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TVR 2009 Nr. 18

Sozialabzug für in Ausbildung stehende Kinder, für die der Steuerpflichtige sorgt


Art. 213 Abs. 1 lit. a DBG


1. Voraussetzung für den Abzug ist erstens, dass zwischen dem Anspruchsberechtigten und der unterhaltenden Person ein Kindesverhältnis besteht, dass zweitens das Kind in beruflicher Ausbildung steht, und drittens, dass der Anspruchsberechtigte die Kosten des Unterhalts trägt.

2. Nicht erforderlich ist, dass der Steuerpflichtige für den ganzen oder auch nur hauptsächlichen Unterhalt sorgt. Vielmehr genügt es, wenn der Steuerpflichtige Leistungen erbringt, welche, auf Jahresbasis berechnet, mindestens dem Umfang des Kinderabzugs entsprechen. Das ist schon erfüllt durch die Betreuung des Kindes im gemeinsamen Haushalt.


U gab in ihrer Steuererklärung 2006 per 31. Dezember 2006 an, geschieden zu sein und dass ihre in ihrem Haushalt lebenden Töchter, geboren 1987 und 1988, noch in beruflicher Ausbildung stünden.
Im Hilfsblatt «Versicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien» 2006 zog sie unter B. Ziff. 3 Fr. 1‘400.– (2 x Fr. 700.–) für ihre beiden Töchter ab. Vom Nettoeinkommen zog sie in Ziff. 25.1 der Steuerklärung 2006 Fr. 12‘200.– (2 x Fr. 6‘100.–) für ihre in Ausbildung stehenden beiden Kinder ab.
In der Veranlagung vom 12. September 2007 betreffend die direkte Bundessteuer 2006 wurden ihr in Ziff. 14.0 der Abzug von 1 x Fr. 700.– und in Ziffer 25.1 der Abzug von 1 x Fr. 6‘100.– verweigert.
U erhob Einsprache, komme sie doch für den Aufwand auch ihrer zweiten Tochter zur Hauptsache auf. Die Veranlagungsbehörde wies die Einsprache ab und verweigerte die Kinderabzüge für beide Töchter sowie die Anwendung des Verheirateten-Tarifs. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, U komme mehrheitlich nicht für den Unterhalt ihrer Töchter auf, wie sich aufgrund der Berechnung für den anrechenbaren Lebensunterhalt gemessen an den Alimentenzahlungen des Vaters ergebe.
Dagegen gelangte U an die Steuerrekurskommission und verlangte sinngemäss Zulassung der Abzüge für beide Töchter sowie Anwendung des Verheirateten-Tarifs.
Die Steuerrekurskommission wies die Beschwerde ab. U legte Beschwerde beim Verwaltungsgericht ein, das gutheisst.

Aus den Erwägungen:

3.
3.1 Auszugehen ist von Art. 213 DBG (vgl. ebenso Art. 35 DBG), dessen Absätze 1 und 2 (i.V. mit Art. 7 der Verordnung über den Ausgleich der Folgen der kalten Progression für die natürlichen Personen bei der direkten Bundessteuer vom 4. März 1996) – soweit hier von Interesse – wie folgt lauten: «1 Vom Einkommen werden abgezogen:
a. 6‘100 Franken für jedes minderjährige oder in der beruflichen Ausbildung stehende Kind, für dessen Unterhalt der Steuerpflichtige sorgt;
b. 6‘100 Franken für …
c. … 2 Die Sozialabzüge werden nach den Verhältnissen am Ende der Steuerperiode (Art. 209) oder der Steuerpflicht festgesetzt.»
Bei diesem Sozialabzug ist demnach gemäss Abs. 1 lit. a zwischen minderjährigen und volljährigen Kindern zu unterscheiden. Im vorliegenden Verfahren geht es um die Sozialabzüge für die am Ende der Steuerperiode (31. Dezember 2006) volljährigen Töchter.

3.2 Anspruchsberechtigt ist derjenige Steuerpflichtige, der für den Unterhalt eines volljährigen Kindes, das sich in der beruflichen Ausbildung befindet, sorgt. Dies bedeutet, dass (kumulativ)
– zwischen dem Anspruchsberechtigten und der unterhaltenden Person ein Kindesverhältnis bestehen muss,
– das volljährige Kind in der beruflichen Ausbildung steht und
– der Anspruchsberechtigte die Kosten des Unterhalts trägt (Richner/Frei/ Kaufmann, Handkommentar zum DBG, Zürich 2003, Art. 213 N. 26). Die beiden erstgenannten Voraussetzungen sind offensichtlich erfüllt, so dass es nur darum geht, ob die Beschwerdeführerin die Kosten des Unterhalts ihrer beiden Kinder trägt.

3.3 Wie bei den minderjährigen Kindern wird auch bei den volljährigen Kindern aufgrund des DBG – und entgegen der Regelung in einigen Kantonen – nicht vorausgesetzt, dass der Steuerpflichtige für den ganzen (oder auch nur hauptsächlichen) Unterhalt sorgt. Vielmehr genügt es, wenn der Steuerpflichtige Leistungen erbringt, welche (auf Jahresbasis berechnet) mindestens dem Umfang des Kinderabzugs entsprechen (Richner/Frei/Kaufmann, a.a.O., Art. 213 N. 40; ebenso Zweifel/Athanas, Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer, 2. Aufl., Basel 2008, Art. 35 N. 14a). Vorliegend sorgt die Beschwerdeführerin für den Unterhalt ihrer beiden in der Ausbildung stehenden mündigen Kinder durch deren unmittelbaren Betreuung im gemeinsamen Haushalt (vgl. Art. 163 und Art. 276 Abs. 2 ZGB), weshalb ihr der Kinderabzug nach Art. 213 Abs. 1 lit. a DBG ohne weiteres zusteht (vgl. StE 2002 DBG B 29.3 Nr. 18). Gemäss Aussage der Eidgenössischen Steuerverwaltung, welche vom Bundesgericht als mit dem Gesetzeswortlaut in Einklang stehend eingestuft wurde, ist bei dem Alimente zahlenden Elternteil der Unterstützungsabzug nach Art. 213 Abs. 1 lit. b DBG zu gewähren, während der beherbergende Elternteil – wie hier die Beschwerdeführerin – den Kinderabzug nach Art. 213 Abs. 1 lit. a DBG in Anspruch nehmen darf (Richner/Frei/Kaufmann, a.a.O., Art. 213 N. 42).

3.4 Zur Ermittlung der von der Beschwerdeführerin geleisteten Beiträge zur Beantwortung der Frage, ob diese hauptsächlich (oder zur Hauptsache) für den Unterhalt der beiden Töchter aufkomme, besteht nach dem Gesagten kein Raum. Auf all die entsprechenden Berechnungen der Vorinstanzen bzw. die Vorbringen der Beschwerdeführerin ist demnach nicht weiter einzugehen.

3.5 Daraus ergibt sich, dass der Beschwerdeführerin auch der erhöhte Abzug für Versicherungsprämien und Sparzinsen nach Art. 212 Abs. 1 DBG zu bewilligen ist, da dieser Abzug unter anderem an die Gewährung des Kindesabzugs nach Art. 213 Abs. 1 lit. a oder b DBG anknüpft.
Ebenso ergibt sich, dass der Beschwerdeführerin damit der tiefere Verheirateten-Tarif nach Art. 214 Abs. 2 DBG zusteht.

Entscheid vom 22. April 2009

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