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TVR 2007 Nr. 38

Kostengutsprache bei ausserkantonalem Heimaufenthalt


§ 3 Abs. 1 IHV, § 7 SHV


Eine Wohnsitzgemeinde kann nicht verpflichtet werden, für einen ihrer Einwohner, der sich ausserkantonal in einem Heim aufhält, Kostengutsprache zu leisten, wenn er sich in guten finanziellen Verhältnissen befindet und weder verbeiständet noch bevormundet ist.


F ist blind und trat deswegen 1989 in die B Werkstätten in St. Gallen ein, wo er beschäftigt ist. Ob und inwieweit er dort auch wohnt, geht nicht aus den Akten hervor; unbestritten ist jedoch, dass sich sein zivilrechtlicher Wohnsitz in der Thurgauer Gemeinde O befindet. F ist weder verbeiständet noch bevormundet. Am 10. Juli 2006 reichte das Amt für Soziales des Kantons St. Gallen beim Fürsorgeamt des Kantons Thurgau zum ersten Mal (nach 17 Jahren Aufenthalt im Heim) ein Kostengutsprachegesuch für die Übernahme des Restdefizits nach IHV ein. Das Fürsorgeamt leitete das Gesuch an die Fürsorgebehörde O weiter. Die Gemeinde O weigerte sich jedoch, eine Kos­tengutsprache abzugeben und teilte mit, man gehe davon aus, das Rechts­verhältnis zwischen den B Werkstätten und F sei ein zivilrechtliches und er komme für die Kosten primär selber auf. Die Steuerfaktoren Fs liessen zudem aufgrund eines nicht unbeträchtlichen steuerbaren Vermögens keinen Zweifel daran, dass er in der Lage sei, die Kosten und damit auch das soge­nannte Restdefizit vollumfänglich selbst zu tragen. In der Folge erliess das Fürsorgeamt Thurgau eine Verfügung, gemäss welcher die Gemeinde O für die Übernahme eines allfälligen Restdefizits ab dem 13. Juli 2006 in den B Werkstätten in St. Gallen für F zuständig erklärt werde. Dieser Entscheid ersetze eine Kostengutsprache auf dem entsprechenden Formular der Heim­verbindungsstelle des Kantons St. Gallen.
Gegen diesen Entscheid erhob die Fürsorgebehörde O beim DJS Rekurs, der abgewiesen wurde. Das Verwaltungsgericht heisst die dagegen erhobene Beschwerde gut.

Aus den Erwägungen:

3.a) Der Kanton Thurgau ist mit Wirkung ab dem 1. Januar 1987 der IHV beigetreten. Die IHV will die Unterbringung betreuungsbedürftiger Personen in Heimen ausserhalb des Wohnsitzkantons erleichtern, soweit im eigenen Kanton nicht genügend geeignete Plätze vorhanden sind oder wenn das Wohl des Unterzubringenden das Verlassen des bisherigen Kreises oder den Aufenthalt in einem besonders spezialisierten Heim erfordert. Um diese aus­serkantonale Unterbringung zu erleichtern, vergüten die Vereinbarungs­kantone einander die Betriebsdefizite für in einem Heim oder in einer Einrichtung ausserhalb des Kantons untergebrachte Einwohner anteilsmässig nach den Bestimmungen der IHV (Art. 3 Abs. 1 IHV). Durch die IHV soll vermieden werden, dass der Standortkanton des Heims Betriebsdefizite zu tragen hat, die von Personen aus anderen Kantonen verursacht wurden (TVR 2002, Nr. 39; Erläuterungen des DFS zur Heimvereinbarung vom Juni 1998). Mit dem Beitritt zur IHV ist der Kanton Thurgau gegenüber den andern Beitrittskantonen eine Verpflichtung eingegangen, nämlich die Verpflichtung, bei ausserkantonalen Platzierungen von Behinderten oder Jugendlichen und Kindern den durch diese Personen verursachten Anteil am Betriebsdefizit zu vergüten. Damit ist aber noch nicht gesagt, wer innerhalb des Kantons Thurgau die entsprechenden Kosten zu tragen beziehungsweise die Kostengutsprachen, die gemäss Art. 16 Abs. 1 IHV zu leisten sind, zu erteilen hat. Für die innerkantonale Regelung findet sich lediglich die Bestimmung von § 7 SHV, wonach das Fürsorgeamt die für das Restdefizit gemäss Heimverein­barung zuständige Gemeinde im Kanton bestimmt.

b) Das Verwaltungsgericht hat schon in mehreren Urteilen klargestellt, dass durch die Bestimmung von § 7 SHV Gemeinden nicht verpflichtet werden können, Kostengutsprachen zu leisten, wenn hierfür nicht die Voraus­setzungen von § 4 oder 5 SHV gegeben sind. Das heisst also, dass nur dann eine (allenfalls subsidiäre) Kostengutsprache zu leisten ist, wenn die ausser-kantonal platzierte Person entweder hilfsbedürftig ist oder allenfalls in unsi­cheren oder schlechten finanziellen Verhältnissen lebt (§§ 4 und 5 Abs. 1 SHV; vgl. hierzu TVR 2002, Nr. 39; V 172 vom 19. Mai 2004). Ist die in einem Heim untergebrachte Person bevormundet, jedoch vermögend, so hat das Verwaltungsgericht aus § 7 SHV gefolgert, dass beim Rechtsvertreter bezie­hungsweise Beistand der untergebrachten Person eine persönliche Erklärung einzuholen sei, wonach diese die Kosten für das Restdefizit selbst trägt. Im vorliegenden Fall ist jedoch F nicht verbeiständet, geschweige denn bevor­mundet. In diesen Fällen kann daher mangels ausdrücklicher gesetzlicher Grundlage von den Gemeinden nicht mehr verlangt werden, als dass sie die finanziellen Verhältnisse der untergebrachten Person überprüfen und her­nach der Fürsorgebehörde die entsprechenden Angaben mitteilen. Für eine weitergehende Verpflichtung der Gemeinde, insbesondere zur Leistung einer Kostengutsprache für eine Person, die weder in schlechten noch in unsicheren finanziellen Verhältnissen lebt, fehlt ganz klar die entsprechende gesetzliche Grundlage. Das Verwaltungsgericht hat denn auch schon mehrfach darauf hingewiesen, dass die innerkantonale Gesetzgebung schlecht mit der IHV vereinbar ist, zumal der Kanton Thurgau bisher als einziger Kanton keine Betriebsbeiträge (Defizitbeiträge) an die entsprechenden Institutionen auf dem Kantonsgebiet ausrichtet. Dies dürfte sich mit der Umsetzung des NFA (neuer Finanzausgleich) aber wohl ändern. Das DFS hat offenbar versucht, das Problem mittels eines am 4. November 2005 ergangenen Rundschreibens zu lösen. Ein solches Rundschreiben kann aber nicht die eigentlich notwendi­ge gesetzliche Grundlage ersetzen und muss daher für die Beurteilung der vorliegenden Angelegenheit unbeachtlich bleiben. Mit der Abklärung der finanziellen Verhältnisse Fs ist die Fürsorgebehörde O ihren durch die SHV gegebenen Pflichten nachgekommen. Eine weitere Verpflichtung zum Tätig-werden besteht für sie nicht, schon gar nicht zur Leistung einer – allenfalls subsidiären – Kostengutsprache.

Entscheid vom 28. März 2007

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