RBOG 1998 Nr. 14
Erledigung des summarischen Verfahrens betreffend Feststellung neuen Vermögens; Rechtsmittel; Präzisierung von RBOG 1997 Nrn. 20, 21 und 22
1. Der Rekurrent erhob mit dem Hinweis "kein neues Vermögen" Rechtsvorschlag. Die Vorinstanz setzte ihm eine Frist an, innert welcher er zu belegen habe, wo über ihn ein Konkursverfahren durchgeführt worden sei. Gleichzeitig drohte sie an, bei Säumnis werde davon ausgegangen, es habe keine Konkurseröffnung stattgefunden; damit wäre auch ein Rechtsvorschlag mangels neuen Vermögens nicht möglich. Nachdem der Schuldner sich innert Frist nicht hatte vernehmen lassen, bewilligte die Vorinstanz den Rechtsvorschlag "kein neues Vermögen" androhungsgemäss nicht und versah ihren Entscheid mit einer Rechtsmittelbelehrung (Rekurs innert 20 Tagen an die Rekurskommission des Obergerichts).
2. a) Erhebt der Schuldner Rechtsvorschlag mit der Begründung, er sei nicht zu neuem Vermögen gekommen, legt das Betreibungsamt den Rechtsvorschlag dem Richter des Betreibungsorts vor. Dieser hört die Parteien an und entscheidet endgültig. Er bewilligt den Rechtsvorschlag, wenn der Schuldner seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darlegt und glaubhaft macht, dass er nicht zu neuem Vermögen gekommen ist. Bewilligt der Richter den Rechtsvorschlag nicht, stellt er den Umfang des neuen Vermögens fest (Art. 265a Abs. 1-3 SchKG). Im Anschluss an das Summarverfahren kann der Gläubiger oder der Schuldner auf dem ordentlichen Prozessweg Klage auf Feststellung oder Bestreitung des neuen Vermögens anheben (beschleunigtes Verfahren; Art. 265a Abs. 4 SchKG).
Art. 265a Abs. 1 SchKG sieht somit ausdrücklich vor, dass der Summarrichter (§ 175 Ziff. 11 ZPO) mit Bezug auf die Feststellung neuen Vermögens endgültig entscheidet, eine Rechtsmittelmöglichkeit mithin nicht besteht. Die Rekurskommission des Obergerichts fand indessen, diese Bestimmung könne sich nur auf jene Fälle beziehen, in welchen der Richter entweder im Sinn von Art. 265a Abs. 2 SchKG den Rechtsvorschlag bewilligte oder ihn gemäss Abs. 3 dieser Bestimmung nicht bewilligte (RBOG 1997 Nr. 20). Entsprechend dieser Praxis trat die Rekurskommission auf einen Rekurs gegen eine Verfügung ein, mit welcher der Rechtsvorschlag "kein neues Vermögen" nicht bewilligt worden war, weil die in Betreibung gesetzte Forderung angeblich nach der Konkurseröffnung über den Rekurrenten entstanden sei (RBOG 1997 Nr. 22). Gestützt auf diese Präjudizien ist somit grundsätzlich auf den Rekurs einzutreten, weil auch im vorliegenden Fall die Vorinstanz in materieller Hinsicht über das Vorhandensein neuen Vermögens nicht entschied, sondern davon ausging, dem Schuldner stehe die Einrede des mangelnden neuen Vermögens gar nicht zu, weil nicht bewiesen sei, dass über ihn einmal der Konkurs eröffnet worden und die in Betreibung gesetzte Forderung vor der Konkurseröffnung entstanden war.
b) Die Einrede des fehlenden neuen Vermögens ist nach Wortlaut, Sinn und Zweck von Art. 265 Abs. 2 SchKG nur zulässig, falls über den Schuldner in der Schweiz ein Konkurs eröffnet und durchgeführt wurde. Die Einrede ist somit aus formellen Gründen unzulässig, wenn der Schuldner überhaupt nie in Konkurs fiel, der Konkurs mangels Aktiven eingestellt oder widerrufen wurde oder die Einrede gegenüber Forderungen, welche erst nach Konkurseröffnung entstanden sind, erhoben wurde (Gut/Rajower/ Sonnenmoser, Rechtsvorschlag mangels neuen Vermögens, in: AJP 1998 S. 531 mit Hinweisen). Fehlt es an diesen formellen Voraussetzungen zur Geltendmachung der Einrede "kein neues Vermögen", so ist festzustellen, dass der Rechtsvorschlag mit Bezug auf die Einrede des fehlenden neuen Vermögens nicht zulässig war. Alsdann ist das Verfahren mittels eines Nichteintretensentscheids als erledigt abzuschreiben, und die Betreibung kann ihren Fortgang nehmen (Gut/Rajower/Sonnenmoser, S. 534).
In Präzisierung von RBOG 1997 Nr. 20 und Nr. 22 ist daher stets das Rechtsmittel des Rekurses gegen den Entscheid des Summarrichters zulässig, wenn dieser mangels formeller Voraussetzungen zur Geltendmachung der Einrede des fehlenden neuen Vermögens eine Abschreibungsverfügung ohne Anspruchsprüfung (Nichteintreten, Gegenstandslosigkeit, Anerkennung oder Rückzug) erliess. Gleiches gilt, wenn der Entscheid des Summarrichters lediglich mit Bezug auf die Kosten- und Entschädigungsregelung angefochten wird (vgl. Gut/Rajower/Sonnenmoser, S. 535; Walder/ Jent-Sørensen, Tafeln zum Schuldbetreibungs- und Konkursrecht, 5.A., S. 102; a.M.: Gasser, Nachlassverfahren, Insolvenzerklärung und Feststellung des neuen Vermögens, in: ZBJV 132, 1996, S. 19).
c) Im Ergebnis war daher die Rechtsmittelbelehrung der Vorinstanz zutreffend, weil sie den Rechtsvorschlag "kein neues Vermögen" wegen Fehlens der formellen Voraussetzungen nicht bewilligte. In formeller Hinsicht wäre es indessen richtiger gewesen, das Verfahren betreffend Feststellung neuen Vermögens mit einem Nichteintretensentscheid zu erledigen. Im Resultat ändert dies aber nichts. Auf den Rekurs ist daher einzutreten.
3. a) Nach Art. 265a Abs. 2 SchKG hat der Schuldner seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse darzulegen und glaubhaft zu machen, dass er nicht zu neuem Vermögen gekommen ist. Mithin hat der Schuldner die Folgen einer ungenügenden Substantiierung bzw. einer Beweisnot zu tragen. Nach der allgemeinen Beweislastregel von Art. 8 ZGB ist der Schuldner auch mit Bezug auf die Frage der formellen Zulässigkeit der Einrede beweispflichtig; er hat mit anderen Worten glaubhaft zu machen, dass die Forderung vor der Konkurseröffnung entstanden ist (Gut/Rajower/ Sonnenmoser, S. 533). Bereits diese Bestimmung impliziert, dass im summarischen Verfahren den Schuldner die Behauptungs- bzw. Beweislast trifft. Damit ist gleichzeitig auch gesagt, dass der Summarrichter nicht nur berechtigt, sondern auch verpflichtet ist, den Schuldner unter Ansetzung einer Frist aufzufordern, Unterlagen mit Bezug auf seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse und gegebenenfalls bezüglich der Durchführung eines Konkurses einzureichen, verbunden mit der Androhung, dass im Säumnisfall der Rechtsvorschlag "kein neues Vermögen" nicht bewilligt (vgl. RBOG 1997 Nr. 21) oder - im Fall des fehlenden Nachweises der formellen Voraussetzungen - das Verfahren betreffend Feststellung neuen Vermögens mit einem Nichteintretensentscheid erledigt werde (Gut/Rajower/Sonnenmoser, S. 533 f.). Im ersten Fall hat der Schuldner die Möglichkeit, innert 20 Tagen auf Feststellung neuen Vermögens im beschleunigten Verfahren gemäss Art. 265a Abs. 4 SchKG zu klagen, im zweiten Fall kann der Schuldner gegen den Nichteintretensentscheid Rekurs erheben.
b) Mithin war die Vorinstanz berechtigt, den Rekurrenten unter Ansetzung einer Frist aufzufordern, mit Bezug auf seinen Rechtsvorschlag zu belegen, dass über ihn ein Konkursverfahren durchgeführt worden war. Zu Recht verband sie die Fristansetzung auch mit der Androhung, bei Säumnis werde davon ausgegangen, ein Konkurs habe nie stattgefunden. Einzig die Androhung, bei Säumnis werde der Rechtsvorschlag nicht bewilligt, war in formeller Hinsicht nicht ganz korrekt, hätte doch das Verfahren betreffend Bewilligung des Rechtsvorschlags richtigerweise durch einen Nichteintretensentscheid erledigt werden sollen.
Rekurskommission, 18. Mai 1998, BR 98 50