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RBOG 2007 Nr. 29

Kompetenzattraktion beim Scheidungsgericht zum Entscheid über eine im Scheidungsverfahren verlangte Schuldneranweisung


§ 46 Abs. 2 ZPO, § 172 Ziff. 2a ZPO


1. Die Berufungsklägerin stellte vor Vorinstanz neben dem Antrag auf Zusprache nachehelichen Unterhalts das Begehren um Schuldneranweisung.

2. Die Vorinstanz brauchte sich mit dem von der Berufungsklägerin gestellten Antrag auf Anweisung an die Schuldner nicht auseinanderzusetzen, nachdem sie einen nachehelichen Unterhaltsanspruch der Berufungsklägerin verneinte. Allerdings wurde die Berufungsklägerin an der Hauptverhandlung darauf hingewiesen, dass für ein Gesuch um Anweisung der Schuldner der Summarrichter und nicht das Scheidungsgericht sachlich zuständig sei. Im Berufungsverfahren erneuerte die Berufungsklägerin ihr Gesuch und machte geltend, es wäre prozessualer Unsinn, in Fällen, in denen bereits im Scheidungsverfahren klar sei, dass die zum Unterhalt verpflichtete Partei ihrer Pflicht nicht nachkommen werde, eigens den Summarrichter beiziehen zu müssen.

3. Gemäss § 172 Ziff. 2a ZPO entscheidet der Bezirksgerichtspräsident im summarischen Verfahren über Gesuche um Anweisung an die Schuldner im Sinn von Art. 132 Abs. 1 ZGB. Nach dem Buchstaben des Gesetzes trifft die Auffassung der Vorinstanz demnach durchaus zu. Indessen fragt sich, ob es bei im Vorfeld der Ehescheidung bereits offensichtlich vernachlässigter Unterhaltspflicht sinnvoll ist, als Scheidungsgericht auf ein Gesuch um Anweisung an die Schuldner nicht einzutreten und die Partei an den Summarrichter zu verweisen. Mindestens wäre in dieser Konstellation der Gerichtspräsident gehalten, das im Scheidungsverfahren gestellte Gesuch entgegenzunehmen und alsdann im Summarverfahren zu entscheiden. Beide Entscheide, sowohl das Urteil im Scheidungsverfahren als auch die Verfügung im Summarium, könnten alsdann auch gleich in einem einzigen Dispositiv eröffnet werden. Sachgerechter erscheint es aber, über diesen Ansatz hinauszugehen und beim Scheidungsgericht eine Kompetenzattraktion zum Entscheid über eine verlangte Anweisung an die Schuldner anzunehmen. Da damit nur ausnahmsweise - nämlich deshalb, weil gleichzeitig mit der Scheidung über das Gesuch entschieden wird - eine Zuständigkeit des Scheidungsgerichts begründet wird, wird die grundsätzliche sachliche Zuständigkeit des Summarrichters nicht berührt. Eine Änderung der Schuldneranweisung hätte daher auch nicht mittels einer Abänderungsklage beim Scheidungsgericht zu erfolgen, sondern es würde in diesem Fall ohne weiteres die ordentliche Zuständigkeit des Summarrichters gemäss ZPO greifen. Etwas anderes würde nur ausnahmsweise gelten, wenn nämlich wiederum die Voraussetzungen für eine Kompetenzattraktion gegeben wären, indem gleichzeitig auf Abänderung des Scheidungsurteils im Unterhaltspunkt geklagt würde.

Obergericht, 5. Juni 2007, ZBR.2006.85


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