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RBOG 1999 Nr. 2

Bauhandwerkerpfandrecht; keine nach Objekt getrennte Eintragungsfrist bei einer Gesamtüberbauung, an welcher noch kein Stockwerkeigentum begründet ist


Art. 839 ZGB


1. a) Die Bauunternehmung X AG wurde vom Berufungskläger mit den Baumeisterarbeiten für eine Überbauung beauftragt. Letztere betraf ein Haus "A" mit einer Tiefgarage und ein Haus "B". Beide Gebäude umfassten je 4 Wohneinheiten, an welchen jedoch noch kein Stockwerkeigentum begründet war. Für die Überbauung bezog die X AG sämtlichen Frischbeton und Mauermörtel von der Y AG. Nachdem der Konkurs über die X AG eröffnet worden war, belieferte die Y AG den Berufungskläger direkt mit Frischbeton und Mauermörtel. Die Y AG verlangte ein Bauhandwerkerpfandrecht für die gesamte Lieferung

b) Der Berufungskläger machte geltend, die beiden auf der gleichen Parzelle erbauten Gebäude würden keine funktionelle Einheit bilden und seien weder baulich noch technisch miteinander verbunden. Auch seien die Bauten zeitlich gestaffelt errichtet worden. Für die Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts müsse daher ein je nach Objekt gesonderter Fristenlauf bestehen.

2. a) Die Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts hat innerhalb von drei Monaten zu erfolgen. Nach unbenutztem Ablauf der Frist ist der Anspruch auf das Baupfand verwirkt (Hofstetter, Basler Kommentar, Art. 839/840 ZGB N 29). Die Befristung der Eintragung eines Bauhandwerkerpfandrechts dient in erster Linie dem Schutz des Grundeigentümers, der möglichst grosse und rasche Rechtssicherheit geniessen soll. Zu schützen ist namentlich der Grundeigentümer, der nicht selbst Besteller der vom Unternehmer erbrachten Leistungen gewesen war und sich durch die Eintragung eines Baugläubigerpfandrechts erst hinterher in die mit nicht geringen Risiken verbundene Stellung eines Drittpfandschuldners versetzt sehen kann (BGE 112 II 218 f.). Die Frist beginnt mit der Vollendung der Arbeit zu laufen und ist eingehalten, wenn die Anmeldung vor Ablauf der Frist im Tagebuch des Grundbuchs eingetragen ist; die spätere Eintragung im Hauptbuch wird auf den Zeitpunkt der Tagebucheintragung zurückbezogen (Hofstetter, Art. 839/840 ZGB N 29, 31).

Grundsätzlich lösen mehrere Bauarbeiten einen gemeinsamen Fristenlauf aus, wenn sie ein zusammengehörendes Ganzes, eine spezifische Einheit bilden. Dabei ist unerheblich, ob die mehreren Bauarbeiten in einem oder mehreren Werkverträgen vereinbart worden sind. Bilden die aufgrund einer Bestellungsänderung vorgenommenen Leistungen eine Einheit mit den ursprünglich vereinbarten Bauarbeiten, fallen sie damit in den erweiterten Rahmen des Werkvertrags. Ein enger Zusammenhang besteht auch, wenn der ursprüngliche Werkvertrag auch auf andere noch nötige Arbeiten ausgedehnt wird. Die Frist beginnt einheitlich mit der Vollendung der letzten Arbeiten zu laufen, unabhängig davon, ob diese letzten Arbeiten aufgrund des ursprünglichen Werkvertrags oder zufolge einer Bestellungsänderung geleistet wurden. Unter dem Gesichtswinkel des Bauhandwerkerpfandrechts muss deshalb gar nicht untersucht werden, ob eine Bestellungsänderung eine blosse Abänderung eines Werkvertrags oder ein neuer, zusätzlicher Werkvertrag ist (Schumacher, Das Bauhandwerkerpfandrecht, 2.A., N 644, 655 ff.). Wiederholte gleiche oder gleichartige Bauleistungen desselben Unternehmers für das gleiche Bauwerk bilden in ihrer Gesamtheit eine einzige, spezifische Bauarbeit und unterliegen einem einheitlichen Fristenlauf (Schumacher, N 646; BGE 104 II 352). Gemäss seiner neuesten Rechtsprechung (BGE 125 III 113 ff.) geht das Bundesgericht davon aus, dass bei einer Überbauung mit mehreren Häusern, an denen Stockwerkeigentum begründet worden war, die gesetzliche Eintragungsfrist für jedes Gebäude selbständig mit dessen Vollendung zu laufen beginnt. Mit diesem nach Objekt gesonderten Fristenlauf soll der einzelne Stockwerkeigentümer geschützt werden, wenn Bauleistungen wegen grösserer zeitlicher Verzögerungen nicht in einem Zug erbracht werden, und wenn sich somit die auf alle Miteigentumsanteile anteilsmässig umzulegende Pfandbelastung nicht auf Forderungen für lang vorher fertigerstellte Baukörper stützen kann. Wenn aber für mehrere Gebäude auf einem einzigen Grundstück vom gleichen Unternehmer aufgrund eines einzigen Werkvertrags eine zusammengehörende Bauleistung sukzessiv erbracht wird, liegt eine einheitliche Leistung vor, für die gemäss BGE 125 III 118 eine einheitliche Eintragungsfrist gilt. In diesem Entscheid forderte das Bundesgericht - im Gegensatz zu BGE 111 II 343 - jedoch nicht mehr, dass die Gebäude einen funktional zusammengehörenden Baukörper bilden müssten, um den einheitlichen Beginn der Frist rechtfertigen zu können.

b) Hier ist von wiederholten gleichen/gleichartigen Bauleistungen des gleichen Unternehmers für das gleiche Bauwerk auszugehen, welche grundsätzlich einem einheitlichen Fristenlauf unterliegen. Fraglich ist nun, ob die vom Bundesgericht entwickelte Ausnahmeregelung, welche bei einer Überbauung mit mehreren Häusern einen getrennten Fristenlauf für jedes Gebäude vorsieht, anzuwenden ist.

Ein einheitlicher Fristenlauf für eine Gesamtüberbauung wird mit der Begründung abgelehnt, dass ein solcher eine untragbare Rechtsunsicherheit für die einzelnen Hausbesitzer und Grundeigentümer zur Folge hätte, welche vielfach in keinen gegenseitigen Rechtsbeziehungen stehen (Schumacher, N 673). In BGE 125 III 118 erwog das Bundesgericht, dass der einzelne Stockwerkeigentümer mit dem nach Objekt gesonderten Fristenlauf geschützt werden soll, wenn Bauleistungen wegen grösserer zeitlicher Verzögerungen nicht in einem Zug erbracht werden und sich somit die auf alle Miteigentumsanteile anteilsmässig umzulegenden Pfandbelastungen nicht auf Forderungen für lang vorher fertiggestellte Baukörper stützen können. Diesen Schutz erheischt jedoch die Situation des Berufungsklägers nicht. So steht die Gesamtüberbauung auf einem einzigen Grundstück, welches im Eigentum des Berufungsklägers steht. Ferner wurde an der Überbauung (noch) kein Stockwerkeigentum begründet. Die untragbare Rechtsunsicherheit für einzelne Stockwerkeigentümer, welche durch einen getrennten Fristenlauf bei Gesamtüberbauungen mit der Regelung des Bundesgerichts vermieden werden soll, besteht hier gar nicht, da ausser dem Berufungskläger als Grundstückseigentümer und Bauherr der gesamten Überbauung keine weiteren Personen involviert sind, für welche das Bauhandwerkerpfandrecht der Berufungsbeklagten überraschend eingetragen würde.

Obergericht, 22. Juni 1999, ZBO.1999.1

Eine dagegen erhobene Berufung schützte das Bundesgericht mit Urteil vom 7. Juli 2000. Mit dem Konkurs über die X AG sei der ursprüngliche Vertrag beendet und ein neuer Vertrag mit einer neuen Partei abgeschlossen worden, für welche ein getrennte Fristenlauf gelte. Ob auch von einem getrennten Fristenlauf für die beiden Gebäude B und C auszugehen wäre, liess das Bundesgericht offen.


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