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RBOG 1998 Nr. 30

Änderung des eröffneten Dispositivs von Amtes wegen bei Vorliegen eines Revisionsgrunds nach § 246 Ziff. 1 ZPO


§ 246 Ziff. 1 ZPO


1. Der Entscheid des Obergerichts wurde den Parteien im Dispositiv versandt. Der Berufungskläger verlangte ein begründetes Urteil. Im begründeten Urteil änderte das Obergericht das Dispositiv mit Bezug auf den Verzugszins ab: Es hatte zuvor übersehen, dass die Parteien einen Fälligkeitstermin vereinbart hatten.

2. Zwar wird nicht verkannt, dass das Gericht nach der Eröffnung des Urteils an seinen Entscheid gebunden ist, selbst wenn er auf einem rechtlichen Irrtum oder einer irrtümlichen Sachverhaltsfeststellung beruht, es sei denn, es handle sich lediglich um eine blosse Berichtigung von Rechnungs-, Schreib- oder Redaktionsfehlern (Leuch/Marbach/Kellerhals, Die Zivilprozessordnung für den Kanton Bern, 4.A., Art. 334 N 3a; Frank/Sträuli/Messmer, Kommentar zur zürcherischen Zivilprozessordnung, 3.A., § 190 N 3; RBOG 1991 Nr. 14). Es wurde indessen im Kanton Bern auch schon entschieden, die Urteilsberichtigung von Amtes wegen sei zulässig, wenn die Feststellungen des Entscheids zum Sachverhalt einen offenkundigen Irrtum enthalten, sofern an der Korrektur ungeachtet des Fehlens der Möglichkeit einer Änderung des Dispositivs oder ungeachtet fehlenden Einflusses auf dieses ein Interesse einer Partei oder - z.B. um des Ansehens willen - des Gerichts besteht (Leuch/Marbach/Kellerhals, Art. 334 N 3a am Schluss). Die ZPO BE kennt indessen den Revisionsgrund gemäss Art. 136 lit. d OG bzw. insbesondere denjenigen von § 246 Ziff. 1 lit. a ZPO TG nicht, wonach die Revision - mithin auch die Änderung des Urteilsdispositivs - zulässig ist, wenn das Gericht erhebliche Tatsachen aus Versehen gar nicht oder in irrtümlicher Weise gewürdigt hat. Für den Kanton Thurgau bedeutet dies, dass selbst die Änderung des eröffneten Dispositivs von Amtes wegen zulässig ist, wenn ein Revisionsgrund nach § 246 Ziff. 1 ZPO gegeben ist. Es macht bereits aufgrund der Prozessökonomie und aus Kostengründen keinen Sinn, entweder ein entsprechendes Revisionsgesuch abzuwarten oder die Parteien zu zwingen, den Entscheid an das Bundesgericht weiterzuziehen.

Obergericht, 24. Februar 1998, ZB 97 61


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