RBOG 2008 Nr. 34
Die Parteien dürfen nicht mit Blick auf die Respektstunde zu unterschiedlichen Zeitpunkten vorgeladen werden; Rechtsfolgen bei Missachtung
1. Die Vorinstanz lud den Berufungskläger peremtorisch auf 07.30 Uhr zur Hauptverhandlung vor, "praxisgemäss eine Stunde früher, damit im Falle eines neuerlichen Fernbleibens nicht noch die Respektstunde gemäss § 65 Abs. 1 ZPO abgewartet werden musste". Die Gegenpartei wurde erst auf 08.30 Uhr aufgeboten. Der Berufungskläger erschien nach eigenen Angaben um 07.15 Uhr, verliess nach einer gewissen Wartezeit das Gerichtsgebäude aber trotz Ermahnungen seitens der Gerichtsweibelin wieder, und zwar nach Angaben der Gerichtsweibelin um 08.03 Uhr und nach eigenen Angaben um 08.20 Uhr. Die Hauptverhandlung wurde mit der Gegenpartei gleichwohl durchgeführt, und die Klage wurde teilweise geschützt.
[1] und ist ausgesprochen unhöflich, da damit die auf peremtorische Vorladung hin korrekt erscheinende Partei regelmässig eine Stunde warten muss. Zwar sind die Parteien gehalten, gewisse Wartezeiten auf sich zu nehmen, doch bezieht sich diese Rechtsprechung nur auf Fälle, in denen wegen der länger dauernden Behandlung früher traktandierter Fälle innerhalb der Sitzungsplanung des Gerichts Verzögerungen entstehen[2].
3. Damit ist die Streitsache zu korrekter Vorladung der Parteien und zur Durchführung einer korrekten Verhandlung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Kosten der nutzlosen Verhandlung hat der Staat zu tragen.
Obergericht, 10. Juli 2008, ZBR.2008.40
[1] Genauso unzulässig ist es, ihnen Entscheide nicht zu gleicher Zeit zuzustellen; SGGVP 1967 Nr. 51.
[2] Vgl. Zweidler, Die Praxis zur thurgauischen Strafprozessordnung, Bern 2005, § 167 N 5, § 207 N 17