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TVR 2008 Nr. 42

Auflagen bei Wiedererteilung des Führerausweises; Haaranalyse


Art. 16 SVG, Art. 16 Abs. 3 SVG, Art. 17 Abs. 3 SVG


Wiedererteilung des Führerausweises unter Auflagen. Haaranalyse als Ergänzung zu Urin- und Blutanalysen zur Kontrolle einer Alkoholabstinenz.


Mit Verfügung vom 29. Februar 2008 hob das Strassenverkehrsamt eine frühere Verfügung vom 19. September 2007 betreffend vorsorglichen Entzug des Führerausweises von B auf und erlaubte ihm, unter Auflagen ab sofort wieder ein Motorfahrzeug zu führen. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus, B könne nach einem Gutachten der Führerausweis wieder erteilt werden, nachdem die Rechtsmedizinerin zum Schluss gelangt sei, dass die Fahreignung mit Auflagen gegeben sei. Die Aufhebung des vorsorglichen Entzuges erfolge ausdrücklich auf Zusehen und Wohlverhalten hin. B habe weiterhin eine kontrollierte Totalabstinenz sowie regelmässige Besprechungen bei einer Fachperson für Alkoholprobleme einzuhalten. Dem Strassenverkehrsamt seien unaufgefordert Zeugnisse über die Einhaltung der Totalabstinenz sowie ein Bericht des Therapeuten über den Verlauf der Fachtherapie einzureichen. In drei Monaten sei zudem eine Kontrolluntersuchung inkl. Ethylglucuronid-Haaranalyse durchzuführen. Die Auflage sei im Ausweis mit der Auflageziffer 101 einzutragen.
B erhob gegen diese Verfügung Rekurs und beantragte unter anderem, dass die von der Vorinstanz verfügte Ethylglucuronid-Haaranalyse nicht einzufordern sei. Die Rekurskommission weist ab.

Aus den Erwägungen:

3. Nach verwaltungsrechtlichen Grundsätzen können Bewilligungen mit Nebenbestimmungen verbunden werden, wenn sie aufgrund des Gesetzes ansonsten verweigert werden könnten. Führerausweise können deshalb aus besonderen Gründen befristet, beschränkt oder mit Auflagen verbunden werden. Dies ist nicht nur bei der Ausweiserteilung, sondern auch in einem späteren Zeitpunkt möglich, um Schwächen hinsichtlich der Fahreignung zu kompensieren. Solche Auflagen sind stets zulässig, wenn sie der Verkehrssicherheit dienen und mit dem Wesen der Fahrerlaubnis im Einklang stehen. Erforderlich ist, dass sich die Fahreignung nur mit dieser Massnahme aufrecht erhalten lässt und diese Auflagen erfüll- und kontrollierbar sind (vgl. zum Ganzen BGE 131 II 248 E. 6.1 und 6.2, mit zahlreichen Hinweisen). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung rechtfertigt es sich, Auflagen anzuordnen, wenn ein Fahrzeuglenker zum Alkoholmissbrauch neigt. Daran ändert auch nichts, wenn ein Fahrzeuglenker grundsätzlich über die Eignung verfügt, ein Fahrzeug zu lenken, weil keine Alkoholsucht im medizinischen Sinne besteht. Besteht jedoch eine Gefahr des Alkoholmissbrauchs, erscheint es verhältnismässig, wenn die Behörden die Fahrerlaubnis von der Einhaltung einer kontrollierten Abstinenz abhängig machen. Es ist in einem solchen Fall auch unerheblich, wenn sich diese Auflage teilweise auf einen Zeitraum erstreckt, in welchem dem Fahrzeuglenker infolge eines Warnungsentzuges die Fahrberechtigung entzogen worden ist (vgl. BGE 131 II 248 E. 6.3).

4. Nach der verkehrsmedizinischen Begutachtung kann die Fahreignung des Rekurrenten aus verkehrsmedizinischer Sicht zwar befürwortet werden, jedoch nur in Verbindung mit Auflagen. Zu diesen Auflagen gehört der Nachweis der Alkoholtotalabstinenz (regelmässige Besprechungen bei einer Fachperson für Alkoholprobleme und regelmässige Bestimmung der Laborwerte) sowie eine Kontrolluntersuchung nach drei Monaten inkl. Ethylglucuronid-Haaranalyse. Der Rekurrent hat keinerlei Einwendungen gegen die Feststellungen und Schlussfolgerungen des Gutachtens erhoben, sodass die Rekurskommission von dessen grundsätzlicher Richtigkeit auszugehen hat. Hingegen erachtet der Rekurrent die Durchführung einer Haaranalyse insofern als überflüssig beziehungsweise unverhältnismässig, weil bereits die Blutlaborwerte zum Nachweis der Alkoholtotalabstinenz ermittelt werden.
Mit der Haaranalyse steht der verkehrsmedizinischen Fahreignungsdiagnostik neben den bekannten Urin- und Blutanalysen inzwischen eine Methode zur Verfügung, die unter anderem eine retrospektive Beurteilung von Drogen- und Alkoholkonsumgewohnheiten und damit auch Abstinenzkontrollen gestattet. Hinsichtlich der Aussagekraft toxikologischer Untersuchungen bestehen deutliche Unterschiede an Haaren einerseits sowie an Blut und Urin andererseits, die auch ihren jeweiligen Einsatz bestimmen. Die Haaranalyse auf Drogen beziehungsweise Alkohol (Alkoholabbauprodukt Ethylglucuronid) lässt eine Aussage über einen Konsum noch nach mehreren Wochen oder Monaten zu, während eine entsprechende Aufnahme durch Blut- oder Urinuntersuchungen nur kurze Zeit (Stunden bis wenige Tage) nachweisbar ist. Die bisher allein praktizierten Urin- und Blutkontrollen lassen diagnostische Lücken und Raum für fortgesetzten Konsum zu, ohne dass es zu positiven Befunden kommen muss. Eine Haaranalyse kann diese diagnostischen Lücken erheblich verringern.
Von diesen Grundsätzen ausgehend erachtt die Rekurskommission deshalb den vom Rekurrenten geforderten Nachweis der Alkoholtotalabstinenz auch mittels Haaranalyse als zulässig und richtig. Diese ist zwar mit einem gewissen Aufwand verbunden, namentlich in finanzieller Hinsicht, gestattet aber andererseits eine bessere und lückenlosere Überwachung der Einhaltung der Auflage. Die Haaranalyse kann dabei sogar für den Rekurrenten entlastend wirken, was sich gerade an der laboratorischen Begutachtung zeigt. Aufgrund der Haaranalyse konnte ermittelt werden, dass der Rekurrent über einen Zeitraum von etwa sechs Monaten keinen relevanten Alkoholkonsum betrieben hatte, während die Blutuntersuchung des gleichen Tages einen erhöhten CDT-Wert von 2,9 ermittelt hatte, was auf einen übermässigen Alkoholkonsum in den Tagen vor der Untersuchung hinwies. (…)

Entscheid der Rekurskommission für Strassenverkehrssachen vom 23. Juni 2008

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