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TVR 2005 Nr. 14

Anlage von Mündelvermögen in Warrants


Art. 401 ZGB, Art. 423 Abs. 2 ZGB, Art. 426 ZGB


1. Erwirtschaftet der Vormund durch die Anlage von Mündelvermögen in Warrants Verluste, so wird er schadenersatzpflichtig.

2. Schadenersatz aus unsorgfältiger Mündelvermögensverwaltung ist zwar auf dem Zivilweg geltend zu machen, doch kann die Vormundschaftsbehörde die Schadenersatz- und die Nachschusspflicht als Auflage im Genehmigungsbeschluss über den Vormundschaftsbericht festhalten.


J ist der Vormund seines behinderten Bruders P. Dieser lebt in einem ausserkantonalen Heim. Die zuständige Vormundschaftsbehörde (nachfolgend: VB) genehmigte die Jahresrechnung 1998 und den Vormundschaftsbericht. Gleichzeitig wurde J angehalten, die nächste Abrechnung und den nächsten Bericht per 31. Dezember 2000 der VB vorzulegen. Die Rechnung beziehungsweise der Bericht für die Jahre 1999/2000 wurden schliesslich am 19. November 2002 eingereicht. Mit Beschluss vom 20. Januar 2003 wurden Rechnung und Bericht genehmigt. Gleichzeitig wurde J angewiesen, die hochspekulativen Warrants ohne Vermögensverluste in mündelsichere Anlagen umzuwandeln. Am 9. April 2004 reichte J die nächste Abrechnung ein. Nach Durchführung einer Revision weigerte sich die VB die Rechnung zu genehmigen. J habe die aus den Warrantgeschäften herrührenden Verluste in der Höhe von Fr. 17’080.90 noch nicht ausgeglichen, was bis spätestens 30. September 2004 nachzuholen sei.
Gegen diesen Entscheid führte J Beschwerde beim DJS, das abwies. Auch das daraufhin angerufene Verwaltungsgericht weist ab.

Aus den Erwägungen:

2. Laut Art. 426 ZGB hat der Vormund bei der Ausübung seines Amtes die Regeln einer sorgfältigen Verwaltung zu beachten und er haftet für den Schaden, den er absichtlich oder fahrlässig verschuldet. Der Vormund hat bares Geld, soweit er dessen nicht für den Bevormundeten bedarf, beförderlich in einer von der Vormundschaftsbehörde oder durch die kantonale Verordnung hierfür bezeichneten Kasse oder in Werttiteln, die von der Vormundschaftsbehörde nach Prüfung ihrer Sicherheit genehmigt werden, zinstragend anzulegen. Unterlässt der Vormund diese Anlage länger als einen Monat, so wird er selbst zinspflichtig (Art. 401 ZGB). Kapitalanlagen, die nicht genügend Sicherheit bieten, sind durch sicherere Anlagen zu ersetzen. Die Umwandlung soll aber nicht zur Unzeit, sondern unter Wahrung der Interessen des Bevormundeten vorgenommen werden (Art. 402 ZGB). Die Tätigkeit des Vormundes prüft die Vormundschaftsbehörde durch Entgegennahme von Berichten und Rechnungen des Vormundes. Wo nötig, verlangt sie die Ergänzung und Berichtigung. Sodann erteilt oder verweigert sie die Genehmigung der Berichte und Rechnungen und trifft nötigenfalls die für die Wahrung der Interessen des Mündels angezeigten Massregeln (Art. 423 Abs. 1 und 2 ZGB).
Wie Vermögen mündelsicher anzulegen ist, hat die Vorinstanz in ihrem Entscheid ausführlich und zutreffend dargestellt. Darauf kann verwiesen werden. Zweifellos gehören Warrants, bei denen es sich um Termingeschäfte handelt, nicht zu den mündelsicheren Anlagen. Das zeigt die Tatsache, dass der Beschwerdeführer mit seinen riskanten Finanzgeschäften innert kürzester Zeit (knapp ein Monat) Fr. 17’000.– Verlust eingefahren hat. Dass die VB als Aufsichtsbehörde über den Vormund unter diesen Umständen gezwungen war, zu handeln, ergibt sich ohne weiteres aus Art. 423 Abs. 2 ZGB, wonach eben die Behörden die für die Wahrung der Interessen des Mündels angezeigten Massregeln zu treffen haben. Offenbar ging die VB bei der Abnahme der Rechnung für die Jahre 1999/2000 am 20. Januar 2003 davon aus, die Warrants seien noch vorhanden. Es mag sein, dass es sich dabei um eine Fehleinschätzung gehandelt hat, denn die fraglichen Warrants wurden alle Ende April/anfangs Mai 2000 gekauft und hatten mit Sicherheit keine längere Laufzeit als ein Jahr. Das bestätigt auch die Ausführung des Beschwerdeführers, der geltend macht, im Zeitpunkt, als von ihm die Umwandlung der Warrants in anlagesicheres Vermögen verlangt worden sei, sei der Verlust bereits eingefahren worden. Tatsächlich machte die entsprechende Anweisung der VSB vom 20. Januar 2003 im Prinzip keinen Sinn mehr. Das ändert aber nichts daran, dass der Beschwerdeführer gegen seine Pflichten als Vormund, das Vermögen seines Bruders mündelsicher anzulegen, klar und eindeutig verstossen hat. Der Einwand des Beschwerdeführers, er könne für solche Transaktionen – ebenso wie ein Vermögensverwalter in der Privatwirtschaft – nicht verantwortlich gemacht werden, ist unzutreffend. Art. 426 ZGB hält ausdrücklich die (strenge) Haftbarkeit des Vormundes gegenüber seinem Mündel bei unsorgfältiger Vermögensverwaltung fest. Der Vorwurf des Beschwerdeführers, die VB habe ihre Aufsichtspflicht nicht richtig wahrgenommen, ist nur schon deshalb verfehlt, weil selbst bei pünktlicher Ablieferung der Rechnung für die Jahre 1999/2000 die Verluste aus dem Warrantgeschäft bereits entstanden waren.
Die VB verlangt nun vom Beschwerdeführer, er habe den durch seine unsichere Vermögensanlage entstandenen Verlust zu decken. Mit der Vorinstanz ist davon auszugehen, dass eine rechtsverbindliche Feststellung der Schuld nur über den Weg der Zivilklage nach Art. 430 ZGB erreicht werden könnte. Dementsprechend hat Ziff. 4 des Beschlusses der VB vom 6. September 2004 keine bindende Wirkung in dem Sinne, als darin verbindlich über den Ersatz des Schadens geurteilt wird. Allerdings kann die Vormundschaftsbehörde verlangen, dass im Sinne einer Auflage der entsprechende Verlust, der offensichtlich durch den Beschwerdeführer verursacht wurde, auszugleichen ist. Andererseits kann sie ebenso verlangen, dass eine entsprechende Ersatzforderung in die Rechnung miteinbezogen wird, damit diese ordnungsgemäss geführt ist. Sollte sich der Beschwerdeführer weiterhin weigern, die Ersatzforderung zu begleichen, so wird der VB allerdings nichts anderes übrig bleiben, als den Betrag auf dem ordentlichen Rechtsweg über den Zivilrichter einzutreiben. Grundsätzlich ist aber gegen die Formulierung von Ziff. 4 des Beschlusses der VB vom 6. September 2004 im Sinne einer Auflage an den Beschwerdeführer nichts einzuwenden.

Entscheid vom 27. April 2005

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