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TVR 2006 Nr. 14

Entschädigung für den provisorischen Vormund


Art. 416 ZGB


Dem Vormund steht unabhängig der finanziellen Lage des Mündels eine Entschädigung zu, also selbst bei Abhängigkeit von der Sozialhilfe. Die Höhe der Entschädigung richtet sich gemäss gesetzlicher Vorschrift ausdrücklich nach dem Arbeitsaufwand.


D (und auch seine Ehefrau) leidet an Depressionen und war auch schon stationär in der Psychiatrischen Klinik in Münsterlingen in Behandlung. D geht keiner geregelten Arbeit mehr nach und er war mit der Zeit nicht mehr in der Lage, für seinen Lebensunterhalt selbst aufzukommen beziehungsweise die finanziellen Angelegenheiten selbständig zu regeln. Daher wurde für ihn eine Beistandschaft angeordnet, die jedoch sowohl auf seinen, als auch auf Antrag der Beiständin (aus ihrer Sicht wegen Uneinsichtigkeit und fehlender Kooperation) wieder aufgehoben wurde. D wurde gestützt auf Art. 386 Abs. 2 ZGB vorläufig die Handlungsfähigkeit entzogen und ein provisorischer Vormund in der Person von N ernannt. Mit Urteil vom 2. Juli 2005 wies das Bezirksgericht die Klage auf Entmündigung und damit die Klage auf Errichtung einer Vormundschaft ab. Gleichzeitig ordnete das Gericht die erneute Errichtung einer Beistandschaft an. Diese musste jedoch wegen mangelnder Kooperation wieder aufgehoben werden. Am 2. November 2005 unterbreitete N der Vormundschaftsbehörde seinen Schlussbericht. Die Vormundschaftsbehörde L genehmigte die Schlussrechnung und sprach dem provisorischen Vormund eine Entschädigung von Fr. 1'000.– zu.
Gegen die Höhe der Entschädigung erhob D beim DJS Beschwerde, das abwies. Das hierauf angerufene Verwaltungsgericht weist ebenfalls ab.

Aus den Erwägungen:

2. Der Beschwerdeführer macht zur Begründung seiner Anträge geltend, mit Urteil vom 2. Juli 2005 habe das Bezirksgericht den Antrag auf Bevormundung abgewiesen. Daher könne auch keine Entschädigung für die Tätigkeit eines Vormundes verlangt werden. Gemäss dem Gebührentarif für die Vormundschaftsbehörde L müsse für eine Entschädigung, die über den normalen Ansätzen festgelegt werde, ein überdurchschnittlicher Aufwand begründet werden. An einer solchen Begründung fehle es jedoch praktisch komplett. Ein entsprechender Aufwand sei auch nicht notwendig gewesen. Er bestreite, dass er eine uneinsichtige Person sei. Die Vormundschaftsbehörde dürfe den Aufwand für das gerichtliche Entmündigungsverfahren nicht über die Gebühren wieder hereinholen. Die Entschädigung für die Beiständin könne für die jetzt festzusetzende Entschädigung nicht herangezogen werden. Der Aufwand der Vormundschaftsbehörde sei nicht näher substantiiert worden, weshalb er nicht überprüft werden könne. Hinzuweisen sei auch darauf, dass der angefochtene Beschluss vom 7. November 2005 einen Vermögensbestand von Fr. 10'668.95 aufweise. Dabei seien jedoch zwei Schuldbeträge in der Höhe von Fr. 14'000.– und Fr. 700.– nicht berücksichtigt.

3. a) Wird es vor der Wahl eines Vormundes notwendig, vormundschaftliche Geschäfte zu besorgen, so trifft die Vormundschaftsbehörde von sich aus die erforderlichen Massregeln. Sie kann insbesondere die vorläufige Entziehung der Handlungsfähigkeit aussprechen und eine Vertretung anordnen (Art. 386 Abs. 1 und 2 ZGB). Der Vormund hat Anspruch auf eine Entschädigung, die aus dem Vermögen des Bevormundeten entrichtet und von der Vormundschaftsbehörde für jede Rechnungsperiode nach der Mühe, die die Verwaltung verursacht, und nach dem Ertrag des Vermögens festgesetzt wird (Art. 416 ZGB).
Nachdem für den Beschwerdeführer im Jahre 2002 bereits eine Beistandschaft angeordnet worden war, wurden die Umstände aufgrund des Verhaltens des Beschwerdeführers (Uneinsichtigkeit und keine Kooperation gemäss Beiständin) so schwierig, dass mit einer Beistandschaft nicht mehr weiterzukommen war. Die Vormundschaftsbehörde L ordnete daher die Einleitung des Entmündigungsverfahrens an und traf gleichzeitig vorsorgliche Massregeln im Sinne von Art. 386 Abs. 2 ZGB, indem sie einen provisorischen Vormund einsetzte. Hierzu war sie aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten sowie der Vorschrift von Art. 386 Abs. 1 ZGB verpflichtet. Die Entschädigung des Vormunds, sei er nun provisorisch eingesetzt oder endgültig gewählt, regelt Art. 416 ZGB. Diese Bestimmung sieht für die Tätigkeit des Vormundes eine Entschädigung, die nach Aufwand für das Amt und nach Vermögensertrag des Mündels zu berechnen ist, ausdrücklich vor. Somit besteht offensichtlich eine gesetzliche Grundlage auch für die Tätigkeit des provisorisch eingesetzten Vormundes, dessen Einsetzung im Übrigen rechtskräftig wurde.

b) Die Gemeinde L hat für nach Art. 416 ZGB zu erhebende Gebühren den Gebührentarif für die Vormundschaftsbehörde L beschlossen. Dieser legt in Art. 7 lit. a fest, dass für die Tätigkeit des Vormundes der Entschädigungsanspruch von jährlich 2 Promille des Vermögens, mindestens aber Fr. 200.– beträgt. Art. 4 des Gebührentarifs erweitert jedoch den Gebührenrahmen in dem Sinn, dass bei überdurchschnittlichem Arbeitsaufwand die Tarife nach Art. 6 und 7 angemessen überschritten werden können. Ein solcher Entscheid muss allerdings begründet werden.
Der Gebührentarif der Gemeinde L wird vom Beschwerdeführer weder grundsätzlich noch hinsichtlich der Vereinbarkeit mit Art. 416 ZGB in Frage gestellt. Das Verwaltungsgericht sieht denn auch nicht, inwiefern die Regelung gegen die Bestimmung von Art. 416 ZGB verstossen könnte, zumal dieser Artikel vorschreibt, dass auch die Mühe, die der Verwaltung verursacht wird, als Kriterium berücksichtigt werden darf. Unter den Aufwand des Vormunds fällt die gesamte Tätigkeit für die Vermögensverwaltung wie diejenige für die persönliche Betreuung eines Mündels (Basler Kommentar, ZGB-Geiser, 3. Aufl., Basel 2006, Art. 416 N. 2). Der Mandatsträger hat einen festen Anspruch auf Entschädigung. Es handelt sich nicht um ein nobile officium, das grundsätzlich auch unentgeltlich auszuüben wäre (BGE 113 II 395). Mit anderen Worten, die Entschädigung steht dem Vormund selbst dann zu, wenn das Mündel kein Vermögen hat oder gar von der Sozialhilfe abhängig ist.

c) Die Vormundschaftsbehörde L hat für die Dauer vom 14. Januar 2004 bis zum 31. Oktober 2005 eine Entschädigung in der Höhe von Fr. 1'000.– festgesetzt. Begründet wurde dieser Entscheid mit der Uneinsichtigkeit des Beschwerdeführers sowie der mangelnden Kooperationsbereitschaft. Der Beschwerdeführer bestreitet dies und macht geltend, der Aufwand sei überhaupt nicht ausgewiesen. Aus den Akten geht jedoch hervor, dass der Beschwerdeführer zweifelsfrei einen unverhältnismässig hohen Aufwand verursacht hat. So ist es ihm gelungen, trotz gesperrtem Konto durch Austricksen der Schalterbeamtin Geld von seinem Konto bei der TKB abzuheben. Ebenfalls konnte er erreichen, dass ihm BVG-Guthaben, auf deren Auszahlung er noch keinen Anspruch hatte, ausbezahlt wurden. Weiter musste sich die Vormundschaftsbehörde auch um die ausstehenden Mietzinse und damit die drohende Ausweisung aus der Wohnung kümmern. Bereits die ehemalige Beiständin gab zu Protokoll, dass der Beschwerdeführer uneinsichtig und nicht kooperationsbereit war. Zum selben Urteil gelangte auch der provisorisch eingesetzte Vormund. Damit ist aber der überdurchschnittliche Aufwand, den der Beschwerdeführer durch sein Verhalten verursacht hat, den Akten offensichtlich zu entnehmen.
Er ist überhaupt nicht in der Lage, mit seinen finanziellen Mitteln umzugehen und entwickelt eine geradezu kriminelle Energie, wenn es darum geht, Geld zu beschaffen, auch wenn keine eigentlichen Straftatbestände gegeben sind. Unter diesen Umständen spielt es keine entscheidende Rolle, dass die Vormundschaftsbehörde L keine eigentlichen Zeitaufschriebe präsentieren kann. Der überdurchschnittliche Aufwand, den der Beschwerdeführer verursacht hat, lässt sich auch so ohne Mühe den Akten entnehmen. Wenig relevant sind in diesem Zusammenhang auch die vom Beschwerdeführer nachträglich eingereichten beziehungsweise behaupteten Schulden in der Höhe von Fr. 14'700.–, woraus gemäss Beschwerdeführer statt eines Positivsaldos von Fr. 10'668.95 ein Negativsaldo von Fr. 4'000.– bestehen soll. Wie gesagt, die Höhe der Entschädigung ist zwar auch unter Berücksichtigung des Vermögensertrages festzulegen, doch ist dies gemäss Art. 416 ZGB nicht das Hauptkriterium.

Entscheid vom 13. Dezember 2006

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