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TVR 2014 Nr. 39

Sicherstellung, Arrest für Staats- und Gemeindesteuern


§ 196 StG


1. Mängel, die den Vollzug der Sicherstellungsverfügung bzw. die Arrestlegung oder den Arrestbefehl betreffen, sind nicht im Rechtsmittelverfahren gegen die Sicherstellungsverfügung zu prüfen (E. 3.2).

2. Die fortgesetzte Verletzung der Mitwirkungspflicht im Steuerverfahren sowie der Ausstand von verschiedenen Steuerforderungen kann den Erlass einer Sicherstellungsverfügung rechtfertigen. Hat der Steuerpflichtige keinen Wohnsitz in der Schweiz oder erscheint die von ihm geschuldete Steuer als gefährdet, kann die Steuerverwaltung auch vor der rechtskräftigen Feststellung des Steuerbetrages die Sicherstellung verlangen (E. 4).


Die X AG ist seit Beginn ihrer Geschäftstätigkeit international vernetzt und hatte seit ihrer Gründung Beteiligungsinhaber mit ausländischer Staatszugehörigkeit. Am 24. Januar 2014 erliess die kantonale Steuerverwaltung (Vorinstanz) eine Sicherstellungsverfügung gegen die X AG zur Deckung der Staats- und Gemeindesteuern 2013 sowie zur Sicherstellung der Verfahrens-, Arrest- und Betreibungskosten im Betrag von Fr. 132‘075.--. Dagegen liess die X AG mit fristgerechter Eingabe Rekurs erheben. Die Steuerrekurskommission weist den Rekurs ab.

Aus den Erwägungen:

3.2 Nach § 196 StG hat die Sicherstellungsverfügung den Zweck, die vom Steuerpflichtigen geschuldete Steuer in Geld, durch Hinterlegung sicherer, marktgängiger Wertschriften, Grundpfand oder Bankbürgschaften sicher zu stellen (Abs. 2). Gemäss Abs. 4 gilt die Sicherstellungsverfügung als Arrestbefehl nach Art. 274 SchKG. Die Leistung des sicher zu stellenden Betrages kann somit einerseits freiwillig im Sinne von Abs. 2 durch die Steuerpflichtigen geleistet werden oder zwangsweise durch die Vorinstanz im Sinne von Abs. 4 durchgesetzt werden. Dass die Kantone Sicherstellungsverfügungen der zuständigen kantonalen Steuerbehörden den Arrestbefehlen nach Art. 274 SchKG gleichstellen können, ergibt sich aus Art. 78 StHG. Nach dem gleichen Artikel ist der Arrest vom zuständigen Betreibungsamt zu vollziehen; eine Einsprache nach Art. 278 SchKG ist nicht zulässig.

3.2.1 In einem neueren Entscheid bestätigt das Bundesgericht seine bisherige Praxis, dass Mängel, die den Vollzug der Sicherstellungsverfügung bzw. die Arrestlegung oder den Arrestbefehl betreffen, nicht im Rechtsmittelverfahren gegen die Sicherstellungsverfügung zu prüfen sind. […] (Urteil des Bundesgerichts 2C_235/2013 vom 26. Oktober 2013 E. 2.3 mit Hinweisen).

4. Hat der Steuerpflichtige keinen Wohnsitz in der Schweiz oder erscheint die von ihm geschuldete Steuer als gefährdet, kann die Steuerverwaltung nach § 196 Abs. 1 StG auch vor der rechtskräftigen Feststellung des Steuerbetrages die Sicherstellung verlangen. Im Sicherstellungsentscheid ist der sicher zu stellende Betrag anzugeben. Der Sicherstellungsentscheid kann mit Rekurs bei der Steuerrekurskommission angefochten werden; deren Entscheid ist endgültig. Der Rekurs hemmt die Vollstreckung des Sicherstellungsentscheides nicht (§ 196 Abs. 3 StG). (…) Unbestritten hat die Rekurrentin ihren Sitz in der Schweiz. Zu prüfen ist, ob die von ihr geschuldete Steuer als gefährdet erscheint.

4.1 Die bundesgerichtliche Rechtsprechung im Zusammenhang mit Art. 169 DBG (…), welcher im Wortlaut ähnlich demjenigen von § 196 StG ist, konkretisiert die Voraussetzungen für den Erlass einer Sicherstellungsverfügung. Danach muss ein Sicherstellungsgrund vorliegen, der Bestand der Steuerforderung als wahrscheinlich erscheinen und der Betrag der eingeforderten Sicherstellung sich nicht als offensichtlich übersetzt erweisen. Die Bestimmung der Steuerpflicht wie auch der tatsächlich geschuldeten Steuer bleibt jedoch dem ordentlichen Veranlagungsverfahren vorbehalten (Urteil des Bundesgerichts 2C_235/2013 vom 26. Oktober 2013 E. 2.4, mit ausführlichen Hinweisen).

4.2 Die Rekurrentin bringt betreffend die Höhe des sicher zu stellenden Betrages von Fr. 132‘075.-- vor, die Vorinstanz habe den Betrag nicht substantiiert dargelegt. (…) Damit die Rekurrentin weiterhin operativ tätig sein könne, habe sie ein berechtigtes Interesse, auf das ganze Vermögen auf ihren Konten zugreifen zu können. Dies werde mit der Sicherstellungsverfügung verunmöglicht, was unzumutbar sei. Es fehle somit auch an der Verhältnismässigkeit der Massnahme. (…)

4.2.1 Die Vorinstanz macht in ihrer Vernehmlassung geltend, dass sich die sicherzustellende Steuerforderung aus dem Verkauf der Liegenschaft im Jahr 2013 ergebe. (…) Die approximative Steuerforderung daraus liege bei Fr. 132‘075.--, welche der Sicherstellungsverfügung zu Grunde gelegt worden sei.

4.2.2 Die von der Vorinstanz dargelegte Berechnung des sicherzustellenden Betrages erscheint als nachvollziehbar und ist offensichtlich keine reine Vermutung, wie die Rekurrentin behauptet. (…)

4.3.1 Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Gefährdung der Steuerforderung nach dem Wortlaut des Gesetzes nur glaubhaft zu machen. Eine besondere Handlungsweise, ein „Verhalten“ des Steuerpflichtigen, das sich auf die Bezahlung der Steuerforderung nachteilig auswirken könnte, verlange Art. 169 DBG (analog § 196 Abs. 1 StG) nicht. Es genüge, dass die Bezahlung der Steuerforderung objektiv aufgrund der gesamten Umstände gefährdet erscheine. Das sei etwa dann der Fall, wenn die steuerpflichtige Tätigkeit in einer Weise ausgestaltet sei, die es dem Betroffenen ermögliche, sich durch Verschiebung von Vermögenswerten namentlich ins Ausland der Steuervollstreckung zu entziehen, oder, wenn der Steuerpflichtige den Veranlagungsbehörden gegenüber systematisch seine Einkommens- und Vermögenssituation verschleiere, bzw. wenn er Bankkonten mit beträchtlichen Vermögenswerten in seinen Steuererklärungen nicht deklariere. Bei der Beurteilung der Steuergefährdung komme zudem der leichten Verwertbarkeit und Verschiebbarkeit des vorhandenen Vermögens erhebliche Bedeutung zu (Urteil des Bundesgerichts 2A.234/2006 vom 23. Januar 2007 E. 2.1).

4.3.2 […] Die Vorinstanz begründet die getroffene Sicherstellungsverfügung damit, dass die Rekurrentin sich dem einzig nennenswerten Haftungssubstrat - nämlich der Liegenschaft in X. TG - entledigt habe, ihren Mitwirkungspflichten nicht mehr nachgekommen sei und im Weiteren auch keine Zahlungen an die Steuerausstände geleistet habe, selbst nach der Veräusserung der Liegenschaft und der damit zusammenhängenden Liquiditätszuführung. […]. Ein weiteres Indiz stelle die internationale Verflechtung der Rekurrentin aufgrund ihrer Beherrschung durch ausländische Staatsangehörige dar sowie die leichte Verwert- und Verschiebbarkeit der ihr zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel, die vornehmlich aus flüssigen Mitteln bestünden. Betreffend die Steuerperioden 2011 und 2012 hätten infolge Nichteinreichen der Steuererklärungen bzw. Jahresrechnungen Ermessens­veranlagungen vorgenommen werden müssen, (…) zudem sei die Rekurrentin mit der Zahlung ihrer Steuerausstände im Verzug.

4.3.3 Obige Ausführungen der Vorinstanz machen glaubhaft, dass die Steuerforderung aufgrund der dargelegten Umstände betreffend die Rekurrentin als gefährdet erscheint. (…)

Entscheid der Steuerrekurskommission 200/2014 vom 21. August 2014

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