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TVR 2007 Nr. 12

Namensänderungsgesuch einer geschiedenen Mutter für ihre Kinder


Art. 30 ZGB


1. Subjektive Gründe für eine Namensänderung sind grundsätzlich bedeutungs­los. Eine Namensänderung ist nur zu bewilligen, wenn der Name zu andauern­der Verunglimpfung führt (E. 2b).

2. Es besteht kein Grund für eine Namensänderung von Kindern, die bei ihrer wiederverheirateten Mutter leben und bereits den Nachnamen deren neuen Ehemannes tragen. Auch das gestörte Verhältnis der Kinder zu ihrem leiblichen Vater stellt keinen rechtsgenüglichen Grund dar (E. 2f).


Klara Fischer (Name geändert) stellte dem Amt für Handelsregister und Zivilstandswesen am 11. Oktober 2004 namens ihrer sechs Kinder das Gesuch um Änderung des Familiennamens sowie des Bürgerrechts. Ihre Kinder mit dem Nachnamen Buchser wünschten den gleichen Familiennamen, den sie als leibliche Mutter (nämlich Fischer) trage. Die Kinder hätten herausgefunden, dass ihr Vater, Adolf Buchser (Name geändert) und dessen heutige Frau via Internet Paare und Frauen für Liebesspiele und dergleichen suchten, dies mit direkter Veröffentlichung von eigenen Fotos. Dafür schämten sich die grösseren Kinder und wünschten nicht mehr in Verbindung mit ihrem Vater und dessen heutiger Frau gebracht zu werden. Auch hätten sie die Beziehung zu ihm aus diesem Grund abgebrochen. Die Kinder verwendeten alle schon heute den Nachnamen Fischer. Der Vater A. Buchser gebe allerdings seine Zustimmung zur Namensänderung nicht. Das DJS wies das Gesuch am 12. März 2007 ab. Die dagegen gerichtete Beschwerde weist das Verwaltungs­gericht ab.

Aus den Erwägungen:

2. a) Gemäss Art. 30 Abs. 1 ZGB i.V. mit § 11 Ziff. 3 lit. b EG ZGB kann das DJS einer Person die Änderung des Namens bewilligen, wenn wichtige Gründe vorliegen. Solche sind gegeben, wenn das Interesse des Namens­trägers an einem neuen Namen dasjenige der Verwaltung und der Allgemein­heit an der Unveränderlichkeit des einmal erworbenen und in die Register eingetragenen Namens sowie an Kennzeichnung des Einzelnen überwiegt (BGE 126 III2; 120 II277; 117 II 277 = Pra 1992,129). Ob ein Grund für eine Namensänderung vorliegt, ist eine Ermessensfrage, die im Sinne von Art. 4 ZGB von der zuständigen Behörde nach Recht und Billigkeit zu beantworten ist. b) Art. 30 ZGB geht davon aus, dass grundsätzlich jedermann den ihm von Gesetzes wegen zustehenden Namen zu tragen hat (BGE 99 Ia 563). Der Name soll dem Namensträger aber auch das Fortkommen ermöglichen und erleichtern; aus dem Namen sollen jedoch nicht wirkliche Nachteile oder erhebliche Unannehmlichkeiten erwachsen (BGE 120 II 277). Die Namensänderung hat den Zweck, ernstliche Nachteile, die mit dem bisheri­gen Namen verbunden sind, zu beseitigen, wobei vor allem moralische, geisti­ge und seelische, aber auch wirtschaftliche oder administrative Interessen im Spiel stehen können (BGE 124 III402; 108 II 4). Diese Interessen sind jedoch nach objektiven Kriterien und somit danach zu werten, wie der zu ändernde Name auf die Umwelt wirkt. Subjektive Gründe des Namensträgers bleiben bei dieser Wertung grundsätzlich bedeutungslos (BGE 5C.2/1993, publiziert in: ZZW 61/1993 S. 298 f. und BGE 5C.9/2006 vom 26. Juni 2006). Eine Änderung des Namens ist denn auch nur zu bewilligen, wenn dieser zu andau­ernder Verunglimpfung des Trägers führt (Häfliger, Die Namensänderung nach Art. 30 ZGB, Zürich 1996, S. 221).

c) Zur Frage der Namensänderung bei Kindern, was vorliegend Prozessthema ist, sind in der Rechtsprechung zahlreiche Entscheide vorzufinden. Vom Gedanken geleitet, dass dem Kind nicht (mehr) miteinander verheirateter Eltern gesellschaftliche Nachteile erwachsen, wenn aufgrund des Namens seine aussereheliche Geburt erkennbar werde, gestand ihm das Bundes­gericht früher grundsätzlich ein legitimes Interesse daran zu, seinen Namen mit demjenigen der sozialen Familie in Einklang zu bringen (statt vieler: BGE 119 II 309). Die Änderung des Familiennamens wurde regelmässig ebenfalls in Fällen bewilligt, in denen ein Kind nach der Scheidung der Eltern bei der Mutter lebte und diese ihren Namen wieder angenommen hatte (vgl. BGE 109 II 177; 110 II 433) oder die Mutter wieder geheiratet und das Kind in die mit dem Stiefvater neu gegründete Familie aufgenommen hatte (vgl. BGE 99 Ia 561).
Schon seit einigen Jahren ist das Bundesgericht von dieser eher grosszügigen Praxis abgewichen, weil die hohe Scheidungsrate und die verschiedenen Vornamen von Patchwork-Familien es mit sich bringen, dass in unserer Gesellschaft viele Familienformen existieren, bei denen unterschiedliche Nachnamen getragen werden.

d) Die sich wiederverheiratende Mutter behält entweder ihren früheren Familiennamen und heisst somit gleich wie die Kinder aus erster Ehe oder aber sie stellt ihren ursprünglichen «Mädchennamen» dem neuen Verheirate­tennamen vor oder aber sie nimmt den Namen ihres neuen Ehemannes an. Bei ihrer erneuten Eheschliessung hat die Mutter den Familiennamen Fischer vorangestellt. Die Kinder, die durch Geburt den Namen des verheirateten Vaters angenommen haben (Art. 270 Abs. 1 ZGB), haben diesen Namen durch die Scheidung der Eltern nicht verloren und heissen heute somit Buchser.
Die Kinder bringen vor, dass der Lebenswandel des Vaters (Internetfotos) und der schlechte Kontakt zu ihm (keine Ausübung des Besuchsrechtes) zu einer Entfremdung respektive zu seelischen Konflikten führen. Es ist zu prü­fen, ob dies oder allenfalls die Tatsache, dass dem ältesten Bruder die Namensänderung bewilligt worden war, dazu führen kann, dass allen fünf Kindern diese Namensänderung gestattet wird.

e) Das Bundesgericht hat mehrfach bestätigt, dass die blosse Wieder­herstellung der Namensidentität zwischen Kind und sorgeberechtigter Mutter eine Namensänderung nicht zu rechtfertigen vermöge (z. B. BGE 124 III 401). Im vorliegenden Fall wird dieses Argument denn auch von den Beschwerdeführern nicht in den Mittelpunkt gestellt. Die Mutter hat von sich aus wieder einen neuen Namen, nämlich den Nachnamen ihres zweiten Ehemannes, angenommen und damit in Kauf genommen, dass ihre Kinder nicht denselben Namen tragen würden.

f) Gemäss BGE 121 III 145 genügt die Frage des subjektiven Empfindens für eine Namensänderung nicht. Negative Gefühlszustände, welche die Gesuch­steller mit ihrem Namen verbinden, oder ein allfälliger schwererer Elternkonflikt genügen nicht, um einem Gesuch um Namensänderung statt­zugeben. Dass der Name Buchser in irgendeiner Weise objektiv negativ behaftet sein soll, wird zu Recht nicht behauptet und liegt auch nicht vor. Ob die Kinder Buchser oder Fischer heissen, wird für deren Fortkommen in objektiver Hinsicht grundsätzlich irrelevant sein. Ebenso irrelevant ist, dass die Kinder offenbar ohne entsprechende Namensänderung seit gewisser Zeit den Namen Fischer verwenden. Im nichtbehördlichen Verkehr kann ihnen dies niemand verwehren, doch hat dies keine präjudizielle Wirkung. Die Hauptargumentation der Gesuchsteller und Beschwerdeführer liegt beim Verhalten des Vaters, der Nacktbilder von sich und seiner heutigen Ehefrau ins Internet gestellt haben soll, mit entsprechenden Hinweisen auf mögliche Aktivitäten mit anderen Paaren.
Im vorliegenden Fall ist nicht weiter zu untersuchen, inwieweit der Vater tatsächlich die Bilder auf der Internetseite deponiert hat, ob diese Internetseite nur gegen Gebühr und nach Nachweis der Volljährigkeit zugänglich ist oder ob sich die Sachlage ganz anders präsentiert. Offen­sichtlich liegt kein strafbares Verhalten vor und kein direktes Fehlverhalten im Zusammenhang mit den Kindern. Ob die Kinder tatsächlich von Kollegen auf diese Tatsache aufmerksam gemacht wurden, ist ebenso irrelevant wie die Frage, ob auch Nacktbilder von der Mutter existieren und woher diese stam­men. Der Elternkonflikt hat dazu geführt, dass das Verhältnis zwischen den Kindern und dem Vater gestört ist. Die Beschwerdeführer übertragen nun die Ablehnung des Vaters auf dessen beziehungsweise ihren Namen. Dies kann aber grundsätzlich nicht genügen, denn eine Namensänderung würde das Verhältnis kaum verbessern. Im Gegenteil, die Abgrenzung zum Vater würde wohl dadurch noch verstärkt. Dass die seelische Gesundheit der Kinder durch den neuen Namen verbessert werden könnte, ist nicht nachvollziehbar. Schwierig für sie ist wohl der Umstand, dass die Mutter den Kindern den Nachnamen Fischer schon längere Zeit beigab, ohne dafür eine Bewilligung zu haben. Es ist kaum anzunehmen, dass die zum Teil noch kleineren Kinder selbst auf die Idee gekommen sind, den Namen des neuen Ehemannes der Mutter anzunehmen. Kann die Namensänderung nicht bewilligt werden, hat es vor allem die Mutter zu verantworten, dass die Kinder sich allenfalls wei­terhin mit einem Doppelnamen auseinandersetzen müssen. Der Eltern­konflikt wie auch das offenbar schwierige Verhältnis zwischen dem Vater und seinen Kindern unterscheidet sich nicht wesentlich von vielen anderen Konflikten in geschiedenen Verhältnissen. Würde der vorliegende Sachver­halt genügen, um eine Namensänderung zu erwirken, wäre die vom Gesetz angestrebte Stabilität und Kontinuität bei Nachnamen kaum mehr zu gewähr­leisten.

Entscheid vom 12. September 2007

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