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TVR 2005 Nr. 21

Abgrenzung zwischen Weiterbildungs- und Ausbildungskosten


Art. 26 Abs. 1 lit. d DBG


Aufwendungen für die Erlangung des «Master of Business Administration» können nicht als Weiterbildungskosten vom steuerbaren Einkommen abgezogen werden.


P liess sich nach seiner Lehre zum Betriebsökonomen AKAD beziehungsweise zum diplomierten Betriebsökonomen HWV ausbilden. Gegen Ende beziehungsweise nach dieser Ausbildung arbeitete er bei den Winterthur Versicherungen im Konzernrevisorat, dann für eine kurze Zeit bei der Finanzverwaltung des Kantons Thurgau und danach wiederum bei den Winterthur Versicherungen in den Bereichen Planung und Controlling, Rechnungswesen und Jahresabschluss, Investitionen und Rückversicherung. Seit Ende 1997 ist er bei der Ernst & Young AG in Zürich als Wirtschaftsprüfer und Wirtschaftsberater angestellt. Er ist dort Mandatsund Revisionsleiter im Bereich Krankenversicherung Captives und Versicherungsmakler. Von Januar 2001 bis Juni 2002 besuchte er am Institut für Finanzmanagement in Bern eine berufsbegleitende Ausbildung zum Master of Business Administration (MBA). In der Steuererklärung 2001 deklarierte er für diesen Lehrgang abzugsfähige Kosten in der Höhe von Fr. 31’949.– als Weiterbildungs- und Umschulungskosten. Die geltend gemachten Kosten wurden jedoch von den Steuerbehörden nicht zum Abzug vom steuerbaren Einkommen zugelassen. Die Steuerrekurskommission hiess den Rekurs gut. Die kantonale Steuerverwaltung focht den Rekursentscheid betreffend Direkter Bundessteuer beim Verwaltungsgericht an, das die Beschwerde abweist.

Aus den Erwägungen:

(...)

3. a) Nach Art. 25 DBG werden zur Ermittlung des Reineinkommens von den gesamten steuerbaren Einkünften die Aufwendungen und allgemeinen Abzüge nach den Art. 26 bis 33 DBG abgezogen. Hierunter fallen bei den unselbständig Erwerbstätigen die Berufskosten, unter anderem auch die mit dem Beruf zusammenhängenden Weiterbildungs- und Umschulungskosten (Art. 26 Abs. 1 lit. d DBG). Die Vorinstanz hat sich in ihrem Entscheid sehr ausführlich mit dem Begriff der abzugsfähigen Weiterbildungskosten einerseits und der nicht zum Abzug vom steuerbaren Einkommen zugelassenen Ausbildungskosten auseinandergesetzt. Darauf kann grundsätzlich verwiesen werden, weshalb an dieser Stelle lediglich die Begriffe noch einmal zusammenfassend dargelegt werden. Weiterbildung ist die Ausbildung, durch welche der Steuerpflichtige die in der Grundausbildung erworbenen beruflichen Kenntnisse dem aktuellen Entwicklungsstand anpasst, um einerseits den Anforderungen seiner beruflichen Stellung gewachsen zu sein und gewachsen zu bleiben (Erhaltung und Sicherung der erreichten beruflichen Stellung, Bestandessicherung) und andererseits die berufliche Mobilität zu steigern und um anspruchsvollere Aufgaben übernehmen zu können, die sogenannten Berufsaufstiegskosten (Richner/Frei/Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 26, N. 64). Weiterbildungskosten, die der Erhaltung und Sicherung der erreichten beruflichen Stellung dienen, können deshalb Kosten sein für Auffrischung und Überarbeitung des bereits (branchenspezifisch) Erlernten. Als abzugsfähige Weiterbildung wird allerdings auch eine Bildungsmassnahme betrachtet, die den Aufstieg in eine gehobenere Stellung im gleichen, angestammten Beruf bezwecken kann. Eine solche Ausbildung führt in der Regel zur besseren Qualifikation im bisherigen Beruf.
Ausbildungskosten dagegen bilden grundsätzlich nicht abziehbare Lebenshaltungskosten. Darunter fallen all jene Bildungsmassnahmen, die nicht mit einer bereits ausgeübten Erwerbstätigkeit im Zusammenhang stehen. Die Kosten dieser Bildungsmassnahmen sind als Ausbildung zu betrachten, wenn sie dem Ziel dienen, die Kenntnisse zu erwerben, die als Grundlage für einen zukünftigen Beruf oder einen bisher ungelernt ausgeübten Beruf notwendig sind. Ausbildungskosten im Hinblick auf eine Berufsausübung liegen also vor, wenn die Aufwendungen dem Ziel dienen, die notwendigen fachlichen Kenntnisse oder Fertigkeiten zu erwerben, die als Grundlage für einen künftigen Beruf notwendig und die gegebenenfalls die Grundlage dafür bilden sollen, von einem Beruf zum anderen zu wechseln (Richner/Frei/Kaufmann, a.a.O., Art. 34, N. 36 f.).

b) Die Beschwerdeführerin argumentiert, beim MBA handle es sich um eine Zusatzausbildung, deren Kosten nicht als abziehbare Weiterbildungskosten zu betrachten seien. Dieser Auffassung kann jedoch so nicht gefolgt werden. Der verfahrensbeteiligte P legt in seinen Eingaben in nachvollziehbarer Weise dar, dass die von ihm bereits 2001 ausgeführte berufliche Tätigkeit (Wirtschaftsprüfung und Wirtschaftsberatung) mit dem MBA-Lehrgang vertieft werden solle. Zweifelsfrei gehören Bereiche wie Rechnungswesen, Statistik, Investitionsrechnung, Organisation, Finanzwesen und Betriebswirtschaft (vgl. hierzu Einspracheschrift) zu jenen Fachbereichen, die ein Betriebsökonom beherrschen muss. Allgemein bekannt ist auch, dass in diesen Bereichen der Stand der Erkenntnisse nicht stehen bleibt. Die im MBA-Lehrgang angebotenen Fächer können daher im Wesentlichen durchaus als wesensgleich zu denjenigen bezeichnet werden, die der Beschwerdeführer in seinem Studium der Betriebsökonomie bereits erlangt hat und deren Kenntnisse für seine tägliche Berufsausübung unabdingbar sind. Diesbezüglich unterscheidet sich der vorliegende Fall denn auch erheblich von demjenigen, den das Bundesgericht in Sachen M. gegen kantonales Steueramt Zürich am 18. Dezember 2003 (2A.277/2003) zu beurteilen hatte. Dort verhielt es sich so, dass der Steuerpflichtige nach abgebrochenem Ökonomiestudium und mehrjähriger praktischer Tätigkeit die theoretischen Grundlagen von Bachelor- und Master-Degree nachträglich in den USA erwarb. Hier aber hat der Beschwerdeführer die notwendigen theoretischen Kenntnisse bereits weitgehend erlangt. Es darf daher ohne weiteres von einer Vertiefung der Kenntnisse, die durch den MBA-Lehrgang erworben wurden, ausgegangen werden.
Auch nicht zu überzeugen vermag das Argument der Beschwerdeführerin, durch den Titel des Vizedirektors, den der Verfahrensbeteiligte nach dem MBA-Lehrgang erhalten wird, sehe die berufliche Stellung völlig anders aus. Es kann hierzu auf die Stellungnahme Ps verwiesen werden, wo die interne Hierarchie bei der Ernst & Young AG dargestellt wird. Diese Darstellung ist unwidersprochen geblieben und deckt sich mit der Erfahrungstatsache, dass nicht selten zwar gewisse Titel vergeben werden, diese aber keinerlei weitere Bedeutung als die Bezeichnung einer Beförderung zur nächsten Stufe haben.
Zu berücksichtigen gilt es auch, dass P bei der Ernst & Young AG in einem internationalen Unternehmen tätig ist, bei dem international anerkannte Titel eine nicht unwesentliche Rolle spielen. So wie bei Juristen häufig ein LL.M-Titel von Arbeitgebern gefordert wird, so dürfte es sich auch hier mit dem MBA-Titel des Verfahrensbeteiligten verhalten. Dies wird denn auch in der Beschwerdeantwort entsprechend ausgeführt. Im internationalen Umfeld wird eben geradezu erwartet, dass ein Angestellter/Mitarbeiter diesen Titel trägt.
Zusammengefasst ergibt sich somit, dass die Ausbildung des Beschwerdeführers durchaus als Vertiefung seiner beruflichen Kenntnisse angesehen werden kann, wobei die wesentlichen Ausbildungsmodule Kernbereiche der bereits ausgeübten beruflichen Tätigkeit darstellen. Auch ist der MBA-Titel zwar mit einer Beförderung zum Vizedirektor verbunden, doch hat der Verfahrensbeteiligte in durchaus glaubwürdiger und von Seiten der Steuerverwaltung nicht bestrittener Darstellung ausgeführt, dies sei nicht mit einer Veränderung seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit verbunden. Als Zwischenergebnis kann somit festgehalten werden, dass der vom Beschwerdeführer absolvierte MBA-Lehrgang beziehungsweise die damit verbundenen Kosten als Weiterbildungskosten im Sinne von Art. 26 Abs. 1 lit. d DBG gelten kann. Dies bedeutet nun allerdings nicht, dass generell eine MBA-Ausbildung im Sinne der zitierten Bestimmung immer zum Abzug zuzulassen ist. Tatsächlich richtet sich die Ausbildung nicht nur an Betriebsökonomen, sondern an sämtliche Akademiker, die insbesondere im Bereich Betriebsökonomie im Hinblick auf einen beruflichen Aufstieg ihre Kenntnisse erheblich vertiefen wollen. Würde es sich beim verfahrensbeteiligten P um einen Techniker, Juristen oder sonstigen Akademiker handeln, der bisher keine oder nur marginale betriebökonomische Ausbildung erfahren hätte, wäre die Zulässigkeit der Weiterbildungskosten sehr genau zu prüfen. Jedenfalls kann nicht generell gesagt werden, Kosten für eine MBA-Ausbildung müssten immer zum Abzug zugelassen werden. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass sich das klassische Bild vieler Berufe in den letzten Jahren teils enorm verändert hat, so dass die Typisierung und Katalogisierung einer Erwerbstätigkeit mit herkömmlichen Mustern zunehmend schwieriger wird. Immer häufiger werden daher in vielen Berufen berufsübergreifende Kenntnisse verlangt, die wohl künftig als Weiterbildungskosten anerkannt werden müssen.

Entscheid vom 15. September 2004

Die Steuerverwaltung reichte gegen diesen Entscheid Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Bundesgericht ein, das gutheisst.

Aus den Erwägungen des Bundesgerichts:

3.1 Der Beschwerdegegner ergänzte seine Berufsbildung als Betriebsökonom AKAD beziehungsweise als diplomierter Betriebsökonom HWV durch eine berufsbegleitend absolvierte Zusatzausbildung zum MBA. Der vorliegende Fall lässt sich zwar nur bedingt mit demjenigen vergleichen, den das Bundesgericht in seinem Urteil 2A.277/2003 zu beurteilen hatte. Die Ausbildung zum MBA stellt aber grundsätzlich eine eigentliche Grundausbildung dar. Sie führt zu einem eigenständigen Berufsabschluss, der für den Absolventen über einen Eigenwert verfügt. Dabei verhält es sich grundsätzlich nicht anders, ob der MBA im Anschluss an einen BBA oder im Anschluss an eine Ausbildung zum Betriebsökonomen HWV erworben wird. Dies übersieht auch die Vorinstanz nicht. Sie führt im angefochtenen Entscheid aus, dass die Kosten für eine Zusatzausbildung zum MBA wohl in der Regel als nicht abzugsfähig zu gelten hätten, dass es sich vorliegend aber um einen Ausnahmefall handle, da der Beschwerdegegner im Ergebnis lediglich seine Grundkenntnisse in Ökonomie vertieft und aktualisiert und seine bisherige berufliche Tätigkeit nicht verändert habe.

3.2 Wesentlich für die Beurteilung der Abzugsfähigkeit der Kosten für Zusatzausbildungen ist nicht nur der Vergleich zwischen der bestehenden Grundausbildung und den neu erworbenen Kenntnissen, sondern zu berücksichtigen sind auch der aktuell ausgeübte Beruf und die Auswirkungen der Zusatzausbildung auf die gegenwärtige und künftige Berufstätigkeit. Würde der Argumentation der Vorinstanz gefolgt, wäre bei Absolventen eines MBA-Kurses, die über eine ökonomische Grundausbildung verfügen, eher von einer abzugsfähigen Weiterbildung auszugehen als bei solchen, die von einem anderen Fach (technische Berufe, Medizinalberufe usw.) her kommen. Dies trifft indes nicht zu. Entscheidend muss vielmehr sein, dass mit der Zusatzausbildung zum MBA im Ergebnis ein eigenständiger Berufsabschluss («Titel») erworben wird, der auf dem Stellenmarkt anerkannt und honoriert wird und die Berufsaussichten des Absolventen erheblich verbessert. Auch bei bereits vorhandener ökonomischer Grundausbildung bedeutet der MBA nicht lediglich eine Vertiefung und Aktualisierung der schon vorhandenen Kenntnisse etwa an einzelnen Tagungen oder einwöchigen Weiterbildungskursen, sondern er führt zu wesentlichen Zusatzkenntnissen und einem zusätzlichen Titel mit eigenem Wert. Im Übrigen absolvierte der Beschwerdegegner eine ausschliesslich in englischer Sprache gehaltene und überwiegend international ausgerichtete berufsbegleitende Ausbildung von 18 Monaten, verbunden mit einem neunwöchigen Intensivkurs an der Rochester University (USA). Auch dies belegt, dass es sich nicht lediglich um eine Vertiefung und Aktualisierung bereits vorhandener Kenntnisse handelte.

3.3 Die Bedeutung der fraglichen Zusatzausbildung zeigt sich auch an den Auswirkungen, welche die Zusatzausbildung im vorliegenden Fall zeitigte. Nur bereits wegen des Erwerbs des MBA-Titels ist der Beschwerdegegner vom Prokuristen zum Vizedirektor befördert worden. Unabhängig von der Art der Hierarchie beim Arbeitgeber des Beschwerdegegners ist dies nicht unwesentlich, denn jedenfalls bedeutet dies einen beruflichen Aufstieg, der nicht unbedingt zwingend mit grösserer Verantwortung, in der einen oder anderen Form aber jedenfalls mit individuellen Verbesserungen der Berufssituation verbunden ist (Arbeitsplatz, Lohn, Prestige usw.). Darüber hinaus hat der Beschwerdegegner auch seinen Wert auf dem Stellenmarkt erhöht. Dass er sich nicht für vier weitere Jahre bei seinem gegenwärtigen Arbeitgeber verpflichten wollte, ist ein deutlicher Hinweis dafür. Auslagen für eine Fortbildung, die zum Aufstieg in eine bessere Berufsstellung führen beziehungsweise den Wert auf dem Arbeitsmarkt deutlich erhöhen (Berufsaufstiegskosten), sind Investitionen in die Zukunft, ergänzen die Grundausbildung und gelten nicht als abzugsfähige Weiterbildungskosten (vgl. E. 2.2 sowie Knüsel, a.a.O., N 9 zu Art. 26). Das wird schliesslich auch durch die Kosten der fraglichen Zusatzausbildung von insgesamt über Fr. 80’000.– (wovon Fr. 31’949.– im Jahr 2001) belegt. Eine solche Summe bildet ebenfalls einen klaren Anhaltspunkt dafür, dass es um eine langfristige Investition und nicht lediglich um die Auffrischung des bereits vorhandenen Ausbildungsniveaus geht.

Urteil vom 6. Juli 2005 (2A.623/2004)

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