TVR 2005 Nr. 39
Leistungskürzung wegen Überentschädigung
Werden für ein Ereignis sowohl Taggelder des obligatorischen Unfallversicherers als auch eine IV-Rente geleistet, erfolgt eine Prüfung der Überentschädigung und eine allfällige Kürzung durch den Unfallversicherer.
G erlitt am 17. März 2000 am Arbeitsplatz einen Unfall und erhielt deswegen Taggelder des obligatorischen Unfallversicherers. Ab 1. März 2001 sprach ihr die Ausgleichskasse eine Invalidenrente zu. Am 12. Juni 2003 verfügte der Unfallversicherer, die Überentschädigung von Fr. 28’110.65 werde primär mit der Rente der IV verrechnet. Am 21. Juli 2003 erhob G dagegen Einsprache, auf die der Unfallversicherer mit Einspracheentscheid nicht eintrat, da die gesetzliche Rechtsmittelfrist nicht gewahrt sei. Dagegen erhob G Beschwerde beim Verwaltungsgericht mit dem Antrag, es sei die Nichtigkeit des Einspracheentscheides festzustellen, da alleine die IV-Stelle zur Prüfung der Überentschädigung zuständig sei. Das Verwaltungsgericht als Versicherungsgericht weist ab.
Aus den Erwägungen:
2. Die Beschwerdeführerin bestreitet die verspätete Erhebung der Einsprache an sich nicht, macht jedoch Nichtigkeit des Einspracheentscheides geltend.
a) Aus Art. 69 Abs. 1 ATSG ergibt sich, dass beim Zusammentreffen von Leistungen verschiedener Sozialeinrichtungen zu prüfen ist, ob eine Überentschädigung resultiert. Das bestreitet die Beschwerdeführerin zwar nicht, doch macht sie geltend, der Unfallversicherer sei hiefür gar nicht zuständig gewesen; zuständig sei vielmehr die IV-Stelle.
Über den Umfang der Rückforderung wird eine Verfügung erlassen. Dabei weist der Versicherer in der Rückforderungsverfügung auf die Möglichkeit des Erlasses hin. Wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen für den Erlass gegeben sind, verfügt der Versicherer den Verzicht auf die Rückforderung (Art. 3 ATSV).
Zuständig zur Rückforderung ist derjenige Versicherungsträger, der die in Frage stehende unrechtmässige Leistung ausgerichtet hat (Kieser, ATSG-Kommentar, Zürich 2003, Art. 25, N. 14). Nachdem auf die IV-Rente ein gesetzlicher Anspruch besteht, sind die infolge Überentschädigung zuviel bezahlten UVG-Taggelder unrechtmässig ausgerichtet worden (vgl. Art. 68 ATSG). Demnach hat der Unfallversicherer seine Verfügung vom 12. Juni 2003 zu Recht erlassen. Dass die IV-Stelle hiefür entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht zuständig ist, geht auch klar daraus hervor, dass die IV-Stelle das Einspracheverfahren gegen die IV-Verfügung vom 18. Juni 2003 von Amtes wegen sistierte, und zwar bis zum Vorliegen eines rechtskräftigen Entscheides über die Überentschädigung beziehungsweise die Höhe der Rückerstattungsforderung des Unfallversicherers.
Entscheid vom 13. April 2005
Das mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde angegangene Eidgenössische Versicherungsgericht weist diese ab.
Aus dessen Erwägungen:
2.2 Welcher Sozialversicherungszweig die Leistungskürzung wegen Überversicherung vorzunehmen hat, ergibt sich aus den in den Art. 64 bis 66 ATSG enthaltenen allgemeinen Vorschriften zur Reihenfolge der Leistungspflicht der einzelnen Sozialversicherungsträger oder aus den anwendbaren spezialgesetzlichen Bestimmungen (vgl. Kieser, ATSG-Kommentar, Zürich 2003, Rz 26 zu Art. 69). Hinsichtlich des hier streitigen Zusammenfallens von Taggeldleistungen der obligatorischen Unfallversicherung mit einer Rente der Invalidenversicherung fehlt es an einer konkreten Regelung. Aus Art. 69 Abs. 3 Satz 2 ATSG ergibt sich jedoch, dass in solchen Fällen regelmässig eine Kürzung des Taggeldes zu erfolgen hat. Daraus ist zu schliessen, dass für die Abschöpfung der Überentschädigung der Unfallversicherer zuständig ist (Kieser, a.a.O., Rz 18 zu Art. 68). Vorliegend wurde die Leistungskürzung demnach zu Recht vom Unfallversicherer verfügt, woran nichts ändert, dass sie rückwirkend erfolgte und mit einer Verrechnung nachzuzahlender Invalidenrenten verbunden war. Der Einwand, die streitige Verfügung sei mangels sachlicher Zuständigkeit nichtig, erweist sich damit als unbegründet.
Urteil vom 16. Februar 2006 (U200/05)