TVR 2010 Nr. 8
Höhe der Entschädigung bei missbräuchlicher Kündigung. Parteientschädigung im Rekursverfahren
§ 17 Abs. 2 RLV, § 19 RLV, § 80 Abs. 2 VRG
1. Der Richter hat bei der Bemessung der Strafzahlung nach einer missbräuchlichen Kündigung alle Umstände zu würdigen (E. 4).
2. Die Verweigerung einer Parteientschädigung im Rekursverfahren lässt sich nicht damit begründen, dass der Beschwerdeführer auch selbständig ans Bundesgericht gelangt sei (E. 5).
Z wurde von der Schulgemeinde L per 1. August 2001 als Primarlehrer angestellt und unterrichtete Klassen der Mittelstufe. Die Schulbehörde L löste das Arbeitsverhältnis mit Kündigung vom 27. April 2007 per 31. Juli 2007 auf. Im Mai 2007 erhob Z in der Folge bei der Personalrekurskommission des Kantons Thurgau Rekurs und beantragte, es sei festzustellen, dass die Kündigung des Arbeitsverhältnisses missbräuchlich sei. Die Schulgemeinde L sei zudem zu verpflichten, ihm einen Betrag von Fr. 46'242.60 (entsprechend 6 Brutto-Monatslöhnen) nebst 5% Zins ab 1. August 2007 zu bezahlen. Nach einem doppelten Schriftenwechsel wies die Personalrekurskommission den Rekurs mit Entscheid vom 14. Dezember 2007 ab. Dagegen liess Z am 14. März 2008 Beschwerde erheben. Mit Urteil vom 1. Oktober 2008 hob das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau den Entscheid der Personalrekurskommission vom 14. Dezember 2007 wegen Verletzung der Ausstandspflicht von D auf und wies die Sache an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung unter Wahrung des Ausstandes von D zurück.
In der Folge wies die Personalrekurskommission ohne Mitwirkung von D gestützt auf die Akten des ersten Verfahrens und mit der gleichen Begründung den Rekurs mit Entscheid vom 25. November 2008 erneut ab. D
agegen liess Z am 23. Dezember 2008 wiederum Beschwerde erheben, welche das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 18. März 2009 mit der Begründung abwies, dass die Kündigung angemessen und formell nicht zu beanstanden sei. Dagegen erhob Z Beschwerde ans Bundesgericht, welches die Beschwerde mit Entscheid 8C_395/2009 vom 10. November 2009 schützte und feststellte, dass die Kündigung den formellen Anspruch auf rechtliches Gehör des Beschwerdeführers verletzt habe. Die Sache sei daher an das kantonale Gericht zurückzuweisen, damit es materiell über das vorinstanzliche Entschädigungsbegehren wegen missbräuchlicher Kündigung im Umfang von Fr. 46'242.60 nebst Zins zu 5% seit 1. August 2007 neu entscheide. In der Folge wies das hiesige Gericht die Sache am 23. Dezember 2009 an die Personalrekurskommission des Kantons Thurgau zurück, damit sie materiell über den geltend gemachten Anspruch auf Entschädigung wegen missbräuchlicher Kündigung entscheide.
Alsdann sprach die Personalrekurskommission des Kantons Thurgau Z eine Entschädigung von drei Bruttomonatslöhnen zu je Fr. 7'707.10, also insgesamt Fr. 23'121.30, zuzüglich Zins zu 5% seit dem 1. August 2007 zu. Die Ausrichtung einer Parteientschädigung für die Verfahren vor der Personalrekurskommission wurde abgelehnt. Dagegen liess Z am 5. Juli 2010 Beschwerde erheben und - als Hauptbegehren - beantragen, die Schulgemeinde L sei zu verpflichten, ihm einen Betrag von Fr. 46'242.60 zu bezahlen.Das Verwaltungsgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und ändert den Entscheid der Personalrekurskommission dahingehend ab, als es dem Beschwerdeführer vier Bruttomonatslöhne zuspricht. Zudem hat die Schulgemeinde L den Beschwerdeführer für die drei Verfahren vor der Personalrekurskommission zu entschädigen.
Aus den Erwägungen:
2. Gemäss § 17 RLV darf eine Kündigung nicht missbräuchlich sein (Abs. 1). Nach Abs. 2 wird für eine Kündigung durch die Schulgemeinde ein sachlich zureichender Grund vorausgesetzt, wobei u.a. Mängel in der Leistung oder im Verhalten als solche Gründe gelten. Bevor eine Kündigung aufgrund von Mängeln in der Leistung oder im Verhalten ausgesprochen wird, ist ein Gespräch zu führen und in der Regel eine Frist zur positiven Veränderung anzusetzen (Abs. 3). Bei missbräuchlichen oder ohne sachlichen Grund ausgesprochenen Kündigungen gelten für die Folgen und die Verwirkung der Ansprüche die Bestimmungen des Schweizerischen Obligationenrechts über die missbräuchliche Kündigung sinngemäss (§ 19 Abs. 1 RLV). Die Partei, die das Arbeitsverhältnis missbräuchlich kündigt, hat der anderen Partei eine Entschädigung auszurichten. Die Entschädigung wird vom Richter unter Würdigung aller Umstände festgesetzt, darf aber den Betrag nicht übersteigen, der dem Lohn des Arbeitnehmers für sechs Monate entspricht (Art. 336a Abs. 1 und 2 OR).
3. (…)
4.
4.1 Der Richter hat bei der Bemessung der Strafzahlung alle Umstände zu würdigen. Faktoren, die dabei eine Rolle spielen, sind etwa: die Schwere des Eingriffs in die Persönlichkeit, der Grad der Missbräuchlichkeit des Motivs des Kündigenden bzw. die Schwere der Verfehlung des Kündigenden, ein allfälliges Mitverschulden des Gekündigten, die Dauer der Anstellung, die Enge der arbeitsvertraglichen Beziehungen, die Art des aufgelösten Arbeitsverhältnisses, der bisherige Verlauf des Arbeitsverhältnisses, das Alter des Arbeitnehmers, die besonderen Umstände der Kündigung im Einzelfall, die Verweigerung der Kündigungsbegründung, die soziale Lage des Gekündigten etc. (Streiff/von Kaenel, Arbeitsvertrag, 6. Aufl., Zürich/Basel/Genf 2007, S. 700 ff.).
4.2 Das Bundesgericht erklärte die Kündigung im vorliegenden Fall aus formellen Gründen (Verletzung des rechtlichen Gehörs) als missbräuchlich. Ob die Vorwürfe gegen den Beschwerdeführer eine Kündigung ansonsten gerechtfertigt hätten, beantwortet das Urteil nicht. Das hiesige Gericht hielt im Urteil vom 18. März 2009 hingegen fest, dass das Vertrauensverhältnis zwischen der Arbeitgeberin und dem Beschwerdeführer derart zerstört war, dass dies eine Kündigung grundsätzlich als angemessen erscheinen liess. Ein gewisses Mitverschulden an der Kündigung ist daher sicherlich nicht von der Hand zu weisen. Zudem unterrichtete der Beschwerdeführer erst seit dem 1. August 2001 in L, wodurch das Arbeitsverhältnis im Ganzen dann auch nur sechs Jahre gedauert hat. Im Gegenzug dazu ist bei der Festlegung der Höhe der Entschädigung jedoch klar zu beachten, dass der Beschwerdeführer durch sein Alter auf dem Arbeitsmarkt grössere Schwierigkeiten zu erwarten hatte. Seine Kündigung wurde im Weiteren - wie er zu Recht ausführt - auch mittels der Medien publik gemacht. Durch das Vorgehen der Arbeitgeberin wurde - wie dies im bundesgerichtlichen Urteil klar festgehalten wurde - zudem der Anspruch auf rechtliches Gehör des Beschwerdeführers verletzt. Diese Umstände hat die Vorinstanz zu ungunsten des Beschwerdeführers klar zu wenig gewichtet, was eine Rechtsverletzung darstellt. Vielmehr erscheint im vorliegenden Fall die Festlegung einer Entschädigung im Umfang von vier Monatslöhnen als korrekt und angemessen. Der Entscheid der Personalrekurskommission ist daher dahingehend abzuändern, als dass die Schulgemeinde L verpflichtet wird, dem Beschwerdeführer eine Entschädigung von vier Monatslöhnen zu je Fr. 7'707.10, d.h. insgesamt Fr. 30'828.40, zuzüglich 5% Zins seit dem 1. August 2007 auszurichten.
5. Bezüglich der Parteienentschädigung im Rekursverfahren vermag der Entscheid der Personalrekurskommission ebenfalls nicht zu überzeugen. Dem ganzen Verfahren ist eine gewisse Komplexität nicht abzusprechen, nachdem neben der eigentlichen Frage der Entschädigung auch die Verletzung der Ausstandspflicht von D zu thematisieren war. Eine Verweigerung der Parteientschädigung damit zu begründen, dass der Beschwerdeführer selbständig ans Bundesgericht gelangt ist, vermag zudem nicht zu überzeugen. Dem Beschwerdeführer ist für die drei Rekursverfahren damit gemäss § 80 Abs. 2 Satz 2 VRG eine Parteientschädigung zuzusprechen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass das erste Rekursverfahren notwendig wurde, weil der Ausstand von D nicht gewahrt worden war und das Bundesgericht im Rahmen des zweiten Rekursverfahrens klar eine Verletzung des rechtlichen Gehörs bei der Kündigung festgestellt hatte. Beim dritten Rekursverfahren wurde die Beschwerde durch das hiesige Gericht teilweise geschützt. Der Beschwerdeführer beantragt eine Parteientschädigung von mindestens Fr. 10'000.--. Wie sich dieser Betrag zusammensetzt, wird hingegen nicht weiter begründet. Das Gericht hat die Parteientschädigung daher nach der Bedeutung und Schwierigkeit der Sache sowie dem für eine sachgerechte Vertretung notwendigen Zeitaufwand (vgl. § 3 ATVG vom 2. September 2009, gültig ab 1. Oktober 2009, und für die Zeit davor § 2 aATVG vom 14. August 1991 in analoger Anwendung) zu bemessen und festzulegen. Dabei erscheint eine Entschädigung von Fr. 6'000.-- zuzüglich 7,6% Mehrwertsteuer als angemessen.
Entscheid vom 27. Oktober 2010
Auf die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde ist das Bundesgericht mit Entscheid 8C_982/2010 vom 30. Dezember 2010 nicht eingetreten.