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RBOG 2008 Nr. 36

Berücksichtigung von Pensionskassengeldern bei einem Gesuch um unentgeltliche Prozessführung



1. 1991 schied das Kantonsgericht die Ehe von X. Im Jahr 2007, zwischenzeitlich erneut verheiratet, verlangte er die Abänderung des Urteils in dem Sinn, dass seine Unterhaltsverpflichtung gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau ab 1. Oktober 2006 aufgehoben werde. Sein gleichzeitig gestelltes Gesuch um unentgeltliche Prozessführung mit Offizialanwalt wies das Vizegerichtspräsidium ab. X reichte fristgerecht Rekurs ein mit dem Antrag, es sei ihm sowohl für das Abänderungs– als auch für das Rekursverfahren die unentgeltliche Prozessführung mit Offizialanwalt zu bewilligen. Zur Begründung machte er im Wesentlichen geltend, sein Existenzminimum belaufe sich auf Fr. 3'724.00. Gesamthaft verfügten er und seine jetzige Ehefrau über ein Einkommen von monatlich Fr. 2'013.00. Sein Altersguthaben aus der beruflichen Vorsorge habe er sich am 3. Oktober 2006 auszahlen lassen. Grösstenteils sei es inzwischen verbraucht; der Rekurrent habe es teils in die Wohnung seiner Frau in Tschechien investiert, teils damit eine Reise finanziert. Wäre das BVG-Guthaben noch vorhanden, wäre das daraus resultierende hypothetische Einkommen auf maximal Fr. 1'282.90 zu veranschlagen. Alsdann wäre aber auch die damit verbundene Steuerlast, welche die Mehreinnahme schmälere, zu berücksichtigen. Gesamthaft betrachtet wäre das hypothetische Gesamteinkommen noch immer deutlich unter dem Bedarf.

2. a) Unbestritten ist, dass der Rekurrent eine AHV-Rente von monatlich Fr. 1'440.00 und seine Ehefrau eine solche von Fr. 573.00 erhalten. Gesamthaft verfügen sie somit aus AHV-Leis­tungen über Fr. 2'013.00. Die Vorinstanz erhöhte diesen Betrag um denjenigen der mutmasslichen Rente der zweiten Säule, d.h. um Fr. 1'282.90. Diese Summe stünde dem Rekurrenten zur Verfügung, hätte er das Kapital der zweiten Säule nicht vorbezogen, um einerseits eine Australienreise zu machen und anderseits die Wohnung seiner Ehefrau in Tschechien zu renovieren.

b) Der Rekurrent anerkennt, dass das BVG-Kapital nicht mehr vorhanden ist. Die Vorinstanz unterstelle ihm aber zu Unrecht, er habe sein Pensionskassenguthaben verbraucht, um die daraus resultierende verminderte Leistungsfähigkeit als Grundlage für die Abänderungsklage und für sein Gesuch um unentgeltliche Prozessführung anführen zu können. Diesen Vorwurf erhob das Vizegerichtspräsidium indessen gar nicht. Es wies lediglich darauf hin, es erscheine rechtsmissbräuchlich, das Kapital der zweiten Säule für die Verwirklichung eines Lebenstraums zu verwenden und sich alsdann in einem Prozess auf mangelnde Leistungsfähigkeit zu berufen; davon, dass der Rekurrent das Kapital der zweiten Säule exakt im Hinblick auf den Abänderungsprozess vorbezog, war nie die Rede. Richtig ist hingegen die aus seinem Verhalten seitens der Vorinstanz gezogene Konsequenz. Dabei wird dem Rekurrenten nicht vorgeworfen, sich nach seiner Pensionierung eine fünfmonatige Australien-Reise gegönnt zu haben. Wenn er aber mit dem weitaus grössten Teil seines Pensionskassengeldes die Wohnung seiner Ehefrau in Tschechien renoviert, kann dies dann, wenn die unentgeltliche Prozessführung mit Offizialanwalt zur Diskussion steht, nicht unberücksichtigt bleiben. Sein Bedarf wurde dadurch anders als dann, wenn aus dem BVG-Kapital Wohneigentum gekauft wird, nicht vermindert. Nun geht es aber nicht an, das Einkommen und/oder Vermögen zwecks Erhöhung des eigenen Komforts zu verbrauchen und unter Hinweis auf exakt diesen finanzierten Luxus die unentgeltliche Prozessführung zu beantragen. Der Rekurrent kannte im Zeitpunkt, als er sich sein Altersguthaben aus der beruflichen Vorsorge auszahlen liess, sowohl die Höhe seiner AHV-Rente als auch diejenige seiner finanziellen Verpflichtungen gegenüber seiner geschiedenen Ehefrau. Bei knappen finanziellen Verhältnissen und Unterhaltsverpflichtungen ist es nun einmal nicht zulässig, sein Einkommen freiwillig zu reduzieren und kurz danach vom Staat finanzielle Hilfe zu verlangen.

c) Die Vorinstanz kam somit zu Recht zum Schluss, die dem Rekurrenten aus der mutmasslichen Rente der zweiten Säule monatlich zur Verfügung stehenden Fr. 1'282.90 müssten als zusätzlicher hypothetischer Verdienst qualifiziert werden. Korrekt ist gleichzeitig aber auch der Hinweis des Rekurrenten, bei diesen Gegebenheiten müsse die Steuerlast hypothetisch berechnet werden. Einen konkreten Betrag, den er berücksichtigt haben will, gibt er nicht an. Überschlagsmässig kann sich die erhöhte Steuerbelastung dann, wenn von einem massgebenden Einkommen des Ehemanns und seiner Ehefrau von Fr. 3'295.00 ausgegangen wird, denn auch nicht gravierend auswirken. Ermessensweise wird die Steuerpflicht auf monatlich Fr. 50.00 festgesetzt.

Obergericht, 14. Januar 2008, ZR.2007.130


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