TVR 2014 Nr. 12
Umfang der Kürzung des Besoldungsanspruchs eines Lehrers wegen unbezahlten Urlaubs
1. Die RSV VS legt für die Lehrpersonen weder eine Jahresarbeitszeit noch einen Ferienanspruch fest. Das von der Grundbesoldung abgedeckte Stundenpensum wird ausserhalb der zu haltenden Lektionen somit weder definiert noch kontrolliert. Mangels einer geregelten Jahresarbeitszeit gibt es folgerichtig auch keine Überstunden, die während der unterrichtsfreien Zeit zu kompensieren wären (E. 2.1 ff.).
2. Es liegt in der Verantwortung der einzelnen Lehrperson, selber zu beurteilen, ob die in der RSV VS festgelegten Besoldungsgrundsätze dazu führen, dass sie für die geleistete Arbeit angemessen entschädigt wird, und - sollte dies ihres Erachtens aus irgendwelchen Gründen nicht der Fall sein - die Schule zu informieren und entweder um eine Reduktion der Arbeitslast oder um eine zusätzliche Entschädigung zu ersuchen. Dieser Grundsatz muss auch dann Geltung haben, wenn die Besoldung wegen unbezahlten Urlaubs gemäss § 46 Abs. 3 RSV VS gekürzt wird (E. 2.6).
T ist bei der Volksschulgemeinde A als Sekundarlehrer angestellt. Mit Entscheid vom 24. Januar 2011 wurde ihm entsprechend seinem Gesuch unbezahlter Urlaub vom 24. Oktober 2011 bis 19. November 2011 bewilligt. Gemäss Abrechnung vom 20. Oktober 2011 wurde wegen des unbezahlten Urlaubs der Jahreslohn für das Jahr 2011 um Fr. 14‘128.30 gekürzt. Gegen diese Lohnkürzung hat T am 12. Dezember 2012 bei der Personalrekurskommission des Kantons Thurgau rekurriert. Mit Entscheid vom 6. August 2013 wies die Personalrekurskommission den Rekurs vollumfänglich ab. Ausgehend von 40 zu leistenden Unterrichtswochen pro Jahr werde die Jahresbesoldung durch 40 geteilt und für jede geleistete Woche 1/40 der Jahresbesoldung ausbezahlt. In § 46 Abs. 3 RSV VS sei ausdrücklich vorgesehen, dass diese Regelung für unbezahlten Urlaub analog zu gelten habe. Dies bedeute, dass einer Lehrkraft, welche eine Woche unbezahlten Urlaub beziehe, 1/40 des Jahreslohnes abzuziehen sei. Der Rekurrent habe vier Wochen unbezahlten Urlaub bezogen, womit der Abzug 4/40 betrage. Die gegen diesen Entscheid erhobene Beschwerde weist das Verwaltungsgericht ab.
Aus den Erwägungen:
2.
2.1 Unbestritten ist, dass eine Lehrperson nicht nur für das Vorbereiten, Halten und Nachbereiten der Lektionen besoldet wird, sondern auch für andere, nicht direkt mit den Lektionen zusammenhängende Aufgaben (Zeugnisse und Berichte schreiben, Material beschaffen, organisieren, planen, Elterngespräche führen, schulische Anlässe organisieren etc.). Diese Arbeiten sind im Lohn enthalten, welcher sich im vorliegenden Fall denn auch auf Fr. 141‘282.70 pro Jahr beläuft.
2.2 Ein wesentlicher Unterschied zwischen der RSV und der RSV VS besteht jedoch darin, dass beim Staatspersonal eine Jahresarbeitszeit (§ 65 f. RSV) sowie ein Ferienanspruch (§ 42 RSV) definiert werden, wohingegen die RSV VS für die Lehrpersonen weder eine Jahresarbeitszeit noch einen Ferienanspruch festlegt. Ein Vollzeitpensum bzw. die daraus resultierende Besoldung werden einzig und alleine durch die Anzahl der zu haltenden Lektionen definiert. Mangels einer geregelten Jahresarbeitszeit gibt es folgerichtig auch keine Überstunden/Überzeit im eigentlichen Sinne, die - wie der Beschwerdeführer fordert - während der unterrichtsfreien Zeit zu kompensieren wären. Mangels eines geregelten Ferienanspruchs besteht auch keinerlei Grundlage für die vom Beschwerdeführer behauptete Ermittlung der Lohnkürzung von 1/47 pro Arbeitswoche (47 Arbeitswochen und 5 Ferienwochen). Ein solcher Vorschlag wurde denn auch im Zug der laufenden Revision der Arbeitszeit der Lehrpersonen verworfen.
2.3 Das erhebliche Mass an Freiheit, das den Lehrpersonen bei der Ausgestaltung ihres Unterrichts und dem damit verbundenen Aufwand zukommt und der erhebliche Spielraum, der den Lehrpersonen und Schulen (Schulleitung / Schulbehörden) eingeräumt wird, um Aufgaben nach Absprache auf die verschiedenen Lehrpersonen zu verteilen, ergibt sich auch deutlich aus dem „Berufsauftrag für Lehrkräfte an der Volksschule“ vom 15. April 2003. Dies wird insbesondere aus den Ausführungen unter den Titeln „Zusammenarbeit“ und „Beiträge an die eigene Schule“ auf Seite 2 ersichtlich, aber auch aus den dazu ergangenen Erläuterungen „Berufsauftrag: Handreichung“, wo unter anderem ausgeführt wird: „Der Kanton kann und will die Aufgaben der einzelnen Lehrerinnen und Lehrer nicht bis ins Detail regeln und vorschreiben. Der Berufsauftrag macht deshalb nur Aussagen über die grundlegenden Pflichten der Lehrerinnen und Lehrer. Es bleibt genügend Spielraum für Präzisierungen und Ergänzungen durch Schulbehörden und Schulleitungen (S. 2). Unter „Verteilung der Aufgaben im Schulhaus“ (S. 3) wird zudem festgehalten: „Grundsätzlich kann aus der Anzahl Lehrkräfte und dem Anteil von 300 bis 350 jährlicher Arbeitsstunden für nicht direkt unterrichtsbezogene Arbeiten der Gesamtstundenpool einer Schule errechnet werden. In dieser Gesamtzeit sollen die anfallenden Arbeiten erledigt werden können. Es macht also Sinn, eine Jahresplanung zu erstellen und die Arbeiten entsprechend aufzuteilen. Das bedeutet auch, dass, wer einen grösseren Anteil an Arbeiten für die ganze Schule leistet, in adäquatem Umfang von seiner Unterrichtsverpflichtung entlastet werden kann. Die so anfallenden Lektionen können von Kolleginnen und Kollegen, die weniger als 300 bis 350 Stunden an den gemeinsamen Aufgaben mitarbeiten, übernommen werden.“ In diesem Zusammenhang ist auch die Regelung in § 44 RSV VS betreffend „Bedeutung der Grundbesoldung“ zu sehen, wo festgehalten wird: „Die Grundbesoldung deckt die Unterrichtstätigkeit im Rahmen des Pflichtpensums und die Aufgaben gemäss Berufsauftrag ab. Anspruch auf eine zusätzliche Entschädigung besteht nur, wo ein Auftrag erteilt wurde, welcher eine erhebliche Mehrbelastung mit sich bringt.“
2.4 Das von der Grundbesoldung abgedeckte Stundenpensum wird ausserhalb der zu haltenden Lektionen somit weder definiert noch kontrolliert. Eine solche Regelung nimmt in Kauf, dass einzelne Lehrkräfte tatsächlich mehr als andere arbeiten (womit noch gar nichts über die Qualität der Arbeit ausgesagt ist) und dennoch die gleiche Besoldung erhalten. Sowohl der einzelnen Lehrperson wie auch der Schulbehörde / Schulleitung wird durch diese Regelung viel Freiheit belassen, was auch im Interesse der Lehrer sein dürfte. Eine Mehrentschädigung ist grundsätzlich nur möglich, wenn die Schule sich damit einverstanden erklärt. Insofern unterscheidet sich die RSV VS nicht von der RSV, deren § 69 anordnet, dass Überstunden durch Freizeit zu kompensieren sind, dass grundsätzlich kein Anspruch auf Überstundenentschädigung besteht und nur in begründeten Ausnahmefällen Leiterinnen und Leiter der Departemente, der Staatskanzlei, der Ämter, Anstalten und Gerichte eine Entschädigung der Überstunden gewähren können.
2.5 (…)
2.6 Aufgrund des jetzigen Systems liegt es letztlich also in der Verantwortung der einzelnen Lehrperson selber, zu beurteilen, ob die in der RSV VS festgelegten Besoldungsgrundsätze dazu führen, dass sie für die geleistete Arbeit angemessen entschädigt wird und - sollte dies ihres Erachtens aus irgendwelchen Gründen nicht der Fall sein - die Schule zu informieren und entweder um eine Reduktion der Arbeitslast oder um eine zusätzliche Entschädigung zu ersuchen. Dieser Grundsatz muss auch dann Geltung haben, wenn die Besoldung wegen unbezahlten Urlaubs gemäss § 46 Abs. 3 RSV VS gekürzt wird. Selbst wenn eine Reduktion der nicht unmittelbar lektionenbezogenen Arbeitsstunden bei einem unbezahlten Urlaub nicht möglich wäre und sich somit der fiktive Zeitlohn (Besoldung / geleistete Arbeitsstunden) für die betroffene Lehrkraft verschlechtert, ist damit noch in keiner Weise dargetan, dass die ausgerichtete Besoldung im Verhältnis zur geleisteten Arbeit übers Jahr hinweg unangemessen ist und dies einer Korrektur bedürfte.
Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2013.161/E vom 22. Januar 2014
Das Bundesgericht hat eine dagegen gerichtete Verfassungsbeschwerde mit Urteil 8D_4/2014 vom 24. Juni 2014 abgewiesen.