RBOG 1998 Nr. 25
Für die Zeugenaussagen sind die schriftlichen Protokolle massgebend, nicht aber die Tonbandaufzeichnungen
Art. 9 ZGB, § 101 aZPO (TG), § 218 aZPO (TG)
1. In ihrer Berufungseingabe machten die Berufungsklägerinnen geltend, die Vorinstanz habe ihnen das rechtliche Gehör verweigert, indem sie im Beweisverfahren wesentliche Aussagen der Zeugen nicht zu Protokoll genommen habe, und beantragten, im Rahmen des Berufungsverfahrens die Zeugeneinvernahmen zu wiederholen.
2. a) Nach § 218 ZPO sind die Aussagen der Zeugen schriftlich festzuhalten. Die Aufzeichnungen sind vorzulesen. Der Zeuge hat die Richtigkeit des Protokolls unterschriftlich zu bestätigen. Für die Prozesshandlungen der Parteien und des Gerichts erbringt das Protokoll den Beweis (Art. 9 ZGB; Vogel, Grundriss des Zivilprozessrechts, 4.A., 9. Kap. N 19). Jede Partei hat gemäss § 101 Abs. 1 ZPO das Recht, bei Unrichtigkeiten oder wesentlichen Auslassungen im Protokoll beim Gericht innert zehn Tagen nach Kenntnisnahme die Berichtigung zu verlangen. Das Gericht trifft seinen Entscheid in Beschlussesform.
b) Die Vorinstanz las allen befragten Zeugen deren Aussagen vor, und die Zeugen bestätigten die Richtigkeit des Protokolls. Die Berufungsklägerinnen bzw. deren Rechtsvertreter waren bei den Beweisverhandlungen anwesend. Sofern die vorgelesenen Aufzeichnungen gegebenenfalls nicht mit den Depositionen eines Zeugen übereingestimmt haben sollten, hätten die Parteien somit sofort einen entsprechenden Einwand erheben können. Soweit überhaupt möglich, hätten sie zudem fristgerecht ein Protokollberichtigungsbegehren nach § 101 ZPO stellen können.
Die heutigen Vorbringen der Berufungsklägerinnen mit Bezug auf die Protokolle der Vorinstanz sind verspätet. Der Beizug der Tonbandaufzeichnungen der Beweisverhandlungen vor Vorinstanz kommt nicht in Frage, weil massgebend für die Zeugenaussagen nur die schriftlichen Protokolle sind (§ 218 ZPO i.V.m. Art. 9 ZGB), die nach Ablauf der Frist für die Protokollberichtigungsbeschwerde nicht abgeändert werden können.
Obergericht, 23. Juni 1998, ZB 97 123