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TVR 2011 Nr. 37

Anstellungsentscheid; Einigung in den wesentlichen Punkten ist vorausgesetzt


Art. 337 d Abs. 1 OR


Eine Anstellung kommt nicht zustande, wenn in einem wesentlichen Punkt des Anstellungsverhältnisses keine Einigung erzielt werden konnte. Es liegt somit auch kein Fall eines grundlosen Nichtantritts einer Anstellung vor, wenn sich die betreffende Person weigert, die Stelle anzutreten, weshalb auch kein Schadenersatzanspruch entstehen kann.


Mit Anstellungsverfügung vom 27. September 2010 wurde T als Sekundarlehrperson für den Zeitraum vom 15. Oktober 2010 bis 31. Juli 2011 eingestellt. Der Beschäftigungsgrad sollte bis zum 15. April 2011 bei 90% und hernach bei 40% bis 60% liegen. Dem Anstellungsentscheid war ein Stundenplan beigelegt. Am 6. Oktober 2010 teilte T dem Schulleiter mit, dass er den Anstellungsentscheid nicht annehmen könne. Er werde die Stelle nicht antreten.
Gegen den Anstellungsentscheid vom 27. September 2010 erhob T am 12. Oktober 2010 Rekurs. Er beantragte die Aufhebung der Anstellungsverfügung. Zur Begründung führte er aus, der Beschäftigungsgrad von 90% sei nicht gegenseitig vereinbart. Des Weiteren habe er sich mit der Schulleitung nicht auf die Arbeitszeiten an den Nachmittagen der Wochentage Dienstag und Donnerstag einigen können, denn im November 2010 könne er nur bis 15.30 Uhr zur Verfügung stehen. Die Personalrekurskommission heisst den Rekurs gut und hebt den Anstellungsentscheid auf.

Aus den Erwägungen:

3. Der Rekurrent ist der Meinung, er habe zumindest in zwei Punkten der konkreten Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses nicht zugestimmt. Er leitete für sich daraus das Recht ab, der Anstellungsverfügung die Zustimmung zu versagen und die Stelle nicht anzutreten. Die Vorinstanz geht dagegen von einem gültig und wirksam zustande gekommenen Anstellungsverhältnis aus. Die Weigerung des Rekurrenten, die Stelle anzutreten, wird zwar akzeptiert. Sie leitet aus diesem Verhalten jedoch das Recht ab, vom Rekurrenten einen Viertel Monatslohn als Schadenersatz (Art. 337d Abs. 1 OR) zu fordern. Die Personalrekurskommission hat sich demnach vorab mit der Frage zu befassen, ob es eine Zustimmung des Rekurrenten zur Anstellungsverfügung gegeben hat, d.h. ob diese auf einer übereinstimmenden Willenserklärung beruht. Hätte eine solche übereinstimmende Willenserklärung vorgelegen, wäre die Anstellungsverfügung wirksam geworden. Nur wenn dies der Fall wäre, würde sich die Frage nach der Berechtigung der Schadenersatzforderung stellen.

5. Im vorliegenden Fall ist die Anstellungsverfügung nur vom Schulpräsidenten und der Aktuarin unterzeichnet. Aus der Anstellungsverfügung selbst lässt sich daher zur strittigen Frage nichts ableiten.
Der Personalrekurskommission ist bekannt, dass zahlreiche Schulbehörden die Anstellungsverfügung von der Lehrperson gegenzeichnen lassen oder dass sie vorgängig eine schriftliche Vereinbarung, welche alle wesentlichen Punkte enthält, ausfertigen und unterschreiben lassen. Trägt die Anstellungsverfügung die Unterschrift von Anstellungsbehörde und Lehrperson, ist ohne weiteres von deren Zustimmung zum unterzeichneten Schriftstück auszugehen. Das Gleiche gilt, wenn es eine ausdrückliche schriftliche und von beiden Parteien unterzeichnete Absichtserklärung gibt. Fehlt jedoch die Unterschrift, muss die Zustimmung der Lehrkraft auf anderem Weg belegt werden.
Nach der grundsätzlichen Regel von Art. 8 ZGB trägt diejenige Partei, welche für sich aus einer behaupteten Tatsache Rechte ableitet, die Beweislast. Da sich die Sekundarschule K darauf beruft, bei Erlass der Anstellungsverfügung habe das Einverständnis des Rekurrenten vorgelegen und sie daraus ihre Berechtigung, Schadenersatz zu fordern, ableitet, ist sie beweisbelastet.

6. Aus dem von den Parteien eingereichten Mailverkehr ergibt sich, dass während den Vertragsverhandlungen die konkrete Arbeitszeit - insbesondere Arbeitsbeginn und Arbeitsende - ein rege diskutiertes Thema war. Beginn und Ende der Unterrichtsverpflichtung waren für den Rekurrenten wegen der Betreuung seines eigenen Kindes von entscheidender Bedeutung. Dies hat er offensichtlich anlässlich der Verhandlungen mit der Schulleitung so kommuniziert. Der Mailverkehr belegt aber auch, dass zumindest hinsichtlich dieser konkreten Arbeitszeit nie eine Einigung zustande gekommen ist.
Am 23. September 2010 hat der Rekurrent dem Schulleiter geschrieben, er könne jeweils an den Dienstagen und Donnerstagen länger bleiben. Bereits am 24. September hat der Rekurrent dem Schulleiter eine weitere Mail geschrieben, er habe sich geirrt, er könne nur an den Nachmittagen der Wochentage Montag und Mittwoch zur Verfügung stehen, aber am Dienstag und Donnerstag nicht, an diesen Nachmittagen müsse er spätestens um 15.30 Uhr K verlassen, um sein Kind rechtzeitig im Hort abzuholen.
Am 24. September, kurz nach 16.00 Uhr, hat der Schulleiter dem Rekurrenten mitgeteilt, er erhalte nun den aktuellen Stundenplan. Ein weiteres Entgegenkommen sei nicht mehr möglich. Er müsse von einer durchschnittlichen Präsenz von 07.30 bis 12.00 Uhr von 13.30 bis 17.00 Uhr ausgehen.
Der Stundenplan, welcher der Verfügung vom 27. September 2010 beigeheftet war, sah am Montag einen Einsatz des Rekurrenten bis 15.55 Uhr, am Dienstag und Donnerstag bis 16.45 Uhr vor und am Mittwochnachmittag war frei.
In der Mail vom 1. Oktober 2010 wies der Rekurrent erneut darauf hin, dass für Dienstag und Donnerstag eine andere Lösung getroffen werden müsse, zumindest im November müsse es am Dienstag ab 15.30 Uhr ohne ihn gehen. Noch am gleichen Tag reagierte der Schulleiter. Er schrieb dem Rekurrenten, er habe alles versucht, um eine gute Lösung zu finden und nun kämen immer mehr Probleme und Ansprüche. Eine Verschiebung von Unterricht auf den Mittwochnachmittag sei nicht möglich und am Dienstagnachmittag ab 16.00 Uhr sei seine Anwesenheit bei der Teamsitzung unerlässlich. Als Reaktion auf diese Mail erfolgte am 6. Oktober 2010 die Absage durch den Rekurrenten.
Der zitierte Mail-Verkehr belegt mit aller Deutlichkeit, dass es zumindest hinsichtlich der konkreten Ausgestaltung der Unterrichtsverpflichtung eine Einigung der Parteien nie gegeben hat. Der Rekurrent hat sich mit den Anstellungsbedingungen resp. dem konkreten Stundenplan nie einverstanden erklärt. Er hat in den Verhandlungen immer wieder deutlich gemacht, dass gerade die Frage des Unterrichtsbeginns resp. Unterrichtsendes für ihn aus persönlichen Gründen - Betreuung des eigenen Kindes - sehr wichtig war. Da hinsichtlich eines wesentlichen Punktes des Anstellungsverhältnisses keine Zustimmung respektive keine Willensübereinstimmung vorgelegen hat, ist die Anstellungsverfügung gar nie gültig zustande gekommen.
Es braucht daher auch nicht abgeklärt zu werden, ob hinsichtlich des Pensums - 90 % - eine Einigung vorgelegen hat oder nicht. Nachdem festgestellt worden ist, dass es zumindest in einem wesentlichen Punkt des Anstellungsverhältnisses keine Einigung zwischen den Parteien gegeben hat und in diesem Punkt die Zustimmung der Lehrperson fehlt, spielt diese Frage für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens keine entscheidende Rolle mehr. Es hat an der Zustimmung des Rekurrenten zur Anstellungsverfügung der Vorinstanz vom 27. September 2010 gefehlt. Diese ist daher aufzuheben.
Nachdem die Anstellungsverfügung aufzuheben ist, erweist sich die Weigerung des Rekurrenten, die Stelle bei der Vorinstanz anzutreten, als berechtigt. Es liegt kein Fall des grundlosen Nichtantritts einer Anstellung vor. Eine Schadenersatzpflicht des Rekurrenten in Anwendung des Art. 337d Abs. 1 OR gegenüber der Vorinstanz besteht demnach nicht.

Entscheid der Personalrekurskommission vom 27. Mai 2011

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