TVR 2006 Nr. 21
Einkünfte aus Arbeitsverhältnis: Beitrag des Arbeitgebers an Weiterbildungskosten
Art. 17 Abs. 1 DBG, § 18 Abs. 1 StG, Art. 7 Abs. 1 StHG
Der Einkommensbegriff wird weit interpretiert: Darunter fällt auch der Beitrag des Arbeitgebers an die Weiterbildungskosten.
P war Ingenieur FH in Automobiltechnik und absolvierte das Nachdiplomstudium Betriebswirtschaft und Management für Ingenieure (was steuerrechtlich als nicht abziehbare Weiterbildungskosten taxiert wurde). Darüber hinaus rechnete die Veranlagungsbehörde P den vom Arbeitgeber ausbezahlten hälftigen Beitrag an die Weiterbildungskosten als Einkommen auf. Das dagegen erhobene Rechtsmittel des Steuerpflichtigen wies die Steuerrekurskommission ab. Das Verwaltungsgericht heisst die Beschwerde Ps bezüglich Aufrechnung des Arbeitgeberbeitrages als Einkommen gut.
Aus den Erwägungen:
3. Aufgrund des Antrages der Kantonalen Steuerverwaltung, den Einspracheentscheid zu bestätigen, ist ebenso über die Aufrechnung von Fr. 2'850.– beim Einkommen zu befinden. Dabei handelt es sich um den (hälftigen) Beitrag des Arbeitgebers an die direkten Kosten des Lehrgangs (Fr. 5'700.–).
Gemäss dem Grundsatz von § 18 StG unterliegen alle wiederkehrenden oder einmaligen Einkünfte der Einkommensbesteuerung. Als Einkommen gelten auch Naturalbezüge jeder Art, insbesondere freie Verpflegung und Unterkunft, sowie der Wert selbst verbrauchter Erzeugnisse und Waren des eigenen Betriebes. Bei unselbständiger Erwerbstätigkeit sind alle Einkünfte aus Arbeitsverhältnissen mit Einschluss der Nebeneinkünfte steuerbar. Nach der Lehre sind steuerbar sämtliche geldwerten Vorteile, welche der Arbeitnehmer als Gegenleistung für seine Tätigkeit erhält, die er gestützt auf ein Arbeitsverhältnis ausübt (Richner/Frei/Kaufmann, Kommentar zum harmonisierten Züricher Steuergesetz, Zürich 1999, § 17 Rz 12; dieselben Autoren im Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 17 Rz 22).
Darunter kann der Arbeitgeberbeitrag an die Ausbildungskosten nicht subsumiert werden, fiel doch einerseits mehr als die Hälfte der Kurszeiten auf Samstage und lag doch andererseits die Ausbildung im Interesse des Arbeitgebers, der sich durch die interne Besetzung der Stelle des Abteilungsleiters ganz erhebliche Kosten hat einsparen können. Schliesslich ist die Ausbildung auch nicht die vertraglich vereinbarte Tätigkeit und darum der Arbeitgeberbeitrag keine Gegenleistung. Damit ergibt sich, dass die Aufrechnung der Fr. 2'850.– nicht gerechtfertigt ist.
Entscheid vom 26. April 2006
Die kantonale Steuerverwaltung gelangte mit Verwaltungsgerichtsbeschwerde ans Bundesgericht.
Aus dessen Erwägungen:
2.3.1 Entscheidend ist, ob die vom Arbeitgeber erbrachte Leistung Entgelt für die Arbeitstätigkeit des Steuerpflichtigen bildet und unmittelbar als Folge des Arbeitsverhältnisses ausgerichtet wird (vgl. auch Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, Therwil/Basel 2001, N. 20 zu Art. 17 DBG; Richner/Frei/ Kaufmann, a.a.O., N. 22 zu Art. 17 DBG). Ein solcher wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Leistung und Tätigkeit ist hier gegeben. Der Beitrag des Arbeitgebers an die Ausbildungskosten hat seinen Grund im Arbeitsverhältnis. Der Arbeitgeber war an dieser Ausbildung interessiert, weil er den Beschwerdegegner zum Abteilungsleiter befördern wollte, wofür die mit der Ausbildung vermittelten zusätzlichen Kenntnisse erforderlich waren. Dass der Beitrag nicht zur vertraglich vereinbarten Gegenleistung für die Erbringung der Arbeit gehört, ist entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht relevant. Ebenso wenig kommt es darauf an, dass mehr als die Hälfte der Kurszeiten auf Samstage und damit nicht in die vereinbarte Arbeitszeit des Beschwerdegegners fiel.
2.3.2 Der vorliegende Fall ist im Übrigen durchaus vergleichbar mit zwei Beispielen aus der kantonalen bzw. zürcherischen Rechtsprechung: Ein an der Universitätsklinik tätiger Oberarzt erhielt einen Beitrag aus dem Kredit zur Förderung des akademischen Nachwuchses zwecks Vorbereitung auf die Habilitation, die Voraussetzung für die Beibehaltung der Stelle bildete; es bestand insofern ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis, weshalb Erwerbseinkommen anzunehmen war (vgl. ZBl 57/1956 S. 516).
Desgleichen waren Leistungen an den Arbeitnehmer zur Förderung einer berufsbegleitenden Zusatzausbildung nicht als steuerfreie «Unterstützungen», sondern als Einkünfte aus unselbständiger Erwerbstätigkeit zu betrachten (vgl. StE 1998 B 22.2 Nr. 14; siehe zum Ganzen auch Locher, a.a.O., N. 21 f. zu Art. 17 DBG). Es geht hier auch nicht um den Ersatz von Spesen. Dieser ist gegeben bei der Vergütung von Auslagen, die dem Arbeitnehmer durch die Ausführung der Arbeit im Sinne von Art. 327a OR entstanden sind, was insofern nicht steuerbaren Auslagenersatz darstellt (vgl. Locher, a.a.O., N. 24 zu Art. 17 DBG; Richner/Frei/Kaufmann, a.a.O., N. 44 zu Art. 17 DBG; siehe auch StE 2003 B 22.3 Nr. 76, 2P.254/2002, E. 4.2). 2.3.3 Die Frage, ob der umstrittene Beitrag als Einkunft aus dem Arbeitsverhältnis im Sinne von Art. 17 Abs. 1 DBG betrachtet werden muss, ist demnach zu bejahen.
Urteil vom 29. November 2006 (2A.381 und 382/2006)