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TVR 2009 Nr. 17

Haftpflichtversicherung, Einziehung und Fremdplatzierung eines Hundes


§ 1 a HundeG, § 7 a HundeG


Kommt ein Hundehalter seinen finanziellen Verpflichtungen im Zusammenhang mit der Hundehaltung, so etwa der Bezahlung der Hundesteuer, trotz vorgängiger Mahnung nicht nach, kann der Hund bis zur Erfüllung dieser Verpflichtung auf Kosten des Hundehalters eingezogen, untergebracht und – falls die finanziellen Verpflichtungen innert angesetzter Frist noch immer nicht erfüllt werden – fremdplatziert werden (E. 2.3). Die Aufforderung zur Vorlage einer Police für die Haftpflichtversicherung ist recht- und verhältnismässig (E. 2.4).


Die Eheleute H zogen im Jahr 2007 in die Gemeinde Z und meldeten sich dort am 5. Oktober 2007 bei der Einwohnerkontrolle an. Sie sind Halter von sieben Hunden. Am 8. November 2007 forderte die Gemeinde Z die Eheleute H vergeblich auf, für das Jahr 2007 eine Hundesteuer für die sieben Hunde von total Fr. 860.– zu entrichten. Mit Schreiben vom 2. Juni 2008 wies die Gemeinde die Eheleute darauf hin, dass auch für das Jahr 2008 noch eine Hundesteuer von Fr. 860.– für die Hunde ausstehend sei. Am 19. Juni 2008 teilte die Gemeinde den Eheleuten H schriftlich mit, dass sie vom Betreibungsamt T einen Verlustschein wegen nicht bezahlter Hundesteuern im Betrag von Fr. 1‘853.50 erhalten habe und forderte die Eheleute H auf, bis spätestens 30. Juni 2008 den Nachweis einer Haftpflichtversicherung gemäss der kantonalen Hundegesetzgebung bei der Gemeindekanzlei abzugeben. Es folgte eine weitere – erfolglose – Aufforderung. Diese wurde mit der Androhung verbunden, dass bei unbenütztem Ablauf der Frist oder ungenügender Erfüllung die Hunde auf Kosten der Eheleute H eingezogen und an einem geeigneten Ort untergebracht würden. Am 8. September 2008 verfügte die Gemeinde, dass die sieben Hunde der Eheleute H auf deren Kosten bis zur Erfüllung der aufgelisteten Verpflichtungen eingezogen und im Tierheim B untergebracht würden. Zudem wurden die Eheleute H darauf aufmerksam gemacht, dass die Hunde fremdplatziert würden, wenn innert zwei Monaten ab Einziehung und Unterbringung die erwähnten Verpflichtungen nicht erfüllt und die anfallenden Kosten nicht beglichen würden.
Am 8. September 2008 verfügte die Gemeinde, dass sie sieben Hunde der Eheleute H auf deren Kosten bis zur Erfüllung der aufgelisteten Verpflichtungen eingezogen und im Tierheim B untergebracht würden. Zudem wurden die Eheleute H darauf aufmerksam gemacht, dass die Hunde fremdplatziert würden, wenn innert zwei Monaten ab Einziehung und Unterbringung die erwähnten Verpflichtungen nicht erfüllt und die anfallenden Kosten nicht beglichen würden.
Einen gegen diese Verfügung erhobenen Rekurs wies das DIV ab. Das Verwaltungsgericht weist ebenfalls ab.

Aus den Erwägungen:

2.
2.1 Gemäss § 1 HundeG unterliegt das Halten von Hunden staatlicher Kontrolle (Abs. 2) und es wird eine Hundesteuer erhoben (Abs. 3). Wer einen Hund hält, muss eine Haftpflichtversicherung mit einer Deckungssumme von mindestens Fr. 3‘000‘000.– abgeschlossen haben (§ 1a HundeG, in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung). In § 7a HundeG (ebenfalls in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung) werden die finanziellen Verpflichtungen von Hundehaltern aufgezählt; hierzu gehören insbesondere:
1. der Abschluss einer Haftpflichtversicherung gemäss § 1a;
2. die Bezahlung eines verlangten Kostenvorschusses und der Kosten für Massnahmen gemäss § 7;
3. die Bezahlung der Hundesteuer;
4. die Bezahlung der Kosten für die Kennzeichnung gemäss § 8. Kommt ein Hundehalter trotz vorgängiger Mahnung seinen finanziellen Verpflichtungen im Zusammenhang mit seiner Hundehaltung nicht nach, kann der Hund bis zur Erfüllung dieser Verpflichtungen auf Kosten des Hundehalters eingezogen und untergebracht werden. Werden die finanziellen Verpflichtungen innert angemessener Frist nicht erfüllt, kann der Hund fremdplatziert werden (§ 7a Abs. 1 und 3 HundeG, in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung).

2.2 (Die Erhebung der Hundesteuer 2007 und 2008 durch die Gemeinde Z erweist sich als rechtmässig.)

2.3 Die Beschwerdeführer wehren sich weiter gegen die von der verfahrensbeteiligten Gemeinde angeordnete bzw. für den Säumnisfall angedrohte Einziehung, Unterbringung und Fremdplatzierung der Hunde. Es trifft zwar zu, dass diverse Bestimmungen des Hundegesetzes, so namentlich § 7a, erst per 1. Januar 2008 in Kraft getreten sind. Die Möglichkeiten der Einziehung, Unterbringung und Fremdplatzierung der Hunde im Falle der Nichterfüllung der finanziellen Verpflichtungen durch die jeweiligen Hundehalter gemäss § 7a HundeG wurden vom Bundesgericht als rechtmässig erachtet (vgl. BGE 134 I 293). Nachdem die Beschwerdeführer – nebst der Hundesteuer für das Jahr 2007 – auch diejenige für das Jahr 2008 nicht fristgemäss bezahlt haben und ihren finanziellen Verpflichtungen somit klarerweise nicht nachgekommen sind, sind die Voraussetzungen für eine Einziehung, Unterbringung und gegebenenfalls Fremdplatzierung der Hunde, wie in der Verfügung der verfahrensbeteiligten Gemeinde vom 2./5. September 2008 angedroht, ohne weiteres erfüllt.

2.4 Strittig und zu überprüfen ist weiter die Frage der Haftpflichtversicherung.

2.4.1 (…)

2.4.2 Die Pflicht zum Abschluss einer Hundehaftpflichtversicherung ist in § 1a HundeG ausdrücklich festgelegt. Der Vollzug des Hundegesetzes obliegt den Politischen Gemeinden, im vorliegenden Fall der verfahrensbeteiligten Gemeinde für die Hundehalter in ihrem Gemeindegebiet (§ 1 Abs. 1 HundeV). Sie ist mit anderen Worten auch verpflichtet, sicherzustellen, dass die gesetzlich vorgeschriebene Hundehaftpflichtversicherung vom jeweiligen Halter abgeschlossen wurde und vorhanden ist.
Grundsätzlich ist es Sache der Behörde, den Sachverhalt ausführlich abzuklären und die Beweise von Amtes wegen zu erheben. Dabei ist die Verwaltungsbehörde weder im Aufgreifen von Fakten eingeschränkt, noch an die von den Beteiligten angebotenen Beweismittel gebunden (Haubensak/Litschgi/Stähelin, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Thurgau, Frauenfeld 1984, § 12 N. 1). Das VRG kennt eine spezifische Mitwirkungspflicht der Beteiligten nur in Ausnahmefällen (vgl. § 12 Abs. 3 VRG). Allerdings ist in Lehre und Rechtsprechung anerkannt, dass sich eine Mitwirkungspflicht auch über die gesetzlichen Tatbestände hinaus zusätzlich ergeben kann, so dass die Beteiligten gehalten sind, sich in einem Verfahren nach Treu und Glauben zu verhalten. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn entscheidwesentliche Tatsachen für die Behörden nur schwer oder nicht zugänglich sind. Insbesondere erstreckt sich die Mitwirkungspflicht auch auf beteiligte Private, wenn von ihnen nach den Umständen eine Gegenäusserung oder ein geeignetes Handeln erwartet werden darf (TVR 2005 Nr. 20, E. 3a, mit Verweis auf Kölz/Bosshard/Röhl, Kommentar zum Verwaltungsrechtspflegegesetz des Kantons Zürich, 2. Aufl., Zürich 1999, § 7 N. 59 und 62).

2.4.3 Im vorliegenden Fall hat die Vorinstanz bezüglich des Nachweises einer Hundehaftpflichtversicherung eine Mitwirkungspflicht der Beschwerdeführer in dem Sinne bejaht, als diese durch die für den Vollzug der Hundegesetzgebung verantwortliche Gemeindebehörde dazu angehalten werden können bzw. sogar müssen, einen entsprechenden Haftpflichtversicherungsnachweis zu erbringen. Die Vorlage einer Versicherungspolice stellt zweifellos eine geeignete, notwendige und ohne weiteres verhältnismässige Massnahme zur Kontrolle dar, ob die gesetzliche Verpflichtung gemäss § 1a HundeG erfüllt ist.
Das Vorbringen der Beschwerdeführer, dass es die Gemeinde nichts angehe, bei welchem Unternehmen die Haftpflichtversicherung abgeschlossen wurde und dass es sich dabei um ein «persönliches Recht» handle, ist haltlos und entbehrt jeglicher Grundlage. Auch das Vorbringen, dass ihre Versicherung für einen allfälligen Schaden, den ihre Hunde verursachen, aufkommen würde, ist unbehelflich und durch nichts belegt. Mit ihrer Eingabe vom 6. Februar 2009 betreffend ihren Antrag um unentgeltliche Rechtspflege weisen die Beschwerdeführer darauf hin, dass sie bei der verfahrensbeteiligten Gemeinde bereits einen Antrag um Fürsorgeleistungen gestellt hätten, nachdem auch ihre Freunde sie nicht mehr unterstützen könnten und sie «alles an Geld» aufgebraucht hätten. Vor diesem Hintergrund erweist es sich – ungeachtet der ohnehin bestehenden gesetzlichen Verpflichtung – umso mehr als angezeigt, von den Beschwerdeführern die Vorlage einer entsprechenden Versicherungspolice zu verlangen. (…)

Entscheid vom 11. März 2009

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