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TVR 2014 Nr. 40

Kündigungsgründe in der Probezeit, Pflicht zur Anhörung


Art. 29 Abs. 2 BV


Auch im öffentlichen Recht dürfen an die Gründe, aus welchen ein Arbeitgeber das während der Probezeit seiner Natur nach noch lockere Verhältnis noch kündigen darf, keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Der Arbeitnehmer ist anzuhören.


Per 14. Oktober 2013 hat X im Alterszentrum A eine Stelle als Pflegehelfer des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) mit einem Pensum von 70% angetreten. Gemäss Anstellungsvertrag betrug die Probezeit 3 Monate. Dieses Anstellungsverhältnis wurde seitens der Arbeitgeberin am 20. Dezember 2013 per 29. Dezember 2013 aufgelöst. Den hiergegen erhobenen Rekurs weist die Personalrekurskommission ab.

Aus den Erwägungen:

2. Strittig ist die Kündigung eines Pflegehelfers im Alterszentrum A, welche während der dreimonatigen Probezeit erfolgt ist. Die Anstellungsbedingungen der Angestellten des Alterszentrums A richten sich nach der Verordnung über die Anstellungsbedingungen der Gemeinde A und ihre Betriebe vom 1. Juli 2009. Gemäss Art. 3 der Verordnung beträgt die Probezeit, sofern im Arbeitsvertrag eine solche vereinbart ist, 3 Monate. Während der Probezeit kann das Anstellungsverhältnis unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von 7 Tagen auf Ende einer Kalenderwoche schriftlich gekündigt werden.
Die formellen Voraussetzungen sind mit dem Kündigungsschreiben vom 20. Dezember 2013 erfüllt. Die Kündigung erfolgte schriftlich, die Kündigungsfrist von mindestens 7 Tagen ist eingehalten, und die Kündigung erfolgte auf das Ende einer Kalenderwoche, der 29. Dezember 2013 war ein Sonntag.

3. Das Anstellungsverhältnis zwischen dem Rekurrenten und dem Alterszentrum A ist ohne Weiteres als öffentlich-rechtliches Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, nachdem die Anstellungsbedingungen in der Verordnung der Gemeinde A geregelt sind. Dies bedeutet, dass bei einer Kündigung gewisse formale Regeln einzuhalten sind. Die Kündigung des Anstellungsverhältnisses ist nicht nur schriftlich zu eröffnen, sondern auch konkret zu begründen. Die grundsätzliche Pflicht von Behörden, Entscheide zu begründen, ergibt sich aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV, ehemals Art. 4 BV). Der Anspruch auf rechtliches Gehör beinhaltet ausserdem das Recht des Betroffenen, sich vor Erlass des Entscheides zur Sache zu äussern und zur allenfalls geplanten Kündigung Stellung zu nehmen. Dem Betroffenen muss vor Erlass des Kündigungsschreibens Gelegenheit gegeben werden, seinen Standpunkt darzulegen (Urteil des Bundesgerichts 8C_395/2009 vom 10. November 2009). Bei der Frage, ob die Kündigung materiell gerechtfertigt ist, muss insbesondere überprüft werden, ob die kündigende Behörde die allgemeinen verfassungsrechtlichen Schranken wie das Willkürverbot, das Verhältnismässigkeitsprinzip und den Grundsatz von Treu und Glauben beachtet hat. Der öffentlich-rechtliche Kündigungsschutz umfasst die Missbrauchstatbestände des Obligationenrechts, geht aber weiter. Dieser weitergehende Kündigungsschutz im öffentlichen Dienstrecht besteht darin, dass jede Kündigung einen sachlichen Grund voraussetzt.
Diese Grundsätze sind auch bei der Kündigung während der Probezeit zu beachten, obwohl sie dazu dienen soll, die Fähigkeiten und Eignung eines Mitarbeiters zu erproben. Die Kündigung während der Probezeit soll den Parteien indessen ermöglichen, aufgrund der in der Probezeit gewonnenen Erkenntnisse den Entscheid über eine langfristige Bindung noch in Frage zu stellen (BGE 134 III 108 E. 7.1.1). Auch im öffentlichen Recht dürfen hinsichtlich der Gründe, aus welchen ein Arbeitgeber dieses schon seiner Natur nach noch lockere Verhältnis noch kündigen darf, keine zu strengen Anforderungen gestellt werden. Die Kündigung des Probeverhältnisses muss namentlich zulässig sein, wenn aufgrund der Wahrnehmung der Vorgesetzten anzunehmen ist, dass der Ausweis der Fähigkeiten oder der Eignung des Angestellten nicht erbracht ist oder voraussichtlich nicht erbracht werden kann. Es entspricht dem Charakter des Probeverhältnisses, dass dem öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber in dieser Hinsicht ein weiter Beurteilungsspielraum belassen wird (BGE 108 Ib 209). Allerdings entbindet die Probezeit den für die Kündigung zuständigen öffentlich-rechtlichen Arbeitgeber nicht davon, den Arbeitnehmer vorgängig zu den in dieser Zeit festgestellten Leistungs- oder Verhaltensmängeln anzuhören.

4. Dem Rekurrenten ist am 20. Dezember 2013 durch die Pflegedienstleiterin eröffnet worden, man werde das Anstellungsverhältnis auflösen. Die Gründe für die Kündigung wurden ihm dargelegt. Die schriftliche Kündigung enthält diese Kündigungsgründe nicht. Gleichwohl müssen sie dem Rekurrenten bekannt gewesen sein, er setzt sich nämlich in seiner Rekursschrift über fast 4 Seiten damit auseinander. Ausserdem sind die Kündigungsgründe in der Stellungnahme des Arbeitgebers ausführlich dargelegt, und der Rekurrent hatte Gelegenheit, sich in der Rekursreplik damit auseinanderzusetzen.
Der Rekurrent ist indessen nicht erst am 20. Dezember 2013 auf die Probleme hingewiesen worden. Bereits im Standortgespräch vom 20. November 2013, welches demnach rund einen Monat nach der Arbeitsaufnahme stattgefunden hat, sind die Defizite, welche die Arbeitgeberin festgestellt hat, aufgeführt: Der Rekurrent kümmert sich teilweise zu eingehend um einzelne Bewohner; Arbeit und Betreuung stehen dadurch nicht im richtigen Verhältnis, so dass er nicht in der Lage ist, die Pflege in der vorgesehenen Zeit zu erledigen. Dies führe dazu, dass die anderen Mitarbeiter Teile seiner Arbeit erledigen müssten. Auch nach dem Standortgespräch gingen die Bemühungen seitens der Arbeitgeberin, seine Arbeitsweise den Vorgaben anzupassen, weiter. Es wurde immer wieder das Gespräch gesucht. Es musste jedoch festgestellt werden, dass es ihm schwer fällt, Kritik zu akzeptieren und Verbesserungsvorschläge der Vorgesetzten oder des ausgebildeten Personals umzusetzen. Anfang Dezember wurde ihm erklärt, er könne bleiben, wenn das vom Team akzeptiert werde und er sich ändere. Er zeigte sich indessen anlässlich dieses Gesprächs wenig einsichtig und wollte vielmehr aufzuzeigen, dass er alles richtig mache.
Für die Personalrekurskommission ist offensichtlich, dass die Eingliederung des Rekurrenten in den Betrieb des Alterszentrums sehr schwierig war. Er kennt den Pflegeberuf erst wenige Monate, bringt aber wenig Bereitschaft mit, sich den Gegebenheiten in einem Alterszentrum anzupassen. Er strapaziert seine Arbeitskollegen, indem er sich für bestimmte Bewohner viel - zu viel - Zeit nimmt und die Pflege der anderen Bewohner seinen Kollegen überlässt. Gerade dieses Verhalten musste zwangsläufig zu Spannungen im Team führen. Wenn das Alterszentrum sich in dieser Situation dafür entscheidet, den Rekurrenten, welcher diese Spannungen verursacht hat, während der Probezeit zu entlassen, hat es seinen Ermessensspielraum nicht überschritten.

Entscheid der Personalrekurskommission § 10/2014 vom 17. Juli 2014

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