TVR 2018 Nr. 17
Terrainaufschüttung in Landschaftsschutzzone; überwiegende Interessen des Landschaftsschutzes
Art. 16 a Abs. 1 RPG, Art. 34 Abs. 4 lit. b RPV
Das öffentliche Interesse am Erhalt der charakteristischen Landschaft ist höher zu gewichten als die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einer möglichst einfachen Bewirtschaftung und allenfalls erhöhten Fruchtbarkeit des Bodens.
A ist Eigentümer der Liegenschaft Nr. XXX Grundbuch Z. Diese umfasst 25‘440 m2 und liegt gemäss Zonenplan der Politischen Gemeinde Z vorwiegend in der Landschaftsschutzzone sowie in der Zone Ufergehölz (Wald). Entlang der südlichen Liegenschaftsgrenze verläuft der F-Bach. Nach einer Bauanfrage ersuchte A am 7. Dezember 2015 die Politische Gemeinde Z um eine Baubewilligung für die (redimensionierte) Auffüllung einer Böschungsmulde auf einer Fläche von ca. 5‘900 m2 mit ca. 7‘400 m3 Aushubmaterial. Das ARE verweigerte mit Entscheid vom 8. November 2016 die Erteilung einer raumplanungsrechtlichen Ausnahmebewilligung und die Politische Gemeinde Z erteilte die Baubewilligung mit Entscheid vom 7. Dezember 2016 nicht. Der dagegen erhobene Rekurs von A wies das DBU mit Entscheid vom 12. Juni 2017 ab. Das Verwaltungsgericht weist die Beschwerde ab.
Aus den Erwägungen:
3.
3.1 Umstritten ist, ob die vom Beschwerdeführer geplante Terrainaufschüttung auf der Liegenschaft Nr. XXX (Grundbuch Z) zonenkonform ist.
3.2 (Gemäss BauR der verfahrensbeteiligten Gemeinde gelten für die Frage der Zulässigkeit von Bauten in der Landschaftsschutzzone die Vorschriften der Landwirtschaftszone)
4.
4.1 Landwirtschaftszonen umfassen nach Art. 16 Abs. 1 RPG Land, das sich für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung oder den produzierenden Gartenbau eignet und zur Erfüllung der verschiedenen Aufgaben der Landwirtschaft benötigt wird (lit. a) oder im Gesamtinteresse landwirtschaftlich bewirtschaftet werden soll (lit. b). Bauten und Anlagen, die zur landwirtschaftlichen Bewirtschaftung oder für den produzierenden Gartenbau nötig sind, sind gemäss Art. 16a Abs. 1 RPG in der Landwirtschaftszone zonenkonform.
4.2 und 4.3 (…)
5.
5.1 Gemäss Art. 34 Abs. 4 lit. b und c RPV dürfen der Baute oder Anlage am vorgesehenen Standort keine überwiegenden Interessen entgegenstehen und der Betrieb muss voraussichtlich längerfristig bestehen können. Soweit das positive Verfassungs- und Gesetzesrecht einzelne Aspekte der Interessenabwägung regelt (Umweltschutz sowie Natur- und Heimatschutz), sind Bauvorhaben vorab anhand dieser Vorschriften auf ihre Zulässigkeit hin zu prüfen (Caviezel/Fischer, in: Griffel/Liniger/ Rausch/Turnherr [Hrsg.], Fachhandbuch Öffentliches Baurecht, Zürich 2016, Rz. 3.64). (…)
5.2 und 5.3 (Unvereinbarkeit des Bauvorhabens mit Art. 33 Abs. 2 USG [Massnahmen gegen Bodenbelastungen] gemäss Einschätzungen des AfU gegeben, vorliegend aber letztlich offen gelassen)
6.
6.1 Selbst wenn Art. 33 Abs. 2 USG dem Bauvorhaben vorliegend nicht entgegenstehen würde, müsste diesem die Bewilligung nach Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen im Sinne von Art. 34 Abs. 4 lit. b RPV verweigert werden.
6.2 Die geforderte Interessenabwägung hat im Hinblick auf die in Art. 1 und Art. 3 RPG festgelegten Ziele und Grundsätze der Raumplanung zu erfolgen. Mit raumplanerischen Massnahmen sollen unter anderem die natürlichen Lebensgrundlagen geschützt, das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Leben in den einzelnen Landesteilen gefördert und die ausreichende Versorgungsbasis des Landes gesichert werden. Dabei ist darauf zu achten, dass die Landschaft geschont wird, die Landwirtschaft über genügend Flächen geeigneten Kulturlandes verfügt und naturnahe Landschaften und Erholungsräume erhalten bleiben. Diesen Zielsetzungen dient auch die Sicherung der Existenzfähigkeit landwirtschaftlicher Betriebe (vgl. Urteil des Bundesgerichts 1A.154/2002 vom 22. Januar 2003 E. 5.1, in: ZBl 105/2004 S. 107).
6.3
6.3.1 Vorliegend befindet sich die betroffene Liegenschaft gemäss kantonalen Richtplan in einem Gebiet mit Vorrang Landschaft. Struktur und Eigenart der Gebiete mit Vorrang Landschaft sind zu erhalten, beziehungsweise zu fördern. Es gelten erhöhte Anforderungen an den Standort und an die Gestaltung von bewilligungspflichtigen baulichen Eingriffen. Im Zonenplan der verfahrensbeteiligten Gemeinde ist die Liegenschaft der Landschaftsschutzzone zugewiesen. Gemäss Art. 2.3.2 Abs. 1 BauR bezweckt die Landschaftsschutzzone die dauernde Erhaltung der ausgeschiedenen Gebiete in ihrer Schönheit und Eigenart. Bereits die dargelegte raumplanungsrechtliche Einordnung der Liegenschaft Nr. XXX verdeutlicht, dass dem Landschaftsschutz im betroffenen Gebiet ein wesentliches Interesse zukommt. Wie der Stellungnahme des verfahrensbeteiligten Amtes vom 15. September 2016 zu entnehmen ist und sich anlässlich des durchgeführten Augenscheins bestätigt hat, gliedert sich das fragliche Aufschüttungsgebiet in eine Landschaft ein, die sich durch typische mäandrierende Bachläufe, oft mit intakter Uferbestockung, und die Gliederung des Obstbaugebietes auszeichnet. Mit der geplanten Aufschüttung würde die Nachvollziehbarkeit des ursprünglichen Bachlaufes des F-Bachs, welcher sich aus den heutigen Geländeformen ableiten lässt, eliminiert. Die Auffüllung und Beseitigung der Geländekanten würde damit ohne Zweifel zu einer Banalisierung der Landschaftsformen und zu einer grossflächigen Begradigung des Geländes führen, was in einem Gebiet mit Vorrang Landschaft gemäss kantonalem Richtplan und mit der Zonierung in der Landschaftsschutzzone nicht vereinbar ist. Überdies steht dem Bauvorhaben auch Art. 2.3.2 Abs. 3 BauR entgegen, nachdem einzig „geringfügige Terrainveränderungen“ durch diese Zonenvorschriften nicht eingeschränkt werden. Davon kann bei der geplanten Aufschüttung, welche auch nach der Redimensionierung mit ca. 7‘400 m3 Aushubmaterial als erheblich zu bezeichnen ist, nicht die Rede sein. Sodann führte die Vorinstanz in nachvollziehbarer Weise aus, dass die bestehende Landschaftscharakteristik durch die geplante Geländeangleichung aufgelöst würde und das Bauvorhaben eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenheit und Gestaltung des geschützten Landschaftsraumes bzw. der Geländekammer darstellen würde, woran die vom Beschwerdeführer vorgebrachte Bepflanzung mit vier einheimischen Feldbäumen entlang der Ackergrenze und die Nachbildung des Verlaufs der ehemaligen Böschung mit Hecken nichts ändert, sondern im Gegenteil eher als künstlich und fremd erachtet wird. Vor diesem Hintergrund ist ein erhebliches öffentliches Interesse am Erhalt der Landschaft gegeben.
6.3.2 Des Weiteren liegt die betroffene Liegenschaft gemäss kantonalen Richtplan in einem Gebiet mit Vernetzungsfunktion. Gebiete mit Vernetzungsfunktion unterstützen die Wanderung von Tieren und die Ausbreitung von Pflanzen. Das Vernetzungssystem ist gemäss Ziff. 2.5 des kantonalen Richtplans zu erhalten und wo nötig durch geeignete Massnahmen zu verbessern. Der südlich der Liegenschaft Nr. XXX verlaufende F-Bach bildet ein wichtiges Glied im Vernetzungskorridor Nr. C. Gemäss der Beurteilung des verfahrensbeteiligten Amtes vom 15. September 2016 sind Böschungen für viele Tiere ein letzter Rückzugsraum und grasüberwachsene Böschungen wie die Vorliegende würden insbesondere für Kröten und Blindschleichen Aufenthaltsräume bieten. Mit der geplanten Terrainaufschüttung würde damit eine Böschung zerstört, welche nicht nur in landschaftlicher, sondern auch aus ökologischer Sicht wertvoll ist und einen Trittstein innerhalb der Vernetzung bildet. Überdies würde das Bauvorhaben gemäss den Ausführungen des verfahrensbeteiligten Amtes die Vernetzungsfunktion stark beeinträchtigen. Damit steht dem Bauvorhaben auch Ziff. 2.5 des kantonalen Richtplans entgegen bzw. ist ein öffentliches Interesse im Sinne der Erhaltung des Vernetzungssystems gegeben.
6.3.3 Zusammenfassend ist ein grosses öffentliches Interesse gegeben, die geplante Aufschüttung, welche mit ca. 7‘400 m3 Aushubmaterial als erheblich zu bezeichnen ist und auch Fruchtfolgeflächen im östlichen Teil tangiert, im landschaftlich geschützten Gebiet, wo das typische Gelände weiterhin erhalten bleiben soll und welches eine Vernetzungsfunktion hat, zu untersagen, insbesondere wenn - wie nachfolgend dargestellt - nur untergeordnete und nicht existenzsichernde private Interessen auszumachen sind.
6.4 (…) Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen eine möglichst einfache Bewirtschaftung und eine Verbesserung der Fruchtbarkeit des fraglichen Wieslands geltend. Ob die Fruchtbarkeit des Bodens durch die Terrainveränderung allenfalls verbessert würde, ist fraglich. Selbst wenn dem so wäre, würde es jedoch eine untergeordnete Fläche im Vergleich zur gesamten dem Beschwerdeführer zur Verfügung stehenden landwirtschaftlichen Nutzfläche von total ca. 44 ha betreffen. Der vom Beschwerdeführer vorgebrachten Gefahrensituation durch die bestehende Böschungskante könnte mit geeigneten Massnahmen, insbesondere Markierungen und Schulungen des Personals, begegnet werden. Auch ist das bewirtschaftete Land oberhalb der Böschungskante eben, womit es dem Beschwerdeführer möglich wäre, den befahrenen „Pufferstreifen“ entlang der Böschungskante entsprechend breiter ausfallen zu lassen, was einen grösseren Sicherheitsabstand zur Folge hätte. Im Übrigen dürfte es sich mit Blick auf die nördlich angrenzende Liegenschaft Nr. YYY vielmehr um ein künstlich geschaffenes Problem der Parzellierung handeln, welchem im Rahmen der Interessenabwägung weniger Gewicht beizumessen ist.
6.5 Insgesamt überwiegt das öffentliche Interesse am Erhalt der charakteristischen Landschaft eindeutig, weshalb der geplanten Aufschüttung öffentliche Interessen entgegenstehen. Dagegen vermögen die privaten Interessen des Beschwerdeführers an einer möglichst einfachen Bewirtschaftung und allenfalls erhöhten Fruchtbarkeit nicht zu überwiegen. (…)
Entscheid des Verwaltungsgerichts VG.2017.93/E vom 17. Januar 2018