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TVR 2007 Nr. 19

Anordnung von Ersatz-Schutzmassnahmen durch das DBU


§ 16 TG NHG


Ist eine Gemeinde verpflichtet, ein als besonders wertvoll eingestuftes Objekt zu schützen, und bleibt sie untätig, so hat das DBU Ersatzmassnahmen anzuord­nen. Diese sind sofort vollstreckbar.


Die Klosterkirche in L gilt als Kulturobjekt von nationaler Bedeutung und steht seit 1964 unter dem Schutz der Eidgenossenschaft. Im kantonalen Hinweisinventar wird der Klosterkomplex als «besonders wertvoll» einge­stuft. Die Kirchgemeinde L als Eigentümerin der Klosteranlagen beabsich­tigt, die Kellerräumlichkeiten unter der Klosterkirche neben der Gruft zu einem Mehrzwecksaal mit Nebenräumen umzubauen. Ein vom Bundesamt für Kultur eingeholtes Gutachten gelangte jedoch zum eindeutigen Schluss, dass ein solches Vorhaben ganz erhebliche negative Auswirkungen auf die Gebäude haben könnte. Trotzdem reichte die Kirchgemeinde ein Baugesuch ein. Das DBU, dem das Projekt via die Politische Gemeinde L (nachfolgend: PG L) vorgelegt worden war, teilte der Gemeinde mit, dass das Baugesuch aus denkmalpflegerischen und bauphysikalischen Gründen nicht bewilli­gungsfähig sei. Wenn die Gemeinde das Projekt trotzdem bewillige, müsse das DBU die erforderlichen Anordnungen nach § 16 Abs. 2 TG NHG erlas­sen. Dennoch erteilte der Gemeinderat L für ein praktisch identisches Projekt die Baubewilligung.
Das DBU hob die erteilte Baubewilligung auf und erliess gleichzeitig vorsorg­lich ein umfassendes Eingriffsverbot gemäss § 16 TG NHG. Darüber hinaus wurde die PG L aufgefordert, bis spätestens Ende 2004 für die Klosterkirche L die erforderlichen Anordnungen im Sinne von § 10 TG NHG zu erlassen. Für den Fall, dass diese Frist unbenutzt verstreichen sollte, werde das DBU die erforderlichen Anordnungen erlassen. Dagegen erhob die Kirchgemeinde L Beschwerde beim Verwaltungsgericht, das abweist.

Aus den Erwägungen: 3. a) Grundsätzlich ist es Sache der Ortsgemeinden (beziehungsweise heute der Politischen Gemeinden), den Schutz und die Pflege erhaltenswerter Objekte durch Reglemente oder Nutzungspläne nach dem PBG zu sichern.
Zum gleichen Zweck können die Ortsbehörden Anordnungen über erhal­tenswerte Einzelobjekte durch Entscheid treffen (§ 10 Abs. 1 TG NHG). Für den Fall, dass eine Gemeinde ihren gesetzlichen Verpflichtungen nicht nach­kommt, räumt § 16 TG NHG dem DBU die Kompetenz ein, nach erfolgloser Mahnung gegenüber den Gemeinden die Anordnungen gemäss § 10 zu tref­fen. Um den bestehenden Zustand zu erhalten oder drohenden Schaden abzuwenden, kann das Departement zudem nach erfolgloser Mahnung gegenüber der Ortsbehörde die Einstellung von Eingriffen und allfällige wei­tere Schutzmassnahmen verfügen. Solche Verfügungen sind sofort vollstreck­bar. Für das weitere Verfahren sind § 12 Abs. 2 und § 16 Abs. 1 anwendbar (§ 16 Abs. 2 TG NHG). Nach § 12 Abs. 1 TG NHG können auch die Ortsgemeinden sofort vollstreckbare Schutzmassnahmen erlassen, um den bestehenden Zustand zu erhalten oder drohenden Schaden abzuwenden. Eine vorsorgliche Massnahme ist ohne Verzug durch einen Entscheid über den Erlass einer Anordnung gemäss § 10 abzulösen (§ 12 Abs. 2 TG NHG).

b) Dass es sich bei der ehemaligen Klosterkirche L um ein Kulturobjekt von nationaler Bedeutung handelt, ist unbestritten (vgl. hierzu auch die Stellungnahme des Bundesamtes für Kultur inklusive den beigelegten Dienstbarkeitsvertrag von 1964). Die Kirche ist zudem im kantonalen Hinweisinventar als «besonders wertvoll» aufgeführt. Am 14. August 2002 wandte sich der Chef des DBU an die Gemeinde L. Er wies noch einmal auf die negative Beurteilung durch den Bundesexperten hin. Man gehe davon aus, dass die Gemeinde dementsprechend über ein Baugesuch entscheiden werde und das Departement auf den Erlass von Schutzmassnahmen nach § 16 Abs. 2 TG NHG verzichten könne. Zudem müsse ein Gesuch für Eingriffe in geschützte Objekte gemäss § 24 TG NHG den rechtsmittelberechtigten Organisationen mitgeteilt werden.
Die Meinung des Chefs des DBU ist nach Auffassung des Verwaltungs­gerichts unmissverständlich und stellt, da ihr offensichtlich nicht Folge geleistet wurde, die von § 16 TG NHG verlangte «erfolglose Mahnung» dar. Dennoch hat die Gemeinde keine weiteren Schutzmassnahmen getroffen und sogar noch die Baubewilligung erteilt. Das Vorgehen des DBU ist letztlich Folge der Weigerung des Gemeinderates L, seinen gesetzlichen Verpflich­tungen nachzukommen. Die Verfügung des DBU beruht auf einer klaren gesetzlichen Grundlage und ist absolut korrekt. Unter diesen Umständen von einem «erheblichen autonomen Ermessensspielraum der Politischen Gemeinde» zu sprechen, der angeblich verletzt worden sei, ist bemühend. Das Nichthandeln des Gemeinderates stellt eine klare Rechtswidrigkeit dar, weshalb das DBU nicht nur berechtigt, sondern geradezu verpflichtet war, die Ersatzmassnahmen zu treffen. Hierzu gehört nebst der Aufhebung der Baubewilligung eben auch die Anordnung eines absoluten Eingriffsverbots. Von einer Verletzung des Verhältnismässigkeitsprinzips kann nicht gesprochen werden, da nur ein absolutes Eingriffsverbot den Schutz der unterirdischen Räumlichkeiten sicherstellt. Zudem war eine Sofortmassnahme zu treffen, was in aller Regel bedeutet, dass zur Sicherung bedrohter Interessen zunächst einmal (nur) eine summarische Prüfung, wenn auch möglichst umfassend, erfolgt. Nach wie vor und bis vor kurzem hat die PG L keinerlei Anstalten getätigt, in irgendeiner Art Schutzmassnahmen zu ergreifen, obwohl sie dazu vom DBU unmissverständlich verpflichtet wurde. Auf die angesetzte Frist hat die PG L keinerlei Reaktion gezeigt. Wäre die PG L ihrer gesetzlichen Aufgabe, die sie schon vor der Ermahnung vom 14. August 2002 hätte erfüllen müssen, nachgekommen, wäre das vorliegende Verfahren zwei­felsohne nicht nötig geworden. Somit erweist sich die vom DBU ergriffene vorsorgliche Massnahme mit einem absoluten Eingriffsverbot bis zur Ablösung durch entsprechende definitive Gemeindemassnahmen durchaus als gerechtfertigt. Sie verletzt weder das Verhältnismässigkeitsprinzip, noch die Eigentumsgarantie, zumal der Vorwurf, wenn schon, an die Gemeinde zu erheben wäre, die durch ihr Nichtstun den provisorischen Zustand herbeige­führt hat.

Entscheid vom 16. Mai 2007

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