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TVR 2006 Nr. 24

Materielle Enteignung


Art. 5 Abs. 2 RPG


1. Bei der Frage des Vorliegens einer materiellen Enteignung ist entscheidend, ob von einer Nichteinzonung oder einer Auszonung auszugehen ist (E. 2). Fall einer Auszonung.

2. Bei der Frage der besseren Nutzung eines Grundstücks in naher Zukunft kommt der Erschliessungsfrage besonderes Gewicht zu. Wenn hiezu kein Gestaltungsplan notwendig ist, kann davon ausgegangen werden, eine Überbauung hätte in naher Zukunft realisiert werden können (E. 3).

3. Frage der Schwere des Eingriffs bei einer Auszonung von rund 40% einer gut 5'000 m2 aufweisenden Parzelle (E. 4).

4. Legt die Enteignungskommission den Verkehrswert ohne Anhörung der entschädigungspflichtigen Gemeinde fest, liegt darin eine Verweigerung des rechtlichen Gehörs. Heilung des Mangels im Verfahren vor Verwaltungsgericht (E. 5).


P ist Eigentümer der Parzelle Nr. 278 im Grundbuch A im Umfang von 5'083 m2. Im Zonenplan der ehemaligen Ortsgemeinde A war die gesamte Parzelle der Wohn- und Gewerbezone zugewiesen. Am 1. Oktober 1995 schlossen sich die früheren Ortsgemeinden B, C und A zur Politischen Gemeinde A zusammen. Der neue Gemeinderat führte als ersten Schritt die Zonenpläne der drei Ortsgemeinden zusammen und passte die Reglemente den neuen Gesetzesbestimmungen an. Das DBU genehmigte die so zusammengefügten Ortsplanungsinstrumente am 29. Februar 2000. Im Genehmigungsentscheid hielt es unter anderem fest: «Die Gemeinde darf jedoch nicht übersehen, dass es ihr gemäss § 113 PBG noch obliegt zu prüfen, ob die Nutzungspläne die materiellen Vorschriften des PBG erfüllen. Beispielsweise müssen diese Pläne auf Grund § 33 PBG in erhöhtem Masse als bis anhin dem Grundsatz der haushälterischen Bodennutzung entsprechen.» Die Überprüfung durch den Gemeinderat und die angestellte Flächenkapazitätsberechnung offenbarte grosse Baulandreserven und zeigte, dass diese im Hinblick auf die neue Struktur der Politischen Gemeinde A teilweise am falschen Ort lagen. Die Berechnung wies eine Flächenkapazität von 136% für die Bauzonen und von 162% für das Siedlungsgebiet beziehungsweise eine Einwohnerkapazität von 148% für die Bauzonen und von 180% für das Siedlungsgebiet aus. Insbesondere auf Grund des Vorprüfungsberichts des DBU prüfte der Gemeinderat eine Reduktion der Baulandreserven und nahm mit den betroffenen Grundeigentümern, unter anderem mit P, Kontakt auf. Es wurde ihm die Absicht mitgeteilt, den nördlichen Parzellenteil zur Dorf- und Weilerzone und den südlichen Teil im Umfang von rund 2'000 m2 zur Landwirtschaftsund Landschaftsschutzzone zuzuweisen. Gegen die entsprechende Verfügung legte P Einsprache und Rekurs ein, nachdem die Gemeindeversammlung die revidierte Ortsplanung angenommen hatte. Letztlich wies auch das Verwaltungsgericht am 10. Dezember 2003 ab.
Am 9. Juni 2004 reichte P bei der Enteignungskommission Klage ein, worin er insbesondere die Feststellung des Vorliegens einer entschädigungspflichtigen materiellen Enteignung verlangte. Die Enteignungskommission entschied am 11. Juni 2006, die Gemeinde werde verpflichtet, den Kläger für die materielle Enteignung der in der Landwirtschafts- und der Landschaftsschutzzone liegenden südlichen Teilfläche von Parzelle Nr. 278 mit Fr. 153 pro m2 zu entschädigen und auferlegte der Gemeinde eine Verfahrensgebühr von Fr. 3'500.–. Dagegen legte die Politische Gemeinde A Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein und beantragte Aufhebung des Entscheides der Enteignungskommission. Das Verwaltungsgericht weist ab.

Aus den Erwägungen.

2. a) Eine materielle Enteignung im Sinne von Art. 26 Abs. 2 BV und Art. 5 Abs. 2 RPG liegt vor, wenn dem Eigentümer der bisherige oder ein voraussehbarer künftiger Gebrauch einer Sache untersagt oder in einer Weise eingeschränkt wird, die besonders schwer wiegt, weil der betroffenen Person eine wesentliche, aus dem Eigentum fliessende Befugnis entzogen wird. Geht der Eingriff weniger weit, so wird gleichwohl eine materielle Enteignung angenommen, falls einzelne Personen so betroffen werden, dass ihr Opfer gegenüber der Allgemeinheit unzumutbar erscheint und es mit der Rechtsgleichheit nicht vereinbar wäre, wenn hierfür keine Entschädigung geleistet würde.
In beiden Fällen ist die Möglichkeit einer künftigen besseren Nutzung der Sache indessen nur zu berücksichtigen, wenn im massgebenden Zeitpunkt anzunehmen war, sie lasse sich mit hoher Wahrscheinlichkeit in naher Zukunft verwirklichen. Unter besserer Nutzung eines Grundstücks ist in der Regel die Möglichkeit zu einer Überbauung zu verstehen (BGE 131 II 733 E. 2, 123 II 481 E. 6a).
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung liegt eine – grundsätzlich entschädigungslos hinzunehmende – Nichteinzonung vor, wenn eine Liegenschaft bei der erstmaligen Schaffung einer raumplanerischen Grundordnung, welche den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Anforderungen entspricht, keiner Bauzone zugewiesen wird. Dies gilt nicht nur bei der Revision altrechtlicher, vor Inkrafttreten des RPG (1. Januar 1980) erlassener Zonenpläne, sondern auch bei der Anpassung von Zonenplänen, die zwar unter der Herrschaft des RPG in Kraft getreten sind, aber materiell nicht auf die bundesrechtlichen Planungsgrundsätze ausgerichtet waren. Eine – grundsätzlich entschädigungspflichtige – Auszonung wird dagegen angenommen, wenn ein Nr. 24 110 Grundstück durch einen bundesrechtskonformen Nutzungsplan der Bauzone zugeteilt worden war und aufgrund einer Zonenplanrevision der Nichtbauzone zugeteilt wird (BGE 131 II 728 E. 2.3, 122 II 326, E. 5c).

b) Eine Nutzungsordnung entspricht dann den materiellen Anforderungen des RPG, wenn sie die strikte Abgrenzung von Bau- und Nichtbaugebiet nach den Kriterien von Art. 15 RPG und Art. 1 bis 3 RPG vornimmt. Ist dem so, so sind in der Regel Redimensionierungen als Auszonungen und nicht als Nichteinzonungen zu qualifizieren, namentlich wenn die Bauzonen an sich sachgerecht bemessen wurden, sich die Dimensionierung indessen erst hinterher beispielsweise wegen der demografischen Entwicklung und wegen neuer Verdichtungs- beziehungsweise Umnutzungsmöglichkeiten als zu gross erweist (Waldmann/Hänni, Raumplanungsgesetz, Bern 2006, N. 56 zu Art. 5). Die Gemeinde macht diesbezüglich im Wesentlichen geltend, auch nach der Zonenplanrevision 2002 habe das DBU die Bauzonenflächen als fraglos zu gross eingestuft. Daraus lasse sich ableiten, dass bei den rund 15 bis 20 Jahre zurückliegenden früheren Zonenplanrevisionen 1982 und 1987 viel zu grosse Baulandreservekapazitäten vorhanden gewesen sein müssten. Von einer RPG-konformen Zonenplanung könne nicht gesprochen werden.
Das Verwaltungsgericht hat in seinem erwähnten Entscheid vom 10. Dezember 2003 festgehalten, die Verhältnisse hätten sich erheblich geändert, so wegen des Inkrafttretens verschiedener Gesetzesänderungen, insbesondere aber aufgrund der Zusammenführung der drei Ortsgemeinden zur Politischen Gemeinde A.
Im Vorprüfungsbericht des DBU zur Teilrevision der Ortsplanung 2002 vom 8. November 2001 wird festgehalten, dass die neu gebildete Politische Gemeinde A über eine uneinheitliche Ortsplanung verfüge, teils aus der zweiten Hälfte der 80er, teils aus den 90er Jahren. Die Verhältnisse hätten sich derart erheblich verändert, dass eine raumplanerische Überprüfung unumgänglich sei. Zudem hätten die Gemeinden gemäss § 113 PBG die erforderlichen materiellen Anpassungen an das PBG bis zum 31. März 2001 vorzunehmen. Die Vorgaben zur kantonalen Siedlungsstruktur gemäss dem kantonalen Richtplan seien von besonderer Bedeutung. Insbesondere aufgrund der Bildung der Politischen Gemeinde A hätten sich die Verhältnisse (im Sinne von Art. 21 RPG) derart geändert, dass eine umfassende raumplanerische Überprüfung unumgänglich werde. Nachdem die neue Gemeinde in einem ersten Schritt die Pläne und Reglemente der ehemaligen Ortsgemeinden im Jahre 2000 zusammengefügt habe, gelte es nun im zweiten Schritt, den Zonenplan im Hinblick auf die materiellen Vorschriften des PBG zu revidieren, wobei «in erhöhtem Masse» auf das Postulat der haushälterischen Bodennutzung zu achten sei. Dazu wird festgehalten, die Fortführung der Einwohnerentwicklung der letzten zwanzig Jahre bis ins Jahr 2015 ergebe einen geringeren Baulandbedarf als im neuen Zonenplan ausgewiesen sei. Gemäss verschiedenen neueren Prognosen und Szenarien der Einwohnerentwicklung sei auch im Kanton Thurgau mit einer verminderten Zuwachsrate zu rechnen. Die Gemeinde werde deshalb angewiesen, noch intensivere Anstrengungen zur Reduktion des Baugebietes zu unternehmen. Alles dies weist klar darauf hin, dass es sich bei der Reduktion der Bauzonenflächen um eine Anpassung an wesentlich geänderte Verhältnisse im Sinne von Art. 21 Abs. 2 PBG handelt, insbesondere an die neue Gemeindestruktur, an den neuen kantonalen Richtplan, an die Vorschriften des RPG und des neuen PBG, an die Erkenntnisse bezüglich Bevölkerungsentwicklung sowie an die tatsächlich seit den letzten Zonenplanrevisionen der einzelnen Ortsgemeinden eingetretene Bevölkerungsentwicklung. Somit kann keine Rede davon sein, dass der ursprüngliche Zonenplan der ehemaligen Ortsgemeinde A aus dem Jahre 1987 den materiellen Anforderungen des RPG nach damaligen Erkenntnissen nicht entsprochen hätte. Dementsprechend war auch der damalige Zonenplan, das heisst die damalige Ortsplanung vom Regierungsrat genehmigt worden. Dass möglicherweise die gesamthaft zusammenfallenden Ortsplanungen der verschiedenen Gemeindeteile eine nicht optimale Gesamtplanung darstellten, kann durchaus sein. Das ändert aber nichts daran, dass die Planung grundsätzlich RPG-konform war. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass die Zuweisung des südlichen Teils der fraglichen Parzelle nicht einer Nichteinzonung, sondern einer Auszonung gleichkommt.

3. a) Unter besserer Nutzung eines Grundstückes ist in der Regel die Möglichkeit seiner Überbauung zu verstehen (BGE 131 II 730 E. 2). Allerdings darf der Begriff der «nahen Zukunft» nicht eng ausgelegt werden (Waldmann/Hänni a.a.O., N. 40 zu Art. 5). Bei der Frage, was unter «naher Zukunft» zu verstehen sei, sind die Fristen, mit denen die Planung zu rechnen hat, zu berücksichtigen. Der Planungshorizont für Bauzonen beträgt gemäss Art. 15 lit. b RPG fünfzehn Jahre. Nach Ablauf dieser Frist ist der Nutzungsplan grundsätzlich zu überprüfen und nötigenfalls anzupassen, wobei bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse eine Überprüfung schon vor Ablauf dieser Fristen vorzunehmen ist (BGE 131 II 734).
P hatte damit rechnen müssen, dass die Nutzungsplanung einer Revision zu seinen Ungunsten unterzogen würde. Es muss deshalb die Frage gestellt werden, ob er die Parzelle am Stichtag, das heisst bei Inkrafttreten des «provisorischen Eingriffs» (Waldmann/Hänni, a.a.O., N. 74 zu Art. 5) hätte überbauen können. Dabei wird auf den Stichtag der Genehmigung der Zonenplanänderung abgestellt. Das DBU genehmigte diese am 1. April 2003, jedoch unter Vorbehalt allfälliger Rechtsmittelentscheide. Da P die entsprechende Zonenzuweisung anfocht, trat die Genehmigung erst mit dem erwähnten Entscheid des Verwaltungsgerichts in Kraft.

b) Die beschwerdeführende Gemeinde führt an, der östliche, nicht überbaute Parzellenteil der Parzelle Nr. 278 sei im neuen Zonenplan als Gebiet mit Gestaltungsplanpflicht ausgeschieden worden, was letztlich auch einen Gestaltungsplan für die südliche Hälfte indiziere. Sodann beruft sie sich auf § 60 Ziff. 3 PBG und erinnert daran, der fragliche Parzellenteil liege exponiert am Dorfeingang im Bereich der Landschaftsschutzzone, während der in der Bauzone verbliebene Parzellenteil in der Dorfkern- und Weilerzone liege, in welcher dem Ortsbildschutz ein besonderes Augenmerk zu schenken sei. In dieser Situation hätte es, so die Gemeinde, zur Überbauung der rund 5'000 m2 grossen Parzelle Nr. 278 eines Gestaltungsplans zur Herstellung der Baureife bedurft.
Auszugehen ist indessen von den rechtlichen Voraussetzungen, wie sie vor Inkrafttreten der Nutzungsplanänderung gegolten haben. Der ausgezonte südliche Teil der Parzelle Nr. 278 lag gemäss Änderungsplan zuvor in der Zone WG 2. Es ist nicht ersichtlich, dass diesbezüglich besondere Schutz-oder Einordnungsvorschriften vorgeherrscht hätten.
Dass für die Überbauung der bereits teilweise überbauten Parzelle Nr. 278 zwingend ein Gestaltungsplan entsprechend den Anforderungen von § 61 PBG notwendig gewesen wäre, ist nicht ersichtlich. Weder wären erhebliche Auswirkungen auf die Nutzungs- und Erschliessungsordnung, die Umwelt oder das Orts- und Landschaftsbild vorauszusehen, noch wäre mit ausserordentlichen Gefahren für Benützer und Nachbarschaft zu rechnen. Wohl sind gemäss § 37 PBG Baugebiete in der Regel im Rahmen eines Gestaltungsplanes zu erschliessen und baureif zu machen. Indessen ist ein solcher im vorliegenden Fall klar nicht nötig, geht es doch im Wesentlichen nur um die Feinerschliessung innerhalb der Bauparzelle und den Ausbau der bestehenden Stichstrasse (Parzelle Nr. 290). Ein neues Erschliessungskonzept, welches allenfalls die Erstellung eines Gestaltungsplanes erfordert hätte, wäre nicht notwendig gewesen (vgl. TVR 2004 Nr. 31, S. 148).

c) Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass selbst die Notwendigkeit der Erstellung eines Gestaltungsplanes nicht von Vornherein gegen die Realisierungswahrscheinlichkeit einer künftigen Überbauung spräche. Das Erfordernis zur Erarbeitung eines solchen Sondernutzungsplanes stellt dann kein Hindernis für die Bebauung in naher Zukunft dar, wenn der zu erstellende Plan allein den Zweck hat, die Modalitäten der zulässigen Nutzung im Detail zu regeln, ohne den Zweck der Nutzung im betreffenden Gebiet zu verändern (Waldmann/Hänni, a.a.O., N. 43 zu Art. 5). Selbst wenn also im vorliegenden Fall ein Gestaltungsplan vorgängig eines Baubewilligungsverfahrens verlangt worden wäre, hätte dies für sich allein genommen nicht gegen die Überbaubarkeit in naher Zukunft gesprochen (vgl. Pra 2006, Nr. 4, S. 31). Wesentlich in diesem Zusammenhang ist auch, dass die Grundeigentümer gemäss § 21 Abs. 2 PBG den Erlass eines Gestaltungsplans beantragen oder eigene Planentwürfe zur Beschlussfassung einreichen können. Somit hätte es P in der Hand gehabt, die Erstellung eines Gestaltungsplanes aus eigener Kraft zu bewirken. Dabei spielten die Verfahrensdauern für den rechtskräftigen Erlass eines Gestaltungsplanes und für die Baubewilligung zur Beantwortung derFrage der Überbaubarkeit in naher Zukunft keine Rolle (zu alldem BGE 131 II 159 f. E. 2.5). Ebenso spielte keine Rolle, dass P bisher nie eine bauliche Nutzung angestrebt hatte, wie die Gemeinde geltend macht.

d) Die Gemeinde bringt vor, der ausgezonte Parzellenteil sei nicht erschlossen. Sie stützt sich dabei auf den erwähnten Verwaltungsgerichtsentscheid. Das auf dieser Parzelle bereits bestehende Wohngebäude sei durch eine schmale, nicht asphaltierte Stichstrasse mit der Hauptstrasse verbunden. In dieser Stichstrasse würden sich auch die Werkleitungen befinden. Das ganze übrige Areal sei von diesen Erschliessungsanlagen abgeschnitten. Zudem müsse der Flurweg (Parzelle Nr. 290), welcher entlang der westlichen Parzellengrenze führe, aufwändig ausgebaut werden. Der in der Bauzone verbleibende östliche, nicht überbaute Teil der Parzelle Nr. 278 sei im Erschliessungsprogramm in die letzte Etappe verwiesen worden.
Unbestrittenermassen führen heute schon alle Leitungen für Wasser, Abwasser und Elektrizität zum teilweise überbauten Teil der Parzelle Nr. 278, das heisst zur Liegenschaft Ps. Anscheinend führt die Abwasserleitung sogar einige Meter weiter in den südlichen Teil. Die Elektrizitätsversorgung muss nicht, wie das Verwaltungsgericht im erwähnten Entscheid festgehalten hat, über die Kantonsstrasse in die Parzelle gezogen werden, da ein entsprechender Anschluss an den an der nördlichen Parzellengrenze vorhanden Verteilkasten möglich ist. Von diesem Verteilpunkt aus führen bereits elektrische Leitungen in den südlichen Teil der Parzelle.
Wenn die Gemeinde darauf verweisen lässt, der unüberbaute östliche Teil der Parzelle Nr. 278 (nach wie vor im Baugebiet) sei der letzten Erschliessungsetappe zugeteilt, so betrifft dies nicht in erster Linie die Versorgung mit Werkleitungen, sondern offensichtlich die strassenmässige Erschliessung. Dabei handelt es sich um einen Parzellenteil in der zweiten Bautiefe (von der Staatsstrasse aus gesehen), welcher wohl strassenmässig über die bestehende Stichstrasse erschlossen werden kann. Diese Etappierung wurde jedoch erst in der neuen Richtplanung vorgenommen, ist also im massgeblichen Zeitpunkt nicht zu berücksichtigen. Bezüglich der entlang der westlichen Parzellengrenze verlaufenden drei bis vier Meter breiten Gemeindestrasse (Parzelle Nr. 290) mit Kieskofferung (gemäss Feststellung der Enteignungskommission), welche bis zum südlichen Ende der Parzelle Nr. 278 führt und nach Äusserung der Gemeinde als blosse Wiesenfläche in Erscheinung tritt, ist klarerweise für die Erstellung der Baureife ein entsprechender Ausbau notwendig. Dieser Ausbau beinhaltet zumindest eine Befestigung der Strassenoberfläche. Diese bestehende Gemeindestrasse ist indessen zur Erschliessung des Baugebietes bestimmt und befindet sich bereits im von der Gemeinde festzulegenden Netz der Gemeindestrassen. Somit wären hier weitere planerischen Massnahmen nicht notwendig. Aufwändig dürfte ein Ausbau angesichts der Kleinheit der zu erschliessenden Fläche (über 2’000 m2) ja sowieso nicht sein.
Gemäss Art. 22 Abs. 2 lit. b RPG ist die Voraussetzung einer Baubewilligung, dass das Land erschlossen ist. Dies bedeutet, dass die erforderlichen Wasser-, Energie- und Abwasserleitungen so nahe heran führen, dass ein Anschluss ohne erheblichen Aufwand möglich ist. Das Erfordernis der hinreichenden Erschliessung umfasst sowohl die Grob- als auch die Feinerschliessung. Zudem ist eine für die betreffende Nutzung hinreichende Zufahrt notwendig. Diese Erschliessungsanlagen müssen indessen im Zeitpunkt der Baubewilligung nicht tatsächlich vorhanden sein. Es genügt, wenn in diesem Zeitpunkt gewähr-leistet ist, dass das Grundstück spätestens im Zeitpunkt der Realisierung des Bauvorhabens über die erforderliche Erschliessung verfügt (Waldmann/Hänni, a.a.O., N. 61 f. zu Art. 22).
Im Lichte der Erschliessungspflicht gemäss Art. 19 Abs. 2 RPG und der Möglichkeit, dass bei nicht fristgemässer Erschliessung von Bauzonen der Grundeigentümer die Anlagen selber erstellen kann (Abs. 3), sowie insbesondere im Lichte der im Bau- und Kanalisations-Reglement der damaligen Ortsgemeinde A enthaltenen Verpflichtung der Gemeinde zur Planung und Realisierung der zur Baureife der Grundstücke notwendigen öffentlichen Erschliessungsanlagen erscheint es klar, dass die noch notwendige Erschliessung auf der Parzelle Ps samt notwendigem Ausbau der bestehenden Stichstrasse zur Verpflichtung der Gemeinde gehörte und für den Zeitpunkt der Erstellung der Baute als gesichert vorausgesetzt werden könnte. Schliesslich geht die Erschliessungspflicht auch aus § 35 Abs. 1 PBG hervor. Dazu hat das Bundesgericht (betreffend einen nicht völlig vergleichbaren Fall) im Urteil 1A.74/2004 E. 3.6 (= BGE 131 II 72 ff.) ausführt, dass in Auszonungsfällen die Realisierungswahrscheinlichkeit nicht überspannt werden dürfe und dass angesichts der in Art. 19 RPG verankerten Erschliessungspflicht des Gemeinwesens namentlich der Umstand nicht zum Ausschluss der Entschädigungspflicht führen dürfe, dass das ausgezonte Grundstück nicht oder nicht vollständig erschlossen sei.
Die bundesgerichtliche Rechtsprechung hält selbst bei Nichteinzonungen die Feinerschliessung für eine Entschädigungspflicht nicht für erforderlich (BGE125 II 435/36; Hänni, Materielle Enteignung durch Änderung eines RPG-konformen Nutzungsplanes, BR/DC 2004 S. 56 f.). Die im vorliegenden Fall noch notwendigen weiteren Erschliessungsmassnahmen hätten seitens der Gemeinde ohne Weiteres vorgenommen werden müssen und wären mit einem durchaus verhältnismässigen Aufwand verbunden gewesen. Die Erschliessung wäre auf den Zeitpunkt der Erstellung der Baute gesichert gewesen. Damit kann davon ausgegangen werden, dass im massgeblichen Zeitpunkt in naher Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Überbauung hätte realisiert werden können.

4. Die Gemeinde macht geltend, der Eingriff sei entschädigungsrechtlich nicht hinreichend schwer. Lediglich rund 2'000 m2 der insgesamt 5'083 m2 messenden Parzelle seien dem Nichtbaugebiet zugeschieden worden. Im verbleibenden Parzellenteil könnten problemlos drei Einfamilienhäuser realisiert werden. Die Gemeinde bezieht sich insbesondere auf das im ZBl 1997 S. 368 ff. zitierte Bundesgerichtsurteil vom 21. August 1996. Dabei übersieht sie, dass in jenem Fall, in welchem zwei Parzellen infolge Baulinienfestsetzungen für die Erstellung einer Umfahrungsstrasse in die Freihaltezone zugewiesen worden waren, weder je einzeln noch zusammen baulich sinnvoll nutzbar waren. Das Bundesgericht kam zur Überzeugung, die Eingriffsintensität sei nicht hinreichend schwer. Jenem Urteil lag eine Einschränkung auf 28 Doppeleinfamilienhäuser gegenüber 42 zu Grunde (also etwa ein Drittel). In diesem Urteil hält das Bundesgericht fest, die Eigentumsgarantie gewährleiste nicht die dauernde bestmögliche Ausnutzung einer Baulandparzelle. Mit Änderungen im zulässigen Nutzungsmass, die im öffentlichen Interesse lägen, müsse der Grundeigentümer grundsätzlich rechnen, ohne dass er dafür entschädigt werde. Im vorliegenden Fall ist eine Teilfläche von rund 2'000 m2, das heisst rund 40% der Gesamtfläche der Parzelle, ausgezont worden. Wäre dieser Teil eine eigene Parzelle, würde wohl die Diskussion darüber, ob die Eingriffsintensität genügend hoch sei, gar nicht geführt werden. Zudem war vor dem Eingriff, wie dargelegt worden ist, die Parzelle durchaus baulich nutzbar.
Im zweiten von der Gemeinde herangezogenen Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern (BVR 1995, S. 167) erfolgte eine «Herabzonung» mit einem entsprechenden Ausnutzungsverlust von 45%. Dieses bernische Urteil trägt somit für den vorliegenden Fall nichts bei.
Im Urteil des Bundesgerichtes vom 14. Dezember 1983 (ZBl 1984 S. 366 ff.) ging es um ein Grundstück im Ausmass von 4'030 m2, dessen unüberbauter südlicher Teil im Umfang von 950 m2 ausgezont wurde. Der in der Bauzone verbleibende Teil war mit einer stattlichen Villa überbaut. Eine weitere bauliche Nutzung des nördlichen Teils erschien noch möglich. Der ausgezonte südliche Teil konnte als Umschwung und Garten benutzt werden. Eine Überbauung des südlichen Teils hätte die Aussicht aus der bestehenden Überbauung beeinträchtigt und diese entwertet. Diese Auszonung stellte somit auch einen werterhaltenden Faktor dar.
Bezüglich der Eingriffsintensität entscheidend ist nicht allein die prozentuale Wertverminderung, sondern ob auf der betreffenden Parzelle eine bestimmungsgemässe, wirtschaftlich gute Nutzung weiterhin möglich ist. Diese Rechtsprechung bezieht sich insbesondere auf die Einschränkung des Nutzungsmasses und die Art der baulichen Nutzung (vgl. beispielsweise BGE 123 II 489 E. 6d). In den Fällen, in welchen eine Eigentumsbeschränkung nur den Teil eines grösseren Ganzen trifft, ist grundsätzlich vom Objekt als Ganzem auszugehen, vorbehältlich besonderer Umstände, die diese Betrachtungsweise als unbillig erscheinen lassen. Derartige Umstände liegen beispielsweise gemäss BGE 89 I 385 f. vor, wenn ein Bauverbot allein auf jenem Teil eines Grundstücks gilt, der sich für eine Überbauung tatsächlich auch eignet. Die Doktrin fordert, dass jedenfalls die selbständig verwertbaren Teile des betroffenen Objektes bei der Beurteilung der Eingriffsintensität für sich allein betrachtet werden sollten, da andernfalls Eigentümer grosser Parzellen regelmässig benachteiligt würden (Riva, Hauptfragen der materiellen Enteignung, S. 268 f.). In BGE 101 Ib 290 E. 9b wird festgehalten, dass die Berücksichtigung des Ganzen nicht absolut gilt, sondern die besonderen Umstände zu berücksichtigen sind. Ändern sich die Voraussetzungen infolge der planerischen Einschränkung, unter denen die Parzelle gekauft worden war (zur Erstellung eines Fabrikgebäudes, was nun ausgeschlossen war), so liege ein schwerer Eingriff vor. So ist eine schlechte tatsächliche Eignung des betroffenen Objektes für den entzogenen Gebrauch ein Indiz für eine geringe Eingriffsintensität. Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Allerdings behauptet die Gemeinde, P könne auf der in der Bauzone verbleibenden Restparzelle problemlos noch beispielsweise drei Einfamilienhäuser verwirklichen. Indessen ist zu berücksichtigen, dass die Restparzelle nun nicht mehr der WG2, sondern der Dorfkern- und Weilerzone zugewiesen ist. Die Überbauungsmöglichkeit ist dadurch und durch die neu eingeführte Gestaltungsplanpflicht eingeschränkt. Auch liegt der noch überbaubare Teil der Parzelle neu in einer späteren Erschliessungsphase, so dass sich auch daraus eine erhebliche Einschränkung ergibt.
Zudem ist der südliche Teil der Parzelle nicht derart «organisch» mit der in der Bauzone verbleibenden Restparzelle und deren Bebauung verbunden, wie in erwähntem Entscheid betreffend die stattliche Villa. Es kann nicht behauptet werden, die südliche Restparzelle bleibe zum Werterhalt des bisherigen Wohnhauses am besten unüberbaut und diene als Garten und Umgebung. Dafür ist der südliche, ausgezonte Parzellenteil zu gross und zu geeignet zur Bebauung. Daraus ergibt sich, dass der südliche Parzellenteil durchaus auch in seiner Dimensionierung zur Abparzellierung geeignet ist. Wäre das eher zufällige Element der Abparzellierung erfüllt, so bestünde – wie gesagt – wohl kaum Anlass zur Diskussion darüber, ob ein erheblicher Eingriff in die Eigentumsrechte im Sinne einer materiellen Enteignung vorliege. Obwohl das Bundesgericht in der Regel die gesamthafte Betrachtung vornimmt und eine theoretische Abparzellierung ausser Acht lässt, erscheint dies im vorliegenden Fall doch notwendig. Es handelt sich also um einen hinreichend schweren Eingriff.

5. a) Die Gemeinde rügt schliesslich, sie habe zur Schätzung des Verkehrswertes durch die Enteignungskommission nicht Stellung nehmen können. Dies trifft, soweit ersichtlich, zu. Darin liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs. Allerdings führt das nicht zur Kassation des Entscheides, da die Rechtsverletzung im laufenden Verwaltungsgerichtsverfahren ohne weiteres als geheilt betrachtet werden kann, hat die Gemeinde doch in diesem Verfahren dazu Stellung genommen und kommt dem Verwaltungsgericht volle Überprüfungsbefugnis zu.

b) Die Gemeinde bemängelt, der geschätzte Landpreis stimme nicht mit den effektiv bezahlten Kaufpreisen für unerschlossenes Land überein. Die Schätzungskommission sei von mindestens groberschlossenem Land ausgegangen. Deshalb habe sie den Verkehrswert zu hoch eingestuft. Ob die Schätzung in den übrigen Punkten nicht nachvollziehbar ist, wird in der Beschwerdeschrift nicht thematisiert.
Die beiden Mitglieder der Enteignungskommission führen in ihrem Schätzungsbericht vom 24. Mai 2005 entsprechend dem durchschnittlichen Verkaufspreis vergleichbarer Grundstücke gemäss Amtsbericht des Grundbuchamtes einen Verkehrswert von Fr. 190.– pro m2 an. Der entsprechende Amtsbericht vom 29. April 2005 führte Handänderungen in der Zeitspanne vom 1. Januar 2003 bis zum 29. April 2005 an. Allerdings fanden im Berichtszeitraum nur zehn Handänderungen von Baulandparzellen statt. Zwei Parzellen waren lediglich teilweise erschlossen und erzielten Preise von Fr. 131.– beziehungsweise Fr. 177.– pro m2. Erschlossene Parzellen erzielten Verkaufspreise zwischen Fr. 161.– und Fr. 225.– pro m2. Die Beschwerdeführerin selber biete vollerschlossenes Bauland zu Preisen um Fr. 185.– pro m2 an. Nachdem (mit Ausnahme der Annahme der Groberschliessung) gegen diese Schätzungsgrundlagen nicht explizit opponiert worden ist, erscheint der entsprechende Verkehrswert von Fr. 190.– und die für die noch notwendige Erschliessung geschätzte Aufwendung von Fr. 30.– pro m2 als angemessen, auch wenn nicht zu verkennen ist, dass die Erschliessungskosten für den Strassenausbau nur auf die Grundstücke in der Bauzone und nicht auch auf diejenigen in der Landwirtschaftszone überwälzbar sind. Ebenfalls unbestritten geblieben ist der zum Abzug gelangende Verkehrswert für Landwirtschaftsland in der Höhe von Fr. 7.– pro m2. Der höchstzulässige Verkaufspreis nach BGBB entsprechend der Festsetzung durch das Landwirtschaftsamt beläuft sich auf Fr. 7.50 pro m2. Auch dieser Wert, der von keiner Seite in Frage gestellt worden ist, ist nachvollziehbar. Damit ist der zu entschädigende Wert von Fr. 153.– pro m2 nicht zu beanstanden.

Entscheid vom 13. Dezember 2006

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