TVR 2012 Nr. 17
Bewilligungsverfahren für einen Bushof
Ein Bushof mit einer Busfrequenz von ca. 20 Bussen pro Stunde sowie mit länger parkierten und hintereinander stehenden Bussen ist kein Nebenprojekt eines Strassenprojekts. Das Bewilligungsverfahren richtet sich daher nach dem PBG und nicht nach dem StrWG.
Im Zusammenhang mit dem Strassenprojekt N soll auf der Parzelle Nr. 2853, die im Eigentum der Politischen Gemeinde A steht, ein Bushof erstellt werden. Im Norden grenzen die Parzellen von F und der Eheleute C an die Parzelle Nr. 2853. Der Bushof ist mit einer Länge von 100 m und knapp 20 m Breite geplant. Beidseits des Mittelperrons sind je zwei Fahr- und Haltespuren geplant. Der Mittelperron soll durchgehend überdacht sein. Das Projekt zur Erstellung des Bushofs lag gestützt auf § 21 StrWG öffentlich auf. Während der Auflagefrist erhoben sowohl F als auch die Eheleute C Einsprache. Das DBU wies die Einsprache ab. Die dagegen erhobene Beschwerde wird vom Verwaltungsgericht gutgeheissen.
Aus den Erwägungen:
2.
2.1 Zu prüfen ist zunächst die Frage, ob der geplante Neubau des Bushofes von der verfahrensbeteiligten Gemeinde zu Recht als Strassenprojekt im Sinne von § 21 StrWG öffentlich aufgelegt wurde, wovon die Vorinstanz ausgeht, oder ob das Projekt im Sinne des PBG sowie der kommunalen Bauvorschriften zu prüfen gewesen wäre.
2.2
2.2.1 Laut § 1 StrWG gilt das Gesetz für öffentliche Strassen und Wege des Kantons sowie der Ortsgemeinden, eingeschlossen die Fuss- und Wanderwege gemäss Bundesgesetz über Fuss- und Wanderwege. § 2 Abs. 1 StrWG definiert sodann, dass zur Strasse oder zum Weg alle Flächen oder Anlagen, die dem bestimmungsgemässen Gebrauch und dem Schutz der Umgebung dienen, sowie die Plätze gehören. § 12 StrWG definiert sodann, was genau unter dem Bau (von Strassen und Wegen) zu verstehen ist, nämlich der Neubau, der Ausbau, die Redimensionierung und die Korrektion einschliesslich der Staubfreimachung von Strassen und Wegen (Ziff. 1); bauliche Massnahmen zur Verkehrsberuhigung oder Verkehrslenkung (Ziff. 2); die von Gesetzes wegen an Strassen oder ersatzweise an Gebäuden erforderlichen Umweltschutzmassnahmen (Ziff. 3); die Erstellung von Anlagen zum Betrieb, namentlich zur Beleuchtung oder Entwässerung von Strassen oder Wegen usw. (Ziff. 4); sowie alle als Folge von Massnahmen nach den Ziff. 1 bis 4 notwendigen Anpassungen bei anstossenden Liegenschaften (Ziff. 5).
Gemäss der Botschaft des Regierungsrates an den Grossen Rat vom 7. Februar 1989 zum Gesetz über Strassen und Wege gehören zur Strasse aufgrund der Umweltschutzgesetzgebung auch die erforderlichen Lärmschutzanlagen, soweit diese an der Strasse selbst erstellt werden (Lärmschutzwände). Werden Schallschutzmassnahmen am Gebäude (z. B. Schallschutzfenster) getroffen, so gehören sie nicht zur Strasse, auch wenn die Kosten dafür vom Strasseneigentümer zu tragen sind. Zur Strasse aber gehören auch das Trottoir oder der Radstreifen, Bushaltestellen, Brücken, Beleuchtung, Stützmauern, Zäune, Entwässerungsleitungen, Verkehrssignalisation, Leitplanken usw. (Botschaft S. 25).
2.2.2 Was der Baubewilligungspflicht nach dem PBG unterliegt, umschreibt § 86 PBG (in der bis 31. Dezember 2012 gültigen Fassung). Danach bedürfen alle ober- und unterirdischen Bauten und Anlagen, Neu- oder Umbauten, Vor-, An-, Auf- oder Neubauten einer Baubewilligung. Baubewilligungspflichtig sind insbesondere auch Vorbauten, die sowohl die öffentlichen als auch die nachbarlichen Interessen berühren (TVR 1999 Nr. 23, E. 3b).
2.3 Aus dem oben Dargestellten erhellt, dass im Sinne des StrWG zu einem Strassenprojekt diejenigen Anlagen gehören, die unmittelbar dem Betrieb oder Unterhalt der Strasse dienen (Entwässerungsleitungen, Verkehrssignalisationen, Leitplanken, Trottoir, Lärmschutzwände, aber auch Bushaltestellen). Allerdings kann vorliegend nicht mehr von einer Bushaltestelle im Sinne des StrWG gesprochen werden. Beabsichtigt ist ein eigentlicher Bushof mit erheblichen Auswirkungen auf die Nachbarschaft. Im Jahr 2018 wird mit einer Busfrequenz von ca. 20 Bussen pro Stunde sowie mit länger parkierten und hintereinander stehenden Bussen gerechnet. Dies bedeutet nicht nur einen ganz erheblichen Mehrverkehr in der Nähe der Liegenschaften der Beschwerdeführer, sondern auch ein gegenüber heute wesentlich erhöhtes Personenaufkommen. Der geplante Bushof kann auch nicht nur als eigentliche Nebenanlage des zu bauenden Strassenprojekts N angesehen werden. Die Beschwerdeführer wenden zu Recht ein, dass sie gestützt auf die Pläne für das Strassenprojekt N nicht mit einem Bushof in ihrer Nähe haben rechnen müssen. Dies geht aus dem eingereichten Plan „Strassenprojekt N, Gesamtübersicht“, unzweideutig hervor. Wenn die Vorinstanz und mit ihr die verfahrensbeteiligte Gemeinde den Bushof im Rahmen desselben Bewilligungsverfahrens hätten beurteilen lassen wollen, dann hätte dies - wenn schon - unter Berücksichtigung der bundesrechtlichen Koordinationspflicht geschehen müssen. Nur so wäre sichergestellt gewesen, dass die Beschwerdeführer im Rahmen des Strassenprojekts N rechtzeitig sämtliche ihnen zustehenden Rechte hätten wahrnehmen können. Offensichtlich gingen aber ursprünglich weder der Kanton, noch die verfahrensbeteiligte Gemeinde davon aus, dass der geplante Bushof als eigentliches Strassen-Nebenprojekt zum Strassenprojekt N aufzulegen wäre. Dem eigentlichen Betrieb der Strasse N dient der geplante Bushof auf jeden Fall nicht. Vielmehr geht es um den Bau einer eigenständigen Infrastrukturanlage für den öffentlichen Verkehr, die erhebliche Immissionen mit sich bringt und deren Beurteilung nicht nach StrWG, sondern nach PBG vorzunehmen ist. Letztlich muss das eigentliche Unterscheidungskriterium darin liegen, ob die geplante Anlage dem unmittelbaren Betrieb der Strasse dient oder nicht. Das kann von geringfügigen Buswartehäuschen oder anderen kleinen Nebenanlagen (Umschaltstationen für Elektrizität, Strassenlaternen etc.) gerade noch gesagt werden, sicher aber nicht mehr von einem Bushof in der geplanten Grösse. Damit ist festzustellen, dass die Vorinstanzen zu Unrecht davon ausgehen, es handle sich um ein nicht bewilligungspflichtiges Nebenprojekt des Strassenprojekts N. Vielmehr werden die Vorinstanz und die verfahrensbeteiligte Gemeinde das Projekt neu unter Berücksichtigung der Verfahrensregeln des PBG aufzulegen haben. Ob für dieses Projekt alleine eine UVP vorgenommen werden müsste oder ob die bereits vorhandenen Lärmgutachten genügen, um das Projekt beurteilen zu können, muss nicht an dieser Stelle geprüft werden, sondern wird im Rahmen des noch durchzuführenden Baubewilligungsverfahrens abzuhandeln sein.
Entscheid vom 14. November 2012