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TVR 2010 Nr. 10

Begründungsanforderungen bei Einsprache gegen Ermessensveranlagung


§ 164 Abs. 2 StG


Bei einer Einsprache gegen eine Ermessensveranlagung ist mittels umfassenden Unrichtigkeitsnachweises die bisher vorhandene Ungewissheit bezüglich des Sachverhalts zu beseitigen. Es reicht insbesondere nicht aus, die Einschätzung lediglich in pauschaler Weise zu bestreiten oder einzelne Positionen der Einschätzung als zu hoch zu bezeichnen.


Die S-Treuhand ersuchte ab 30. Mai 2008 „im Namen und im Auftrag“ der Eheleute K das Steueramt R mehrmals um Erstreckung der Frist zur Einreichung der Steuererklärung 2007. Nach mehrmaligen Mahnungen teilte das Steueramt den Pflichtigen am 10. März 2009 mit, dass die Frist zur Einreichung der Steuererklärung abgelaufen sei; sie wurden aufgefordert, diese innert 14 Tagen vollumfänglich und unterzeichnet einzureichen, versehen mit der Androhung, dass bei Nichtbeachtung die Veranlagung nach pflichtgemässem Ermessen erfolge. Am 30. März 2009 wurden die Eheleute K ermessensweise mit einem steuerbaren Einkommen von Fr. 82'800.-- (Staats- und Gemeindesteuern) veranlagt. Mit Einsprache vom 4. Mai 2009 beantragte die S-Treuhand im Namen der Eheleute K eine Herabsetzung des steuerbaren Einkommens auf Fr. 70'000.--; zur Einsprachebegründung wurde ausgeführt: „Durch die Wahrung der Einsprachefrist und der Einreichung der Steuererklärung 2007 mit Belegen (Nachholung der versäumten Mitwirkungshandlung) entsprechen wir der gängigen Einsprachepraxis. Sobald die Steuererklärung von den Steuerpflichtigen [= Eheleute K] unterzeichnet ist, werden wir diese nachreichen. Beilage wird nach Unterzeichnung nachgereicht.“ Die Veranlagungsbehörde trat am 12. Mai 2009 mangels Begründung bzw. mangels Nennung von Beweismitteln auf die Einsprache nicht ein. Einen dagegen erhobenen Rekurs wies die Steuerrekurskommission ab. Auch das Verwaltungsgericht weist eine daraufhin erhobene Beschwerde ab.

Aus den Erwägungen:

2.5 Die S-Treuhand scheint der Auffassung zu sein, auch gegen eine Ermessensveranlagung könne Einsprache erhoben werden bzw. man könne ohne weiteres in das ordentliche Veranlagungsverfahren zurückkehren. Dem ist klar nicht so, wie der Wortlaut von § 164 Abs. 2 StG zeigt. Dieser Wortlaut ist im Übrigen sinngemäss in der Rechtsmittelbelehrung der Ermessensveranlagung wiederholt worden. Der S-Treuhand musste deshalb aufgrund ihres Fachwissens bewusst sein, welche Risiken sie eingehen wollte. Nach ausdrücklicher zweiter Mahnung vom 12. Februar 2009 hat die Veranlagungsbehörde am 10. März 2009 nochmals eine Frist von 14 Tagen zur Einreichung der Steuererklärung gewährt und schritt dann - nachdem dies unterblieb - am 30. März 2009 zur Ermessensveranlagung. Mit der dagegen gerichteten rechtzeitigen Einsprache vom 4. Mai 2009 wurden allerdings weder die Steuererklärung nachgereicht noch eine Begründung mit Nennung der Beweismittel angebracht, wie es § 164 Abs. 2 Satz 2 StG verlangt. Diese Regelung unterscheidet sich von der ordentlichen Einsprache gemäss § 164 Abs. 1 StG. Die Erfordernisse der Begründung und Nennung der Beweismittel stellen bei Einsprachen, die gegen eine Ermessenseinschätzung erhoben werden, Prozessvoraussetzungen dar (BGE 131 II 548 E. 2.3). Eine Einschätzung nach pflichtgemässem Ermessen kann nur wegen offensichtlicher Unrichtigkeit in Frage gestellt werden (§ 164 Abs. 2 Satz 1 StG). In der Einsprache ist (auch gemäss dem von den Beschwerdeführern angeführten Urteil des Bundesgerichts 2C_579/2008 vom 29. April 2009 = SteuerRevue 2009, S. 659) mittels umfassendem Unrichtigkeitsnachweis die bisher vorhandene Ungewissheit bezüglich des Sachverhalts zu beseitigen. In der Begründung der Einsprache ist daher der Sachverhalt in substantiierter Weise darzulegen, und es sind die Beweismittel für diese Sachverhaltsdarstellung zu nennen. Es reicht nicht aus, die Einschätzung bloss in pauschaler Weise zu bestreiten oder lediglich einzelne Positionen der Einschätzung als zu hoch zu bezeichnen. In der Regel wird dazu eine vollständig ausgefüllte Steuererklärung innert der Einsprachefrist nachgereicht. Das hat die S-Treuhand an sich selbst erkannt, doch blieb sie auf halber Strecke stehen, indem sie (nur) die Nachreichung der Steuererklärung erklärte, sobald diese von den Steuerpflichtigen unterzeichnet sei (die Vorinstanz musste jedoch feststellen, dass die Steuererklärung 2007 immer noch nicht eingereicht worden war). Das Handeln der S-Treuhand müssen sich die Beschwerdeführer voll anrechnen lassen (vgl. BGE 113 Ib 296).

2.6 Gemäss der vorhin erwähnten Rechtsprechung des Bundesgerichts (auf die sich die Beschwerdeführer selbst berufen) ist nicht erforderlich, dass das Versäumte (nämlich die Einreichung der Steuererklärung) mit der Einsprache nachgeholt wird. Es genügt vielmehr - wie bereits gesagt - eine Begründung mit Nennung der Beweismittel zur Anfechtung der Ermessensveranlagung wegen offensichtlicher Unrichtigkeit. Auch daran fehlt es in der Einsprache, die allein den Antrag auf Reduktion des steuerbaren Einkommens von Fr. 82'800.-- auf Fr. 70'000.-- enthielt, ohne jede weitere Begründung und ohne Beweismittel. (…)

Entscheid vom 21. April 2010

Das Bundesgericht trat auf eine dagegen gerichtete Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit Urteil 2C_496/2010 bzw. 2C_497/2010 vom 22. Juli 2010 mangels rechtsgenüglicher Begründung nicht ein.

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