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TVR 2006 Nr. 10

Fristwiederherstellung


§ 26 VRG


Ein Rekurrent, der ausdrücklich auf seine Ferienabwesenheit in einem bestimmten Zeitraum hinweist, muss in dieser Zeitspanne nicht mit der Zustellung einer prozessleitenden Verfügung rechnen. Erfolgt die Zustellung trotzdem und wird die Frist so verpasst, so kann dem Rekurrenten kein Verschulden vorgeworfen werden.


X erhob mit Eingabe vom 10. Juli 2006 Rekurs beim DBU. Nach der eigentlichen Rekursschrift hatte er in derselben Eingabe ein «post scriptum» (nachfolgend: «PS») angehängt, das wie folgt lautete:
«1. Mit der Leistung einer Kaution von Fr. 500.– für die Behandlung des Rekurses erkläre ich mich einverstanden. Bitte stellen Sie mir umgehend den entsprechenden Einzahlungsschein zu.
2. Ich bitte Sie einen allfälligen Ortstermin so rasch wie möglich anzusetzen, damit die für unsere Mieter sehr störenden Bauprofile möglichst rasch abgeräumt werden können und die Mietkosten für diese Bauprofile nicht noch länger bezahlt werden müssen. (Die Eingabe des Vorentscheidgesuchs erfolgte Mitte Februar 2006!) – Da es sich nur um einen Vorentscheid und kein definitives Baugesuch handelt, sind wir Ihnen sehr dankbar, wenn Sie der Entfernung bereits vor Erlass eines rechtskräftigen Entscheides zustimmen könnten.
3. Hinweis: Ich bin in den Wochen 29/30 ferienabwesend.»
Am 14. Juli 2006 erliess das DBU eine Kostenvorschussverfügung, gemäss welcher bis zum 3. August 2006 ein Kostenvorschuss von Fr. 500.– zu leisten sei. Der Kostenvorschuss wurde jedoch innert Frist nicht geleistet und die entsprechend eingeschriebene Aufforderung auch nicht abgeholt. Am 9. August 2006 erhielt X telefonisch die Auskunft, die Frist zur Leistung des Kostenvorschusses sei bereits abgelaufen. Gleichzeitig wurde ihm per Fax die Kostenvorschussverfügung vom 14. Juli 2006 noch einmal zugestellt. Am 10. August 2006 stellte X beim DBU ein Fristwiederherstellungsgesuch, das abgewiesen wurde. Die dagegen erhobene Beschwerde heisst das Verwaltungsgericht gut.

Aus den Erwägungen: 2. a) Das DBU hat vom Beschwerdeführer einen Kostenvorschuss im Sinne von § 79 Abs. 1 VRG verlangt. Zudem wurde er auf mögliche Säumnisfolgen – nämlich ein Nichteintretensentscheid – hingewiesen, falls der Kostenvorschuss nicht rechtzeitig geleistet wird (§ 79 Abs. 2 VRG). Dem Beschwerdeführer wurde bis zum 3. August 2006 Frist zur Leistung des Kostenvorschusses angesetzt, die unbestrittenermassen ungenutzt verstrich. Der Beschwerdeführer hat aber ein Fristrestitutionsgesuch nach § 26 VRG gestellt. Dieser lautet wie folgt: «Eine versäumte Frist kann auf begründetes Gesuch hin wieder hergestellt werden, wenn den Säumigen oder seinen Vertreter kein Verschulden trifft. Solche Gesuche sind innert 14 Tagen seit Wegfall des Grundes einzureichen, der die Einhaltung der Frist verhindert hat.» Kein Verschulden im Sinne dieser Bestimmung trifft einen Säumigen, wenn die Säumnis auf ein Ereignis zurückzuführen ist, das dem Beteiligten nicht als Nachlässigkeit zugerechnet werden darf (Haubensak/Litschgi/-Stähelin, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Thurgau, Frauenfeld 1984, § 26 Ziff. 2). b) Das DBU begründete seinen Entscheid unter anderem damit, aus der Art, wie das «PS» vom Beschwerdeführer formuliert worden sei, habe es schliessen müssen, dass sich der Hinweis betreffend Ferienabwesenheit auf einen Ortstermin bezogen habe, nicht jedoch auf den Kostenvorschuss. Auf den ersten Blick mag diese Argumentation allenfalls noch etwas für sich haben, doch lässt sie sich bei genauerer Betrachtung nicht halten. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass sich der Beschwerdeführer sowohl im Zusammenhang mit der Bemerkung über die «Kaution von Fr. 500.– » als auch über einen allfälligen Ortstermin dahingehend äusserte, man möge beides rasch vorantreiben. Daher konnte sich der Hinweis in Ziff. 3 des «PS» nicht nur auf Ziff. 2 (Ortstermin) beziehen. Darüber hinaus bedeutet aber der Hinweis, man sei in einer bestimmten oder in bestimmten Wochen ferienabwesend, im Rechtsverkehr allgemein, man bitte darum, während dieser Zeit keine Post zuzustellen. Dies ist übliche rechtliche Gepflogenheit. Unter diesen Umständen durfte daher der Beschwerdeführer davon ausgehen, dass ihm während seiner Abwesenheit keine weiteren verfahrensleitenden Verfügungen zugestellt werden. Es ist somit festzustellen, dass sich der Beschwerdeführer nach Treu und Glauben verhalten und dem DBU rechtzeitig seine Ferienabwesenheit angezeigt hat. Unter diesen Umständen eine Kostenvorschussverfügung – nota bene am Tag, bevor die Ferienabwesenheit beginnt – noch zu versenden, widerspricht dem Verfahrensgrundsatz, wonach auch die Behörden an das Handeln nach Treu und Glauben gebunden sind. Als der Beschwerdeführer aus seinen Ferien zurückkam, setzte er sich am ersten möglichen Tag mit der Poststelle in Verbindung. Diese teilte ihm mit, dass der eingeschriebene Brief (Abholfrist 18. bis 25. Juli 2006) am 27. Juli 2006 wieder zurückgesandt worden sei. Den Absender konnte die Poststelle dem Beschwerdeführer nicht melden. Er konnte auch nicht ermittelt werden. Deshalb kann dem Beschwerdeführer auch kein Vorwurf gemacht werden. Er konnte nicht zwingend vom Absender Frauenfeld auf eine Sendung des DBU schliessen (vgl. hierzu BGE 115 Ia 20, E. 5b). Damit steht aber fest, dass dem Beschwerdeführer kein Verschulden vorgeworfen werden kann, denn er hatte erst ab dem 9. August 2006 Kenntnis von der Verfügung mit Frist zur Leistung eines Vorschusses bis 3. August 2006. Damit blieb ihm nichts anderes übrig, als beim DBU ein Fristrestitutionsgesuch zu stellen. Der Vorinstanz ist vorzuwerfen, dass sie trotz klarem Hinweis auf die Ferienabwesenheit eine Kostenvorschussverfügung so kurz vorher zustellte. Damit musste der Beschwerdeführer klarerweise nicht rechnen. Nebenbei bemerkt sei übrigens, dass das vom DBU praktizierte Vorgehen hinsichtlich der Fristansetzung nicht unproblematisch ist. Nachdem die Frist für die fingierte Zustellung erst am 25. Juli 2006 abgelaufen ist, konnte die Rechtsmittelfrist von 20 Tagen erst ab diesem Datum zu laufen beginnen und endete somit am 15. August 2006. Der Beschwerdeführer hätte sich ja durchaus gegen die Pflicht zur Leistung eines Kostenvorschusses als solcher oder gegen die Bemessung der Frist zur Leistung des Kostenvorschusses mittels ordentlichem Rechtsmittel wehren können. Entscheid vom 8. November 2006

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