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RBOG 1996 Nr. 9

Kündigung von Parkplätzen; Anwendungsbereich von Art. 266 l und Art. 271 ff. OR


Art. 266 l OR, Art. 271 ff. OR


1. X kündigte den mit der Y AG abgeschlossenen Mietvertrag über eine sich im Freien befindende Parkplatzfläche. Die Schlichtungsstelle erklärte die Mieterschutzbestimmungen als anwendbar, bezeichnete die Kündigung indessen als nichtig: Sie hätte auf dem amtlichen Formular erfolgen müssen. Das Gerichtspräsidium trat mangels Zuständigkeit auf die Klage nicht ein: Der Parkplatz stelle keinen Geschäftsraum im Sinn des Mietrechts dar; die mietrechtlichen Schutzvorschriften seien daher unbeachtlich. Die Schlichtungsbehörde, die von der Nichtigkeit der Kündigung ausgegangen sei, ohne die ebenfalls noch aufgeworfene Frage der Missbräuchlichkeit zu prüfen, hätte die Nichteinigung der Parteien feststellen und die Mieterin auf die Möglichkeit der Anrufung des Friedensrichters hinweisen müssen. Die Y AG erhob Rekurs.

2. Strittig ist, ob die von X ohne amtliches Formular ausgesprochene Kündigung bezüglich der gemieteten Parkplätze infolge Verletzung der Formvorschriften im Sinn von Art. 266 l OR nichtig ist (Art. 266o OR). Die Rekurrentin macht geltend, beim gemieteten Parkplatz handle es sich um ein einem Geschäftsraum ähnliches Objekt; die Formvorschriften von Art. 266 l OR fänden deshalb auf das vorliegende Vertragsverhältnis Anwendung.

a) Nach Art. 253a Abs. 1 OR gelten die Bestimmungen über die Miete von Wohn- und Geschäftsräumen auch für Sachen, die der Vermieter zusammen mit diesen Räumen dem Mieter zum Gebrauch überlässt. Das neue Mietrecht erfasst sowohl Mietverhältnisse über unbewegliche Sachen (Immobilien) wie beispielsweise Wohnungen, Geschäftsräume, unbebaute Grundstücke, Gärten, Parkplätze oder Lagerräume als auch über bewegliche Sachen (Mobilien). Geschäftsräume sind Räumlichkeiten, in denen ein Beruf oder Gewerbe ausgeübt wird, die von einem Unternehmen als Büros, Läden, Werkstätten, Lager- oder Vorführräume genutzt werden, oder in welchen eine Aktivität mit ideeller Zielsetzung verfolgt wird (Versammlungs-, Club- oder Freizeitlokale; vgl. Lachat/ Stoll, Das neue Mietrecht für die Praxis, 3.A., S. 33). In BGE 118 II 40 erkannte das Bundesgericht, dass eine Garage, die ein ausgebildeter Mechaniker als Werkstatt für die Reparatur alter Autos im Rahmen eines selbständigen Nebenerwerbs gemietet hatte, als Geschäftsraum im Sinn des Gesetzes zu qualifizieren ist. In Übereinstimmung mit der Praxis zum alten Mietrecht und unter Hinweis auf BGE 113 II 413 wurde der Begriff des Geschäftsraums weit ausgelegt. Danach sind alle Räumlichkeiten als Geschäftsräume zu betrachten, die tatsächlich dazu beitragen, dass der Mieter seine Persönlichkeit in privater oder wirtschaftlicher Hinsicht entfalten kann. Diese Definition kritisierte Higi (Zürcher Kommentar, Art. 253a-253b OR N 29) als zu weit und ungeeignet zur Abgrenzung der Geschäftsräume von Wohnräumen und anderen Räumlichkeiten. Das Bundesgericht hielt diese Kritik insofern für berechtigt, als Hobbyräume in der Regel nicht als Geschäftsräume im Sinn der mietrechtlichen Schutzbestimmungen zu qualifizieren sind (Lachat/Stoll, S. 33; SVIT- Kommentar Mietrecht, Art. 253a-253b OR N 15). Die mietrechtlichen Schutzbestimmungen seien auf den Schutz existentieller Grundbedürfnisse ausgerichtet und nicht auf die Freizeitgestaltung, möge sie subjektiv auch für den Mieter wichtig sein (vgl. ZBJV 131, 1995, S. 418 f.).

b) Nach übereinstimmender Lehre und Rechtsprechung ist davon auszugehen, dass es sich bei einem Parkplatz nicht um einen Geschäftsraum im Sinn von Art. 266d OR handelt. Bei ungeschützten Abstellplätzen wie offenen Parkplätzen vor Häusern oder in Höfen liegt eine atypische Miete vor, weil das nicht abschliessbare Objekt frei zugänglich ist (Higi, Vorbem. zu Art. 253-274g OR N 211 f.). Zudem können sich Räume nur in einem Gebäude, unter Dach und umschlossen von Wänden befinden. Aus diesem Grund fielen nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bereits nach altem Recht Mietverträge über unbebautes Land nicht unter das Erstreckungsrecht. Nach dem Willen des Gesetzgebers sollen nur die Mietverhältnisse über Wohnungen und Geschäftsräume, nicht aber über unbewegliche Sachen schlechthin erstreckbar sein. Als nicht erstreckbar wurde daher auch die Miete eines Parkplatzes, eines Campingplatzes oder eines Sportplatzes angesehen. Ebensowenig wurden die an eine Segelschule vermieteten Hafenplätze als Geschäftsräume betrachtet (vgl. SJZ 88, 1992, Nr. 13 S. 87 mit Hinweisen; Higi, Art. 253a-253b OR N 24).

Der fragliche Parkplatz wurde ferner nicht zusammen mit einem (anderen) Wohn- oder Geschäftsraum vermietet, so dass Art. 266d und Art. 266 l OR auch nicht in Verbindung mit Art. 253a OR und Art. 1 VMWG zur Anwendung gelangen. Daran ändert die Auffassung der Rekurrentin nichts, es sei ein weiteres landwirtschaftliches Pachtverhältnis mit X abgeschlossen worden (Benutzung der Weiden rund um die Anlage der Rekurrentin). Art. 253a Abs. 1 OR i.V.m. Art. 1 VMWG bezieht sich nur auf Sachen, die zusammen mit Wohn- oder Geschäftsräumen vermietet wurden; es muss mithin ein innerer (persönlicher und sachlicher) Zusammenhang zwischen den Räumen und den übrigen Sachen bestehen (SVIT-Kommentar Mietrecht, Art. 253a-253b OR N 16; Higi, Art. 253a-253b OR N 52 ff.). Bereits dieser Zusammenhang zwischen den Weiden rund um die Anlage und der Parkplatzfläche ist aber weder substantiiert behauptet noch belegt. Zudem handelt es sich bei den Weiden nicht um "Geschäftsräume". Gleiches gilt bezüglich des Reitplatzes, über welchen die Parteien nach Sachdarstellung der Rekurrentin ausserdem einen Baurechtsvertrag (ein auf 100 Jahre eingeräumtes selbständiges und dauerndes Benützungsrecht) abschlossen; es liegt mithin kein Hauptmiet- oder Hauptpachtvertrag vor.

3. Die Kündigung der Parkplätze bezog sich folglich weder auf einen Geschäftsraum noch auf eine mit einem Geschäftsraum zusammen vermietete Sache. Der Vermieter hatte somit die in Art. 266 l OR statuierten Formvorschriften nicht einzuhalten. Damit ist gleichzeitig auch gesagt, dass die Bestimmungen bezüglich des Kündigungsschutzes bei der Miete von Wohn- und Geschäftsräumen nach Art. 271 ff. OR nicht zur Anwendung gelangen. Ebenso zutreffend stellte die Vorinstanz fest, dass es sich im vorliegenden Fall nicht um eine Streitigkeit im Sinn von Art. 2 Abs. 1 der Verordnung des Obergerichts über die gerichtliche Zuständigkeit und das Verfahren im Miet- und Pachtrecht handelt, da es weder um die Hinterlegung oder Anfechtung von Mietzinsen noch um die Kündigungsanfechtung bzw. die Erstreckung des Mietverhältnisses (bei Mieten von Wohn- und Geschäftsräumen) geht. Für die Beurteilung der vorliegenden Streitsache ist somit nicht der Bezirksgerichtspräsident im summarischen Verfahren zuständig. Zu Recht trat daher die Vorinstanz auf die Klage mangels Zuständigkeit nicht ein.

Rekurskommission, 1. April 1996, ZR 96 28


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