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TVR 2014 Nr. 8

Publikation einer Verkehrsanordnung, vorgängige Anhörung


Art. 9 Abs. 2 BekanntmachungsG, § 2 Ziff. 2 RRV SVG, Art. 107 Abs. 1 SSV, § 21 VRG


1. Auch für eine kantonale Verkehrsanordnung genügt die Bekanntmachung im örtlichen Gemeindeblatt, sofern sie nicht zwingend ins Rechtsbuch aufzunehmen ist (E. 2.1 - 2.6).

2. Bei Allgemeinverfügungen findet regelmässig keine vorgängige Anhörung von Betroffenen statt (E. 2.7).


Mit Verkehrsanordnung vom 27. März 2014 genehmigte das DBU auf Antrag der Politischen Gemeinde N für die Parzelle Nr. XX ein „Allgemeines Fahrverbot in beide Richtungen“ mit Zusatz „Land- und Forstwirtschaft gestattet“. Der Entscheid hing vom 2. April 2014 bis zum 22. April 2014 in den kommunalen Anschlagkästen und wurde ebenso im örtlichen Mitteilungsblatt publiziert. Die entsprechenden Unterlagen konnten in derselben Zeitspanne auf der Gemeinde eingesehen werden. Hiergegen erhoben S und C beim Verwaltungsgericht Beschwerde, das diese abweist.

Aus den Erwägungen:

2.
2.1 Gestützt auf Art. 3 Abs. 2 SVG, sind die Kantone befugt, für bestimmte Strassen Fahrverbote, Verkehrsbeschränkungen und Anordnungen zur Regelung des Verkehrs zu erlassen. Gemäss § 1 Abs. 2 RRV SVG ist im Kanton Thurgau die Vor­instanz für Erlass, Änderung oder Aufhebung der dauernden Verkehrsanordnungen auf Staats-, Gemeinde- und Flurstrassen sowie öffentlichen Verkehrsflächen zuständig. Das Tiefbauamt und die Kantonspolizei begutachten dabei Verkehrsanordnungen im Auftrag der Vorinstanz (§ 1 Abs. 3 RRV SVG). Örtliche Verkehrsanordnungen, die durch Vorschrifts- oder Vortrittssignale oder durch andere Signale mit Vorschriftscharakter angezeigt werden, sind von der Behörde zu verfügen und mit Rechtsmittelbelehrung zu veröffentlichen (Art. 107 Abs. 1 SSV). Kann ein Entscheid nicht zugestellt werden oder richtet er sich an einen unbestimmten Personenkreis, wird er durch amtliche Publikation eröffnet (§ 21 VRG). Erlasse, Verfügungen und Verlautbarungen, die nicht ins Rechtsbuch aufzunehmen sind, jedoch zur Erfüllung ihres Zweckes der Bekanntmachung bedürfen, werden im Amtsblatt veröffentlicht, sofern nicht im Einzelfall ein anderes Publikationsmittel zweckmässig und zulässig ist (§ 9 Abs. 2 BekanntmachungsG). Die Veröffentlichung von Verkehrsanordnungen erfolgt für Gemeinde- und Flurstrassen durch die Gemeindebehörde in ortsüblicher Form (§ 2 Abs. 1 Ziff. 2 RRV SVG). § 10 der Gemeindeordnung der verfahrensbeteiligten Gemeinde sieht vor, dass amtliche Publikationen mittels Anschlägen im Anschlagkasten des Gemeindehauses zu erfolgen haben. Der Gemeinderat bestimmt weitere Anschlagorte und Publikationsorgane.

2.2 Die Verkehrsanordnung der Vorinstanz wurde unbestrittenermassen sowohl im Anschlagkasten des Gemeindehauses wie auch an den vom Gemeinderat zusätzlich bezeichneten Anschlagkästen in zwei weiteren Ortsteilen ausgehängt. Zudem wurde die Verkehrsanordnung auch im offiziellen Publikationsorgan der Gemeinde publiziert. Die Veröffentlichungen erfolgten augenscheinlich jeweils unter Anführung des vollen Entscheidtextes sowie unter Verweis auf das Rechtsmittel sowie die Rechtsmittelfrist.

2.3 Die Beschwerdeführer monieren in formeller Hinsicht unter anderem, dass der Genehmigungsentscheid der Vorinstanz im Amtsblatt des Kantons Thurgau hätte publiziert werden müssen und dass mit dem blossen Aushängen in den Anschlagkästen sowie dem Veröffentlichen im „N-erblättli“ den formellen Anforderungen von § 21 VRG nicht Genüge getan wurde. Diese Auffassung ist nicht zu teilen. Beim angefochtenen Entscheid handelt es sich offenkundig um einen Entscheid, welcher nicht ins Rechtsbuch aufgenommen wird, zur Erfüllung seines Zweckes aber der Bekanntmachung bedarf. Dementsprechend ist eine alternative Publikation in einem anderen Publikationsorgan als dem kantonalen Amtsblatt möglich, wenn eine solche zulässig und zweckmässig ist.

2.4 Die Zulässigkeit ergibt sich in casu aus der vorgängig zitierten, einschlägigen Bestimmung der SSV sowie der RRV SVG. Letztere sieht explizit vor, dass im Falle von Verkehrsanordnungen, welche Gemeinde- oder Flurstrassen betreffen, eine Publikation durch die Gemeindebehörde im ortsüblichen Rahmen zu erfolgen hat. Eine ausreichende Rechtsgrundlage ist somit gegeben und die Voraussetzung der Zulässigkeit damit erfüllt.

2.5 Die Zweckmässigkeit ergibt sich aus dem Sinn und Zweck der Vorschrift zur amtlichen Publikation. Diese hat zum Zweck, die unwiderlegbare Vermutung (Fiktion) zu schaffen, dass ein Entscheid allen möglichen Adressaten eröffnet worden ist und damit die entsprechenden Rechtsfolgen gezeitigt werden (Fedi/Meyer/Müller, Kommentar zum Gesetz über die Verwaltungsrechtspflege des Kantons Thurgau, Basel 2014, § 21 N. 2). Aufgrund des fiktionalen Charakters des Publikationszwecks ist es gerade nicht erforderlich, dass alle Adressaten tatsächlich vom Entscheid Kenntnis genommen haben. Die theoretische Möglichkeit, dass sie dies hätten tun können, was mitunter auch ein Aktivwerden ihrerseits bedingen kann, reicht aus. Es ist für die Beurteilung der Zweckmässigkeit demnach im Sinne des rechtsstaatlichen Grundsatzes der Verhältnismässigkeit auf die Geeignetheit sowie die Angemessenheit des gewählten Publikationsmittels abzustellen.

2.6 Die Publikation von Verkehrsanordnungen für Gemeinde- und Flurstrassen mittels ortsüblichen Mitteln - in casu den kommunalen Anschlagkästen und dem Gemeindeblatt - ist sowohl geeignet als auch angemessen, um einen genügend grossen Kreis an direktbetroffenen und interessierten Adressaten zu erreichen. Es liegt geradezu auf der Hand, solche Anordnungen, welche primär und in erster Linie von lokalem Interesse sind, auch mit lokalen Mitteln publik zu machen. Würde man - wie es dies die Beschwerdeführer offenbar verlangen - jede Verkehrsanordnung von kommunalem Belang im Amtsblatt publizieren, liefe dies dem Sinn und Zweck des Publikationsprinzips entgegen. Die öffentlichen Publikationsorgane dienen dem Bürger vor allem dazu, sich stufen- und fristgerecht über rechtserhebliche Entwicklungen informieren zu können. Eine flächendeckende Publikation untergeordneter Erlasse, Verfügungen und Verlautbarungen im kantonalen Amtsblatt, wäre diesem Anspruch nicht nur abträglich, sondern widerspräche in direktem Masse auch dem Grundsatz eines bürgernahen und ökonomischen Verwaltungsverfahrens, da sich der Bürger als potentieller Adressat mit einem unnötigen Schwall an Publikationsmeldungen auseinanderzusetzen hätte, um an die für ihn relevanten Informationen zu kommen. Eine derartige Publikationspolitik ist nicht zu vertreten. Die Veröffentlichung der Verkehrsanordnung der Vorinstanz vom 27. März 2014 durch die verfahrensbeteiligte Gemeinde ist entsprechend nicht zu beanstanden. Sie war zulässig und zweckmässig, die Anforderungen an eine gehörige Publikation wurden damit erfüllt. Die diesbezüglichen Vorwürfe der Beschwerdeführer sind unbegründet.

2.7 Die Beschwerdeführer beanstanden weiter, dass sie im Vorgang zur Anordnung des Fahrverbotes hätten angehört werden müssen und deshalb ihr Anspruch auf Wahrung des rechtlichen Gehörs verletzt worden sei. Auch diese Auffassung kann nicht geteilt werden. Bei Allgemeinverfügungen wie Verkehrsanordnungen besteht dann ein Anspruch auf vorgängige Anhörung, wenn einzelne Personen durch die ergangene Anordnung wesentlich schwerer betroffen werden als die übrige Vielzahl der Normaladressaten (Fedi/Meyer/Müller, a.a.O., § 13 N. 15). Im Falle einer Verkehrsanordnung ist für die Frage der wesentlich schwereren Betroffenheit unter anderem massgeblich, ob die fragliche Strasse dem allgemeinen Verkehr dient oder nicht, wonach bei letzterem ein Anspruch auf Anhörung bestünde, bei ersterem nicht. Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung ist dann von einer Nutzung durch den allgemeinen Verkehr zu sprechen, wenn die Strasse einem unbestimmten Personenkreis zur Verfügung steht, selbst wenn die Benutzung nach Art und Zweck eingeschränkt ist (vgl. Urteil des Bundesgerichts 2A.194/2006 vom 3. November 2006 E. 2). Dies ist vorliegend zweifellos der Fall. Es ist gestützt darauf nicht ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführer durch die Anordnung des Fahrverbotes wesentlich schwerer betroffen sein sollen als die übrige Vielzahl der Normaladressaten. Eine solche Betroffenheit können die Beschwerdeführer auch nicht dadurch begründen, dass sie den fraglichen Waldweg quasi zu ihrem Privatparkplatz erklären, immerhin stehen gemäss § 38 StrWG auch direkten Anstössern einer Strasse keine besonderen Benutzungsrechte an dieser zu. Aufgrund der fehlenden materiell-rechtlichen Vorzugsstellung ergeben sich demnach auch keine zusätzlichen verfahrensrechtlichen Ansprüche der Beschwerdeführer. Sie mussten von der Vorinstanz also im Vorgang zum Entscheid nicht angehört werden. Es liegt damit entsprechend keine Verletzung des rechtlichen Gehörs der Beschwerdeführer vor.

Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2014.85/E vom 3. September 2014

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