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TVR 2008 Nr. 15

Ausbildungsbeiträge für die gymnasiale Ausbildung, Beginn der Anspruchsberechtigung


Art. 8 Abs. 1 BV, § 4 Abs. 3 StipG


1. Gemäss Wortlaut von § 4 Abs. 3 StipG werden für gymnasiale Ausbildungen vor dem 10. Schuljahr keine Beiträge ausgerichtet. Der Gesetzgeber meint damit aber die Schulstufe und nicht die Anzahl absolvierter Schuljahre. Mithin erhält Beiträge erst, wer sich auf der 10. Schulstufe, also auf der 2. Maturitätsstufe befindet (E. 2b).

2. Darin liegt keine Ungleichbehandlung gegenüber beitragsberechtigten Lehrlingen, die ihre Lehre in der Regel erst nach neun Schuljahren beziehungsweise neun Schulstufen anfangen können und sich somit im ersten Lehrjahr (auch) in der 10. Schulstufe befinden (E. 2c).


G, Jahrgang 1991, begann im Herbst 2006 die Ausbildung an der gymnasialen Maturitätsschule in Frauenfeld. Nach nicht bestandener Probezeit wechselte er in die dritte Sekundarstufe der Gemeinde K. In der Folge konnte er im Herbst 2007 wieder in die Kantonsschule aufgenommen werden und besuchte ab dann die 1. Maturitätsklasse. Im Januar 2008 ersuchte Gs Vater im Namen seines Sohnes um Ausbildungsbeiträge für den Besuch der 1. Maturitätsabteilung. Das Amt für Mittel- und Hochschulen wies das Gesuch ab. Dagegen legte Gs Vater Rekurs beim DEK ein, das ebenfalls abwies, da für das 9. Schuljahr keine Beträge ausgerichtet würden. § 4 Abs. 3 StipG lasse Stipendien erst ab dem 10. Schuljahr zu. Auch das Verwaltungsgericht weist ab.

Aus den Erwägungen:

2. a) Im Zentrum der Auseinandersetzung steht die Frage, ob dem Beschwerdeführer im 1. Schuljahr an der Maturitätsklasse der Kantonsschule und nach Ablauf von neun Schuljahren ein Anspruch auf Ausbildungsbeiträge zusteht. Zu klären ist auch die Frage der Rechtsgleichheit in der Behandlung des vorliegenden Falles im Verhältnis zu Personen, die nach 9 Schuljahren eine Berufslehre absolvieren.

b) § 4 Abs. 3 StipG hält fest, dass für Ausbildungen auf der Volksschulstufe, für Brückenangebote im Anschluss an die Volksschule sowie für gymnasiale Ausbildungen vor dem 10. Schuljahr keine Beiträge ausgerichtet werden. Zu fragen und zu entscheiden ist, ob der Gesetzgeber, der von Schuljahren spricht, nicht eigentlich die Schulstufe und nicht die Anzahl absolvierter Schuljahre meint.
Gemäss § 1 der Verordnung des Regierungsrates über die Maturitätsabteilung an den thurgauischen Kantonsschulen dauert die Ausbildung an der Maturitätsabteilung vier Jahre. Es sind dies die Schulstufen 9 bis 12. Die 10. Schulstufe entspricht der 2. Maturitätsklasse. (...) Die Aufnahmeprüfung zur Maturitätsabteilung wird gemäss § 3 der Verordnung des Regierungsrates über die Aufnahme in die Maturitätsschulen sowie in die Fach- und Handelsmittelschule in der Regel nach der 2. Klasse der Sekundarschule durchgeführt (Abs. 1), kann aber auch nach dem 3. Sekundarschuljahr erfolgen (Abs. 2). Nach § 4 Abs. 1 dieser Verordnung erfolgt die Aufnahme in die 1. Klasse der Maturitätsabteilung der Kantonsschulen. Dies gilt für Schüler, welche die Prüfung nach der 2. Sekundarschule, als auch für solche, welche die Prüfung erst nach der 3. Sekundarschule absolvieren.
Dementsprechend befinden sich Jugendliche des ersten Jahres der Maturitätsstufe immer in der 9. Schulstufe, unabhängig davon, ob sie aus der 2. oder 3. Sekundarstufe an die Maturitätsstufe gelangt sind. Obwohl der Beschwerdeführer schon 9 Jahre zur Schule geht, befindet er sich, wenn er in der 1. Maturitätsabteilung ist, trotzdem in der 9. und nicht in der 10. Schulstufe. Da Stipendien erst ab dem 10. Schuljahr, also der 10. Schulstufe, was der 2. Maturitätsstufe entspricht, ausbezahlt werden, hat der Beschwerdeführer im 1. Maturitätsjahr keinen Anspruch auf Stipendien. Die einleitend in E. 2b gestellte Frage ist deshalb zu bejahen.

c) Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, dass er, wenn er nach Abschluss der 3. Sekundarstufe eine Berufslehre anfinge, Stipendien erhalten würde, beim Besuch der Maturitätsklasse aber nicht. Dies sei eine Ungleichbehandlung. Eine Berufslehre kann erst nach Abschluss der ordentlichen Schulzeit von neun Jahren (§ 38 Abs. 1 VSG) angefangen werden. Obwohl das Gesetz von Jahren spricht, sind auch hier nicht die absolvierten Jahre, sondern Stufen gemeint. Die Schulzeit dauert folglich nicht neun Jahre, sondern neun Schulstufen, also bis zum Abschluss der 3. Sekundarstufe. Nach § 38 Abs. 2 VSG kann das Departement die vorzeitige Entlassung aus der Schulpflicht nur bewilligen, wenn triftige Gründe vorliegen. Gemäss § 18 der dazu gehörigen Verordnung (VSV) sind Gesuche um vorzeitige Entlassung aus der Schulpflicht begründet und dokumentiert dem Departement einzureichen (Abs. 1). Die Schulgemeinde kann aus wichtigem Grund die vorzeitige Beendigung der Schule anordnen oder bewilligen, wenn ein Kind die zur Erfüllung der Schulpflicht erforderlichen Schuljahre bereits absolviert hat (Abs. 2). Solche Fälle bilden allerdings die Ausnahme. Die Schulzeit dauert in der Regel bis zum Abschluss der 9. Schulstufe, auch wenn bis zu diesem Abschluss mehr (bei der Repetition einer Stufe) oder weniger (beim Überspringen einer Stufe) effektive Schuljahre absolviert worden sind. Es handelt sich demzufolge beim 1. Lehrjahr nicht um die 9. Schulstufe, wie dies beim 1. Maturitätsjahr der Fall ist, sondern in jedem Fall um die 10. Schulstufe. Dies gilt auch für den Fall, dass ein Schüler eine Klasse repetieren musste. Auch dann muss die 3. Sekundarstufe erst abgeschlossen werden, bevor eine Berufslehre angefangen werden kann. Die 1. Maturitätsklasse ist demgegenüber nicht die 10. Schulstufe, sondern immer die 9. Schulstufe. Das verkennt der Beschwerdeführer, weshalb seine Berufung auf das Gebot der rechtsgleichen Behandlung nicht zu hören ist.

Entscheid vom 10. September 2008

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