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TVR 2018 Nr. 41

Kurzarbeitsentschädigung für Arbeitsausfall bei Sprachkursen für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene bzw. anerkannte Flüchtlinge; Berücksichtigung eines einzelnen Betriebsteils


Art. 32 Abs. 4 AVIG, Art. 33 Abs. 1 AVIG, Art. 52 AVIV


1. Schwankungen bei den Asylzahlen stellen ein normales Betriebsrisiko im Sinne von Art. 33 Abs. 1 AVIG dar. Einem Unternehmen steht daher kein Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung für den Arbeitsausfall bei Sprachkursen für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene bzw. anerkannte Flüchtlinge zu (E. 2 und 3.2 - 3.5).

2. Kriterien zur Beurteilung der Frage, inwiefern ein einzelner Betriebsteil beim Entscheid über einen allfälligen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung im Sinne von Art. 32 Abs. 4 AVIG bzw. Art. 52 AVIV zu berücksichtigen ist (E. 3.8).


Die Regionalstelle Ostschweiz der Stiftung A bietet diverse Sprachintegrationskurse für Migranten, vorläufig aufgenommene Personen und anerkannte Flüchtlinge an. Am 27. September 2017 beantragte die Stiftung A die Ausrichtung von Kurzarbeitsentschädigung für den Zeitraum vom 9. Oktober 2017 bis 2. Februar 2018. Dabei machte sie insbesondere einen Arbeitsausfall im Bereich der Deutschkurse XY geltend, für welche acht Mitarbeitende vorgesehen gewesen seien. Als Grund für den Arbeitsausfall wurde in der Voranmeldung einerseits der Abgang von Kursbesuchern angeführt. Andererseits habe das Staatssekretariat für Migration SEM von März bis September 2017 praktisch keine neuen Entscheide über Aufenthaltsbewilligungen von Asylsuchenden gefällt. Dadurch seien kaum mehr Zuweisungen an den Kanton Thurgau erfolgt, wodurch ein Auftragsrückgang im Vergleich zu den Jahren 2015 und 2016 von 24,6% bzw. 47% resultiere. Das AWA bewilligte die Auszahlung von Kurzarbeitsentschädigung dem Grundsatze nach - unter Verzicht auf die Erhebung eines Einspruchs - mit Verfügung vom 2. Oktober 2017, wobei die Dauer der Bewilligung bis 8. Januar 2018 beschränkt wurde. Dagegen erhob das Staatssekretariat für Wirtschaft SECO Einsprache. Diese wies das AWA mit Entscheid vom 24. November 2017 ab. Das Verwaltungsgericht als Versicherungsgericht heisst eine dagegen vom SECO erhobene Beschwerde gut und hebt den Einspracheentscheid des AWA auf.

Aus den Erwägungen:

2.
2.1 Strittig und zu prüfen ist vorliegend, ob der Beschwerdegegner zu Recht einen Anspruch der Verfahrensbeteiligten (Stiftung A) auf Kurzarbeitsentschädigung für den Zeitraum vom 9. Oktober 2017 bis 8. Januar 2018 bejaht hat.

2.2 Arbeitnehmer, deren normale Arbeitszeit verkürzt oder deren Arbeit ganz eingestellt ist, haben Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung, wenn unter anderem der Arbeitsausfall anrechenbar ist (Art. 31 Abs. 1 lit. b AVIG). Der Arbeitsausfall ist dann anrechenbar, wenn er auf wirtschaftliche Gründe zurückzuführen und unvermeidbar ist und je Abrechnungsperiode mindestens 10% der Arbeitsstunden ausmacht, die von den Arbeitnehmenden des Betriebs insgesamt geleistet werden (Art. 32 Abs. 1 AVIG). Nach der Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass ein Arbeitsausfall wahrscheinlich vor­übergehend sein wird und die Arbeitsplätze durch die Einführung von Kurzarbeit erhalten werden können, solange nicht konkrete Anhaltspunkte die gegenteilige Schlussfolgerung zulassen. Dabei sind die Verhältnisse im Zeitpunkt der angefochtenen Einspruchsverfügung prospektiv zu beurteilen (ARV 1996/97 Nr. 12 S. 64 ff. E. 2a mit Verweis auf BGE 111 V 385 f. E. 2b).

2.3 Ein Arbeitsausfall gilt aber unter anderem dann nicht als anrechenbar, wenn er durch Umstände verursacht wird, die zum normalen Betriebsrisiko des Arbeitgebers gehören (vgl. Art. 33 Abs. 1 lit. a AVIG), oder wenn er branchen-, berufs- oder betriebsüblich ist oder durch saisonale Beschäftigungsschwankungen verursacht wird (Art. 33 Abs. 1 lit. b AVIG). Damit will das Gesetz vor allem regelmässig wiederkehrende Arbeitsausfälle von der Kurzarbeitsentschädigung ausschliessen (BGE 121 V 371 E. 2a; 119 V 498 E. 1 und 119 V 357 E. 1a).

2.4 Mit dem normalen Betriebsrisiko im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a AVIG sind die „gewöhnlichen“ Arbeitsausfälle gemeint, mithin jene Ausfälle, die erfahrungsgemäss regelmässig und wiederholt auftreten, demzufolge vorhersehbar und in verschiedener Weise kalkulatorisch erfassbar sind. Was in diesem Sinne noch als normal gelten soll, darf nach der Rechtsprechung nicht nach einem für alle Unternehmensarten allgemein gültigen Massstab bemessen werden, sondern ist in jedem Einzelfall aufgrund der mit der spezifischen Unternehmenstätigkeit verbundenen besonderen Verhältnissen zu bestimmen (BGE 119 V 498 E. 1). Dabei kommt dem Gesichtspunkt der Vorhersehbarkeit massgebende Bedeutung zu (Urteil des Bundesgerichts 8C_267/2012 vom 28. September 2012 E. 3.2; BGE 138 V 333 E. 4.2.2). So gehören Arbeitsausfälle, die jeden Arbeitgeber betreffen können, zum normalen Betriebsrisiko. Lediglich wenn sie ausserordentlicher oder aussergewöhnlicher Natur sind, sind sie anrechenbar und damit entschädigungsberechtigt (Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts [EVG, heute: Bundesgericht] C 173/03 vom 23. September 2003 E. 2.1).

2.5 Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung wird die Anrechenbarkeit eines Arbeitsausfalls etwa verneint, wenn er auf betriebswirtschaftliche Überlegungen aus Budgetgründen oder auf den Wegfall von Subventionen zurückzuführen ist (BGE 121 V 371 E. 4 bzw. ARV 1996/97 Nr. 12 S. 64 ff.). Auch der Tod des Leadsängers einer berühmten Rockband gehört zum normalen Betriebsrisiko (BGE 138 V 333 E. 4.2). Dagegen können erhebliche Währungsschwankungen von über 10% gegenüber einem langjährigen Kurs Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung geben (Urteil des Bundesgerichts 8C_267/2012 vom 28. September 2012 E. 3.6). Ein entsprechender Anspruch besteht auch, wenn ein Angebot aufgrund von politischem Druck vor­übergehend eingestellt wird bzw. werden muss (Canyoning-Unfall „Saxetbach“; BGE 128 V 305; für zahlreiche weitere Beispiele vgl. Kupfer Bucher, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Bundesgesetz über die obligatorische Arbeitslosenversicherung und Insolvenzentschädigung, 4. Aufl., Zürich/ Basel/Genf 2013, S. 218 ff.).

3.
3.1 (…)

3.2 Zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs auf Kurzarbeitsentschädigung bringt die Verfahrensbeteiligte in materieller Hinsicht vor, dass dem Kanton Thurgau vom Bund weniger vorläufig Aufgenommene und anerkannte Flüchtlinge zugewiesen wurden, welche an den von ihr angebotenen XY-Sprachkursen teilnehmen könnten. Es stellt sich in diesem Zusammenhang vorab die Frage, ob der Rückgang der Asylzahlen und damit die reduzierte Anzahl zugewiesener vorläufig Aufgenommener und anerkannter Flüchtlinge einen anrechenbaren Arbeitsausfall im Sinne von Art. 32 Abs. 1 lit. a AVIG darstellt oder ob der Rückgang der zugewiesenen Personen dem normalen Betriebsrisiko der Verfahrensbeteiligten im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a AVIG bzw. einer allfälligen Branchen-, Berufs- oder Betriebsüblichkeit gemäss Art. 33 Abs. 1 lit. b AVIG zuzuschreiben ist.

3.3 In seinem Entscheid vom 24. April 1996 (ARV 1996/1997 Nr. 40 S. 220 ff.) gelangte das EVG zum Ergebnis, dass beispielsweise die Halbierung der Teilnehmerzahl bei einer Sehbehindertenhilfe sowie auch ausserordentliche Entscheidungsverzögerungen bei den zuweisenden Behörden keinen Anspruch auf Kurzarbeitsentschädigung vermitteln. Ebenso wenig bestand ein Anspruch eines Dienstleistungsanbieters bzw. Raststättenbetreibers auf Kurzarbeit, als bei einer Komplettschliessung der Zufahrtsstrasse während über neun Wochen eine Umsatzeinbusse zu verzeichnen war, weil - so das Bundesgericht - der mit der Sanierung von Autobahnen bzw. Zufahrtstrassen einhergehende Arbeitsausfall für einen Raststättenbetreiber zum normalen Betriebsrisiko gehöre (vgl. Urteil des Bundesgerichts 8C_302/2013 vom 5. Juli 2013 E. 6). Auch Währungsschwankungen gehören zumindest im Bereich von 10% bei exportorientierten Unternehmen ebenfalls zum normalen Betriebsrisiko (Urteil des Bundesgerichts 8C_267/2012 vom 28. September 2012 E. 3.6; für weitere Beispiele vgl. E. 2.5 vorstehend). Angesichts der relativ strengen Praxis des Bundesgerichtes ist davon auszugehen, dass die Entwicklung der Asylzahlen (…) bzw. insbesondere deren (sprunghafter) Rückgang für eine Anbieterin von Sprach- und Integrationskursen grundsätzlich ebenfalls zum normalen Betriebsrisiko gehört. Dies gilt nicht nur für die Schwankung der Zahl von Asylgesuchen, sondern insbesondere auch für allfällige Verzögerungen bei den entsprechenden Entscheiden durch das SEM bzw. durch das kantonale Migrationsamt. Die Entwicklung von Asylgesuchen hängt überdies im Wesentlichen von geopolitischen Faktoren ab; die diesbezüglichen Prognosen sind denn auch mit erheblichen Unsicherheiten behaftet. Dies ergibt sich namentlich aus den Darstellungen des SEM in der Asylstatistik vom 19. Oktober 2017 für das 3. Quartal 2017. Zwar wird dort im zweiten Absatz unter dem Titel Zusammenfassung zum Themenbereich Asylgesuche ausgeführt, dass in den letzten Jahren die Zahl der Asylgesuche jeweils im dritten Quartal deutlich angestiegen und dieser Anstieg im Jahr 2017 ausgeblieben sei. Gleichzeitig wird aber auch festgehalten, dass die Migration nach der ausserordentlichen Migrationslage im Herbst 2015 und in den ersten Monaten des Jahres 2016 nach Europa im Verlauf des Jahres 2016 weitgehend auf das Niveau der Jahre vor 2015 zurückgegangen sei. Dies dürfe jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass an den Grenzen Europas, im Nahen Osten und in Libyen ein erhebliches Migrationspotenzial bestehe, das die Zahl der Asylgesuche in Europa inklusive der Schweiz innerhalb kurzer Zeit erneut ansteigen lassen „könnte“ (vgl. den ersten Absatz der Zusammenfassung zu den Asylgesuchen in der Asylstatistik des SEM vom 19. Oktober 2017 für das 3. Quartal 2017). Dieselben Feststellungen enthielten bereits die Asylstatistiken zum 1. und 2. Quartal 2017 vom 20. April 2017 bzw. 19. Juli 2017 (abrufbar unter: https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/publiservice/statistik/asylstatistik/archiv/2017.html). Der Hinweis, dass innert kurzer Zeit die Asylzahlen in der Schweiz ansteigen „könnten“, lässt darauf schliessen, dass nicht nur der Zeitpunkt dieses Anstiegs, sondern auch das Ansteigen selbst zwar wahrscheinlich erscheint, aber eben nicht mit letzter Sicherheit anzunehmen ist. (…) In der Tat ist damit zu rechnen, dass die Asylzahlen wieder einmal ansteigen dürften. Wann dies der Fall ist, vermögen aber (…) auch die involvierten Stellen, namentlich das SEM, nicht zu sagen. Wenn die Verfahrensbeteiligte ihre Kursplätze und Lehrpersonen trotz dieser Unsicherheit auf einen bestimmten Zeitpunkt aufstockt, nimmt sie auch die Nichtbesetzung der Kursplätze in Kauf, was Teil ihres normalen Betriebsrisikos bildet.

3.4 Bekannt ist auch, dass gewisse Gruppen von Migranten ihre Diaspora in den Zielländern aufsuchen. So sind beispielsweise im Jahr 2015 Syrer insbesondere nach Deutschland migriert, während Eritreer öfters gezielt die Schweiz als Zielland aussuchen. Dasselbe galt auch im Kosovokrieg Ende der 90er Jahre, als die Schweiz verhältnismässig viele Flüchtlinge aus dem Kosovo aufnahm. Die Migrationsströme hängen zum Teil von wenig oder kaum beeinflussbaren politischen und anderen Entscheiden/Faktoren ab. So hat die Schweiz wenig Einfluss darauf, ob beispielsweise eine Balkanroute gesperrt oder Flüchtlingsbooten die Zufahrt in italienische Häfen verweigert wird. Mit Bezug auf die Anzahl von Asylgesuchen stellt insbesondere eine sprunghafte Entwicklungen nichts Aussergewöhnliches dar. Mit derartigen Entwicklungen ist mit anderen Worten zu rechnen. Es ist ferner davon auszugehen, dass Anbieter von Dienstleistungen in diesem Bereich, sei es im Bereich Ausbildung und Kurse, aber auch im Bereich Unterbringung und Betreuung, sich schnell auf verändernde Verhältnisse einstellen müssen. Dem Beschwerdeführer ist grundsätzlich darin beizupflichten, dass Arbeitsausfälle, die auf schwankende Asylgesuche oder auf die verzögerte Zuweisung von vorläufig Aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen an die einzelnen Kantone zurückzuführen sind, zum normalen Betriebsrisiko gemäss Art. 31 Abs. 1 lit. a AVIG gehören.

3.5 Daran ändert entgegen der Auffassung der Verfahrensbeteiligten und des Beschwerdegegners auch nichts, dass dem Kanton Thurgau aufgrund der Lage des EVZ Kreuzlingen im Kanton überdurchschnittlich viele Personen in „Dublin-Out-Verfahren“ zugewiesen werden. Dass bei einer sprunghaften Abnahme der Asylgesuche die Verweildauer der entsprechenden Personen im EVZ Kreuzlingen steigt und sich dadurch die Zuweisung von vorläufig Aufgenommen und anerkannten Flüchtlingen an den Kanton Thurgau überproportional reduziert, ist vor diesem Hintergrund nicht als aussergewöhnlich zu bezeichnen. Dies gehört vielmehr ebenfalls zum normalen Betriebsrisiko von Anbietern bzw. Leistungserbringern im Asylbereich, und zwar insbesondere auch im Kanton Thurgau, zumal das EVZ Kreuzlingen bereits seit längerem in Betrieb ist.

3.6 und 3.7 (…)

3.8 In seinem Eventualbegehren beantragt der Beschwerdeführer, es sei die Anerkennung der Organisationseinheit „Deutschkurse XY mit Kinderbetreuung“ als Betriebsabteilung der Verfahrensbeteiligten aufzuheben. Die Verfahrensbeteiligte stellt sich mit dem Beschwerdegegner auf den Standpunkt, dass es sich bei dieser Organisationseinheit um eine eigenständige Betriebsabteilung handle.

3.8.1 Mit Bezug auf die Frage, welcher Betrieb bzw. Betriebsteil bei der Beurteilung eines allfälligen Anspruchs auf Kurzarbeitsentschädigung zu berücksichtigen ist, legt der - in Ausführung der in Art. 32 Abs. 4 AVIG dem Bundesrat übertragenen Kompetenz erlassene - Art. 52 AVIV fest, dass eine Betriebsabteilung einem Betrieb gleichgestellt ist, wenn sie eine mit eigenen personellen und technischen Mitteln ausgestattete organisatorische Einheit bildet, die einer eigenen innerbetrieblichen selbständigen Leitung untersteht (lit. a) oder Leistungen erbringt, die auch von selbständigen Betrieben erbracht und auf dem Markt angeboten werden könnten (lit. b). Besteht die Möglichkeit reibungsloser Versetzung von Mitarbeitenden von einer Organisation in eine andere, spricht dies gegen eine Anerkennungsmöglichkeit einer Betriebsabteilung. Eine solche darf personell nicht eng mit anderen Abteilungen verflochten sein. Werden wichtige Entscheidungen von übergeordneten Führungsebenen getroffen und verfügt die Leitung einer fraglichen Betriebsabteilung lediglich über alltägliche positionsübliche Entscheidkompetenzen, spricht dies gegen die Annahme einer innerbetrieblich autonomen Leitung (ARV 1986 Nr. 8 S. 35 ff. E. 3b).

3.8.2 Angesichts dessen, dass bereits aus den oben dargestellten Gründen (E. 3.3. bis 3.7) die Anrechenbarkeit des von der Verfahrensbeteiligten geltend gemachten Arbeitsausfalls für den Zeitraum vom 9. Oktober 2017 bis 8. Januar 2018 verneint werden muss, ist die Frage, ob die Organisationseinheit „Deutschkurse XY mit Kinderbetreuung“ als eigenständige Betriebsabteilung der Verfahrensbeteiligten im Sinne von Art. 52 AVIV zu qualifizieren ist, grundsätzlich nicht entscheidrelevant. Dessen ungeachtet ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass die Mitarbeitenden der zur Diskussion stehenden Abteilungen der Verfahrensbeteiligten offenbar über unterschiedliche Arbeitsverträge verfügen, arbeiten diejenigen der Abteilung XY doch 46 Wochen, währenddem das „Z“-Kursangebot lediglich 36 Wochen pro Jahr dauert. Zudem sind die Kursleitenden für die während lediglich 36 Wochen pro Jahr dauernden Kurse gemäss Ausführungen der Verfahrensbeteiligten im Stundenlohn und zu kleineren Pensen angestellt, währenddem die XY-Kursleitenden im Jahreslohn arbeiten. Ob Mitarbeitende einfach in andere Abteilungen versetzt werden können, hängt nicht zuletzt von der vertraglichen Ausgestaltung ab. Wenn Mitarbeitende anderer Abteilungen freiwillig auf 15% ihrer Arbeitszeit und damit auf einen entsprechenden Lohnanteil verzichten, darf die Arbeitgeberin nicht dafür „bestraft“ werden, indem ihr dann unterstellt wird, dass die Mitarbeitenden ohne weiteres versetzt werden könnten. Von einer einfachen Versetzung von Mitarbeitenden kann nur dann ausgegangen werden, wenn diesbezüglich eine arbeitsvertragliche Grundlage existiert, was vorliegend nicht der Fall sein dürfte. Da auch die übrigen Voraussetzungen von Art. 52 AVIV als gegeben zu sein scheinen, ist eher davon auszugehen, dass die Organisationseinheit „Deutschkurse XY mit Kinderbetreuung“ eine eigenständige Betriebsabteilung der Verfahrensbeteiligten darstellt.

3.8.3 Wie erwähnt, muss dies vorliegend nicht abschliessend geklärt werden. Trotzdem ist vor diesem Hintergrund ergänzend festzuhalten, dass im Falle einer Anerkennung der Organisationseinheit „Deutschkurse XY mit Kinderbetreuung“ als eigenständige Betriebsabteilung auch die Beurteilung des Betriebsrisikos bzw. die Frage der Branchen-, Berufs- oder Betriebsüblichkeit auf diese Betriebsabteilung beschränkt zu beurteilen ist. Damit muss seitens der Verfahrensbeteiligten aber auch das Vorliegen eines „Klumpenrisikos“ bejaht werden. So ist die Verfahrensbeteiligte bei der Besetzung der Deutschkurse XY unbestrittenermassen auf die Zuweisung der Kursteilnehmer durch die Behörden von Kanton und Gemeinden bzw. die Peregrina-Stiftung abhängig. Diese Zuweisungen sind wiederum direkt abhängig von den dem Kanton Thurgau durch das SEM zugewiesenen vorläufig Aufgenommenen und anerkannten Flüchtlingen, was einer Abhängigkeit von einem „Hauptkunden“ gleichzustellen ist. Ein derartiges „Klumpenrisiko“ wird von der bundesgerichtlichen Rechtsprechung aber ebenfalls als normales Betriebsrisiko im Sinne von Art. 33 Abs. 1 lit. a AVIG qualifiziert (vgl. Urteile des Bundesgerichts 8C_291/2010 vom 19. Juli 2010 E. 4.4 und 8C_549/2017 vom 20. Dezember 2017). Auch unter diesem Gesichtspunkt muss ein anrechenbarer Arbeitsausfall seitens der Verfahrensbeteiligten verneint werden.

Entscheid des Verwaltungsgerichts als Versicherungsgericht VV.2018.16/E vom 29. August 2018

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