RBOG 1999 Nr. 17
Parteibezeichnung bei Geltendmachung von Ansprüchen, die der Konkursmasse anfallen
Art. 754 OR, Art. 757 OR, Art. 197 SchKG, Art. 240 SchKG, Art. 288 ff. SchKG
1. Die "X AG in Konkurs, ausseramtliche Konkursverwalterin: Y AG", klagte Ansprüche aus Art. 291 SchKG und Art. 754 OR ein. Die Beklagten machten geltend, diese Ansprüche stünden der Konkursmasse zu. Die Klägerin hingegen sei Gemeinschuldnerin, welche nicht als Partei auftreten könne, da sie mit der Konkurseröffnung ihre Verfügungsrechte über das dem Konkursbeschlag unterliegende Vermögen eingebüsst habe. Auch die Konkursverwaltung könne nicht in eigenem Namen als Klägerin auftreten, sondern lediglich als Vertreterin der Konkursmasse.
2. a) Sämtliches verwendbare Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Konkurseröffnung gehört, bildet eine einzige Masse (Konkursmasse), die zur gemeinsamen Befriedigung der Gläubiger dient. Vermögen, das dem Schuldner vor Schluss des Konkursverfahrens anfällt, zählt ebenfalls zur Konkursmasse (Art. 197 SchKG). Zur Konkursmasse gehört ferner alles, was nach Massgabe der Art. 214 und 285-292 SchKG Gegenstand der Anfechtungsklage ist. Die Konkursverwaltung hat nach Art. 240 SchKG alle zur Erhaltung und Verwertung der Masse gehörenden Geschäfte zu besorgen; sie vertritt die Masse vor Gericht. Nach Art. 285 Abs. 2 Ziff. 2 SchKG ist zur Anfechtung die Konkursverwaltung legitimiert. Im Konkurs der geschädigten Gesellschaft kann die Konkursverwaltung Ansprüche der Gesellschaft sowie von Aktionären und Gesellschaftsgläubigern geltend machen (Art. 656 Abs. 1, 757 Abs. 1 OR; Forstmoser/Meier-Hayoz/Nobel, Schweizerisches Aktienrecht, Bern 1996, § 36 N 18 ff.).
b) Nach der Auffassung von Guldener (Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3.A., S. 126 f.) ist die Masse nichts anderes als der Name, unter welchem die in Frage kommenden Organe als Stellvertreter des Schuldners den Prozess führen. Der Gemeinschuldner hört im Fall des Konkurses vor der Verwertung nicht auf, Träger seines die Masse bildenden Vermögens zu sein. Entzogen ist ihm nur die Verfügungsmacht über sein Vermögen, welche auf die Konkursorgane übergeht. Diese Organe haben mit Bezug auf die Masse die Stellung eines gesetzlichen Vertreters des Schuldners, wobei sie gleichzeitig die Belange der Gläubiger wahrzunehmen haben. Es besteht letzten Endes kaum ein Grund, als Partei der Prozesse, welche Aktiven oder Passiven der Masse zum Gegenstand haben, nicht den Schuldner, vertreten durch die in Frage kommenden Organe, zu bezeichnen, sondern die Masse als solche. Dieser Auffassung hält Walder (Zivilprozessrecht, 4.A., § 8 N 3) den Interessengegensatz zwischen Gläubigern und Schuldner entgegen. Was die Gläubiger anlässlich der zweiten Gläubigerversammlung beschlössen, entspringe nicht ihrer Sorge um das Vermögen des Schuldners, sondern dem Bestreben nach Erhaltung und Vermehrung des ihnen zur Befriedigung ihrer Ansprüche dienenden Vollstreckungssubstrats. Die Konkursmasse sei deshalb weder eine Einzelperson noch eine Mehrheit von Personen, sondern ein durch die Konkurseröffnung selbständig gewordener, vom Schuldner losgelöster Vermögenskomplex sui generis. Das ergebe sich plastisch, wenn an den Schluss des Konkursverfahrens gedacht werde: Es werde nicht der Schuldner wieder in die Verfügungsgewalt über sein Vermögen eingesetzt, sondern die Konkursmasse als solche erlösche. Die Konkursmasse sei nicht ein Zustand einer Person, sondern eine Gesamtheit von Sachen, welche durch Organe verwaltet werde. Allerdings muss auch Walder eingestehen, dass gegen diese Auffassung der Konkurs juristischer Personen spricht, welche kein Eigenleben neben der Konkursmasse führen können. Daher könne die Aktiengesellschaft, vertreten durch ihre Gläubiger, der Konkursmasse der Aktiengesellschaft gleichgesetzt werden. Allerdings höre die Aktiengesellschaft nicht schon mit der Konkurseröffnung auf zu bestehen; was aber bleibe, sei ein willenloses Gebilde, das - im Unterschied zur konkursiten natürlichen Person - keiner Verfügung ohne Vertretung durch konkursrechtliche Organe fähig sei, und das man zu Recht einfach Konkursmasse nenne (Walder, § 8 N 4). Aufgrund der Überlegung, dass die Konkursmasse ein für die Liquidation gebildetes Sondervermögen des Gemeinschuldners sei, welches gesetzlich durch die Konkursverwaltung vertreten werde bzw. durch die im Namen der Masse handelnde Konkursverwaltung auch die Prozessführungsbefugnis erhalte, wird geschlossen, die Konkursmasse selbst sei parteifähig (Vogel, Grundriss des Zivilprozessrechts 6.A., 5.Kap. N 5, 7; Fritzsche/Walder, Schuldbetreibung und Konkurs nach schweizerischem Recht, 3.A., Bd. II, § 48 N 3; Handschin/Hunkeler, Basler Kommentar, Art. 197 SchKG N 6). Das Bundesgericht schliesslich betrachtet als Partei den Schuldner, welcher bezüglich des Sondervermögens gesetzlich durch die Konkursverwaltung vertreten wird (BGE 97 II 409). In jenem Entscheid wurde ausdrücklich die "Kredit- und Verwaltungsbank Zug AG (in Konkursliquidation), vertreten durch die Konkursverwaltung" als Klägerin zugelassen und im selben Kontext auf einen unveröffentlichten Entscheid hingewiesen, gemäss welchem die Klageberechtigung der Konkursmasse (einer Aktiengesellschaft) mit Bezug auf den mittelbaren Schaden der Gesellschaftsgläubiger anerkannt wurde. Das Bundesgericht unterscheidet somit jedenfalls bei Aktiengesellschaften im Zusammenhang mit Verantwortlichkeitsklagen nicht, ob die Konkursmasse der Gesellschaft oder die Gesellschaft in Konkurs klagt, solange die Konkursverwaltung als gesetzliche Vertreterin handelt. Staehelin (Basler Kommentar, Art. 285 SchKG N 33) hält zur paulianischen Anfechtung im Konkurs in erster Linie die Konkursverwaltung namens der Konkursmasse für anfechtungsberechtigt und spricht ausdrücklich von der (dahinfallenden) "Aktivlegitimation der Konkursverwaltung".
c) Angesichts dieser Uneinigkeit in Lehre und Rechtsprechung und insbesondere unter Berücksichtigung von BGE 97 II 409 kam die Vorinstanz völlig zu Recht zum Schluss, die in der Weisung enthaltene Parteibezeichnung "X AG in Konkurs, ausseramtliche Konkursverwalterin: Y AG" sei als hinreichend und korrekt zu betrachten. Dies muss jedenfalls solange gelten, als die Gemeinschuldnerin eine juristische Person ist und die Konkursverwalterin entweder in der Parteibezeichnung selbst oder als Vertreterin erwähnt wird.
Obergericht, 21. September 1999, ZBO.1998.92
Eine dagegen erhobene Berufung wies das Bundesgericht am 19. September 2000 ab, soweit es darauf eintrat und die Berufung nicht gegenstandslos wurde (5C.29/2000). Eine dagegen erhobene staatsrechtliche Beschwerde hiess das Bundesgericht am 19. September 2000 teilweise gut, soweit es darauf eintrat, und hob das Urteil vom 21. September 1999 teilweise auf (5P.35/2000).