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RBOG 1994 Nr. 15

Säumnisverfahren; Durchführung einer Hauptverhandlung, wenn der Beklagte keine Klageantwort einreicht


§§ 64 f. aZPO (TG), § 140 aZPO (TG)


1. Die Klägerin reichte beim Bezirksgericht die Säumnisweisung und die Klagebegründung ein. Das Vizepräsidium räumte den Beklagten unter Hinweis auf die Säumnisfolgen gemäss § 140 ZPO eine Frist von 20 Tagen für die Klageantwort an. Nachdem die Beklagten sich nicht hatten vernehmen lassen, verzichtete die Klägerin auf eine Replik. Das Bezirksgericht führte keine Hauptverhandlung durch und schritt stattdessen unter Hinweis auf § 65 ZPO direkt zur Beratung und Urteilsfällung.

2. § 140 ZPO droht dem Beklagten, der seine Klageantwort nicht oder nicht rechtzeitig einreicht, die Erledigung des Prozesses nach den Regeln über das Säumnisverfahren gemäss § 65 ZPO an. § 65 Abs. 1 ZPO wiederum ermächtigt den Richter, die Streitsache materiell aufgrund der klägerischen Vorbringen zu entscheiden, wenn die Gegenpartei der an sie ergangenen peremtorischen Vorladung entweder nicht Folge leistet oder sich grundlos weigert, auf den Streit einzutreten. Aufgrund des klaren Wortlautes des Gesetzes darf der Richter die Streitsache auf einseitigen Parteivortrag allerdings erst nach Ablauf einer Stunde entscheiden (§ 65 Abs. 1 ZPO). Demnach ist auch in den Fällen, in denen die beklagtische Partei trotz gehöriger Aufforderung keine Klageantwort einreicht, eine Hauptverhandlung anzusetzen. Die ungehorsame Partei ist, falls eine Säumnisweisung vorliegt, allerdings bereits zur ersten Gerichtsverhandlung peremtorisch vorzuladen (§ 64 Abs. 2 ZPO). Unmissverständlich gibt der Gesetzgeber damit zu erkennen, dass in der Prozessleitung gegenüber einer säumigen Partei wohl ein gewisser Zwang angewendet werden kann und auch soll, auf die Durchführung der Hauptverhandlung jedoch nicht verzichtet werden darf. Dies folgt nicht zuletzt aus dem Prinzip, dass das erstinstanzliche Verfahren dem Grundsatz nach ein mündliches ist, was sich für den Zivilprozess schon aus Art. 6 EMRK ergibt. Da die Klageantwort im Gegensatz zur Klage selbst reine Prozessvoraussetzung bildet, schliesst folglich ihr gänzliches Fehlen, genausowenig wie die Unterlassung wesentlicher Angaben, den Beklagten nicht von der Wahrung seiner Rechte aus (Böckli, Zivilprozess-Ordnung für den Kanton Thurgau, § 169 N 1). Daraus ergibt sich, dass das Bezirksgericht trotz Ausbleibens einer Klageantwort seitens der Beklagten verpflichtet gewesen wäre, eine Hauptverhandlung anzusetzen und die säumige Partei hiezu (peremtorisch) vorzuladen. Indem sie dies unterliess, beschnitt sie deren prozessualen Rechte. Bei dieser Sachlage aber ist es unerheblich, dass die Beklagten ihre Säumnis beim Vermittlungsvorstand wie auch bei der Einreichung der Klageantwort nur summarisch begründen, da es sich vorliegend nicht um die Wiederherstellung einer versäumten Frist gemäss § 70 Abs. 2 ZPO handelt.

Obergericht, 25. August 1994, ZB 94 82


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