RBOG 2008 Nr. 12
Nichtigkeit eines ungenügend eingeschränkten Konkurrenzverbots
1. Der Berufungskläger brachte vor, die Berufungsbeklagte habe ihm eine Konventionalstrafe von Fr. 20'000.00 zu bezahlen, weil sie das im Arbeitsvertrag vereinbarte Konkurrenzverbot verletzt habe.
2. In Artikel 2 des Arbeitsvertrags vereinbarten die Parteien: "Die Angestellte ist verpflichtet, während der Dauer dieses Vertrags und noch zwei Jahre nach Ablauf dieses Vertrags jede Konkurrenzierung, sei sie direkt oder indirekt zu unterlassen, insbesondere weder eine Einzelfirma oder eine Gesellschaft, die ganz oder teilweise den gleichen Zweck wie die W AG verfolgt, zu gründen, noch sich an einer solchen zu beteiligen, noch eine Anstellung in einer solchen anzunehmen. Während der Dauer dieses Konkurrenzverbots ist es der Angestellten zudem untersagt, für in den Büchern des Arbeitgebers registrierte Kunden direkt oder indirekt Arbeiten auszuführen oder ausführen zu lassen, noch diese zwecks Abwerbung zu bearbeiten oder bearbeiten zu lassen, auch wenn sie diese selber akquiriert hat. Der Arbeitgeber kann Realerfüllung des Konkurrenzverbots verlangen. Bei Zuwiderhandlung gegen das Konkurrenzverbot schuldet die Angestellte eine Konventionalstrafe in der Höhe von Fr. 20'000.00. Die Bezahlung der Konventionalstrafe befreit die Angestellte nicht von der weiteren Einhaltung des Konkurrenzverbots; die Geltendmachung weiteren Schadens bleibt vorbehalten."
3. Gemäss Art. 340 OR kann sich der handlungsfähige Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich verpflichten, sich nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses jeder konkurrenzierenden Tätigkeit zu enthalten, insbesondere weder auf eigene Rechnung ein Geschäft zu betreiben, das mit dem des Arbeitgebers in Wettbewerb steht, noch in einem solchen Geschäft tätig zu sein oder sich daran zu beteiligen. Das Konkurrenzverbot ist nur verbindlich, wenn das Arbeitsverhältnis dem Arbeitnehmer Einblick in den Kundenkreis oder in Fabrikations- und Geschäftsgeheimnisse gewährt und die Verwendung dieser Kenntnisse den Arbeitgeber erheblich schädigen könnte. Nach Art. 340a OR ist das Verbot nach Ort, Zeit und Gegenstand angemessen zu begrenzen, so dass eine unbillige Erschwerung des wirtschaftlichen Fortkommens des Arbeitnehmers ausgeschlossen ist; es darf nur unter besonderen Umständen drei Jahre überschreiten. Der Richter kann ein übermässiges Konkurrenzverbot unter Würdigung aller Umstände nach seinem Ermessen einschränken; er hat dabei eine allfällige Gegenleistung des Arbeitgebers angemessen zu berücksichtigen.
4. Das von den Parteien vereinbarte Konkurrenzverbot ist weder in sachlicher noch in örtlicher Hinsicht begrenzt. Bei Annahme der Gültigkeit der Vertragsbestimmung unterläge die Berufungsbeklagte zwei Jahre lang einem faktischen Berufsverbot in ihrer Tätigkeit als Versicherungsberaterin, ohne dass der Berufungskläger dafür mittels einer Karenzentschädigung eine Gegenleistung erbringen würde. Das Obergericht ist mit Streiff/von Kaenel[1] und Rehbinder[2] der Ansicht, dass ein Konkurrenzverbot wie das hier zu beurteilende, welches in jeder Hinsicht ungenügend eingeschränkt ist, nichtig sein muss. Dem Gültigkeitserfordernis der schriftlichen Abrede unterliegen sowohl die objektiv als auch die subjektiv wesentlichen Punkte[3], was im Fall der Konkurrenzklausel nicht nur deren Bestand, sondern auch deren Umfang umfasst[4]. Es würde dem Schutzgedanken von Art. 340 ff. OR und der Rechtssicherheit zuwider laufen, wenn in Anwendung von Art. 340a Abs. 2 OR jedes offensichtlich zu weit gehende Konkurrenzverbot vom Richter „nach seinem Ermessen“ beschränkt und in ein gültiges umzuwandeln wäre. Die Unsicherheit, mit der sich dadurch ein Arbeitnehmer bei einem Stellenwechsel konfrontiert sieht, wird auch dadurch nicht wesentlich gemildert, dass der Richter die Bestimmung bei Zweifel über den zulässigen Umfang zu Lasten des Arbeitgebers auszulegen hat[5] und eine übermässige Konventionalstrafe gestützt auf Art. 163 Abs. 3 OR nach Ermessen herabsetzen kann.
5. Zusammenfassend schlossen die Parteien keine gültige Konkurrenzklausel ab, weshalb dem Berufungskläger daraus auch keine Verrechnungsforderung gegen die Berufungsbeklagte zusteht.
Obergericht, 23. Oktober 2007, ZBO.2007.8
[1] Arbeitsvertrag, 6.A., Art. 340a OR N 7
[2] Berner Kommentar, Art. 340a OR N 6
[3] Vgl. BGE 125 III 133
[4] Vgl. Staehelin, Zürcher Kommentar, Art. 340 OR N 8
[5] BGE 92 II 24
dsf