchstens Fr. 600.– gerechtfertigt und legt hierzu konkrete Mietzinsangebote aus der Region bei.
Der vom DJS beigezogene Wert lässt sich in der Tat nicht vertreten. Er mag einem Durchschnittswert über den ganzen Kanton entsprechen, doch geht es nicht an, den konkreten Markt nicht zu berücksichtigen, dies vor allem angesichts des tiefen Hypothekarzinses, des relativ hohen Leerwohnungsbestandes und der Verschiedenheit der Regionen. Wie die wenigen Mietofferten aus der Region klarmachen und aufgrund der rudimentären Marktkenntnisse des Gerichts erscheint es gerechtfertigt, von einem Mietzinsniveau von Fr. 600.– für eine 2bis 3Zimmer Wohnung auszugehen. Dies ist auch deshalb gerechtfertigt, weil sich die Beschwerdeführerin mit einer Wohnung aus dem unteren Preissegment zufrieden zu geben scheint. Solche Wohnungen sind bekanntlich ebenso auf dem Markt. Nebenkosten sind jedoch in aller Regel zusätzlich zu bezahlen, so dass sich eine weitere Aufrechnung von Fr. 50.–, mithin total Fr. 200.– pro Monat, rechtfertigt.

bb) In der Aufwandberechnung fehlt aber ganz klar die Position Steuern. Niedergelassene sind nicht quellensteuerpflichtig. Das hat das Ausländeramt in seiner Stellungnahme zum Rekurs zwar erkannt, doch fehlt diese Position im Formular der Berechnung und damit wohl auch im entsprechenden PC-Programm des Amtes. Überschlagsmässig ist für den konkreten Fall von mindestens Fr. 200.– pro Monat auszugehen. An sich wäre jedoch eine konkrete Berechnung von Nöten, doch kann angesichts der folgenden Erwägungen darauf verzichtet werden.

c) Die Beschwerdeführerin geht – wie gesagt – von Fr. 2’800.– Nettoeinkommen sowie Fr. 500.– Nebeneinkommen aus. Ersteres ist unbestritten. Das Nebeneinkommen neben der Vollzeitanstellung kann jedoch praxisgemäss nicht berücksichtigt werden. Den diesbezüglichen Einwänden der Vorinstanz kann durchaus beigepflichtet werden, auch wenn nicht behauptet werden will, es handle sich bei der Arbeitsbestätigung der bekannten Familie um eine reine «Gefälligkeit unter Landsleuten». Dieser Nebenerwerb kann ja jederzeit aufgegeben werden und würde es wohl mit Bestimmtheit, wenn der Ehemann nachgezogen werden könnte. Angesichts dessen, dass der nachzugswillige Ehemann nicht deutsch spricht und angesichts der Arbeitsmarktlage kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein zusätzliches Einkommen hinzuzurechnen wäre. Solches behauptet auch die Beschwerdeführerin nicht.

d) Zusammenfassend ergibt sich folgende Berechnung:

Grundbedarf I

Fr.

1576.00

Grundbedarf II

Fr.

158.00

Mietzins und Nebenkosten

Fr.

650.00

Krankenkassenprämien

Fr.

372.00

Selbstbehalt / Franchise

Fr.

138.40

Zahnarzt

Fr.

60.00

allgemeine Erwerbsunkosten

Fr.

250.00

Steuern (mindestens)

Fr.

200.00

Total

Fr.

3404.40

Einkommen

Fr.

2800.00

Prämienverbilligung

Fr.

225.00

Defizit

Fr.

379.40

Das macht klar, dass konkret die Gefahr einer fortgesetzten und erheblichen Fürsorgeabhängigkeit besteht, weshalb das Gesuch zu Recht abgewiesen wurde.

Entscheid vom 14. Januar 2004

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