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RBOG 2013 Nr. 7

Honorar des Erbenvertreters


Art. 554 ZGB, Art. 595 Abs. 3 ZGB, Art. 602 ZGB


1. a) Mit Entscheid vom 20. August 2013 nahm die Einzelrichterin des Bezirksgerichts Kenntnis vom Jahresbericht 2012 des Erbenvertreters der Erbengemeinschaft sowie von der entsprechenden Buchhaltung und auferlegte die Gerichtskosten von Fr. 500.00 der Erbengemeinschaft.

b) Fristgerecht erhob eine Erbin Beschwerde gegen die Rechnung des Erbenvertreters. Dieser unterscheide zwischen "Front" und "Buchhaltung", doch sei nicht ersichtlich, was mit "Front" gemeint sei; auf ihre entsprechende Anfrage seien nur die Beispiele wiederholt worden, die sie selbst aufgeführt habe. Da es nur um ein Dutzend Positionen gehe, könnten ohne grossen Aufwand und ohne zusätzliche Kostenfolgen die Details angegeben werden.

2. a) Der Erbenvertreter steht unter der Aufsicht der ernennenden Behörde. Für den Erbschaftsverwalter bei der amtlichen Liquidation ist die Aufsicht der Behörde in Art. 595 Abs. 3 ZGB ausdrücklich vorgesehen, verbunden mit der Befugnis der Erben, bei der Aufsichtsbehörde gegen die vom Erbschaftsverwalter "beabsichtigten oder getroffenen Massregeln Beschwerde zu erheben". In Rechtsprechung und Lehre ist unbestritten, dass dies in gleicher Weise auch für den Erbschaftsverwalter gemäss Art. 554 ZGB, für den Willensvollstrecker und für den behördlich bestellten Erbenvertreter gilt[1]. Jedem einzelnen Erben steht mithin die Befugnis zu, sich bei der Behörde über die Geschäftsführung des Erbenvertreters und gegen einzelne Anordnungen desselben zu beschweren. Die Bezeichnung der Behörde, welche die Aufsicht ausübt und bei welcher sich die Erben gegen getroffene oder auch erst beabsichtigte Massregeln beschweren können, obliegt nach Art. 54 SchlT ZGB den Kantonen. Gemäss § 172 Ziff. 23 ZPO TG war der Bezirksgerichtspräsident für die Bestellung eines Erbenvertreters und dessen Beaufsichtigung im Sinn von Art. 602 Abs. 3 ZGB zuständig; heute gilt § 33 ZSRV, wonach in allen Fällen, in welchen die kantonale Gesetzgebung in Angelegenheiten des Zivilgesetzbuchs und des Obligationenrechts die zuständige Behörde nicht bezeichnet, die Einzelrichterin oder der Einzelrichter des Bezirksgerichts zuständig ist.

b) Die Überprüfungsbefugnis der Aufsichtsbehörde ist allerdings beschränkt. Behördliche Aufsicht bedeutet, dass die Aufsichtsbehörde vom Erbenvertreter Auskünfte über seine Tätigkeit verlangen, ihm konkrete Empfehlungen oder Weisungen erteilen, einzelne seiner Handlungen aufheben und ihn gegebenenfalls absetzen kann. Um über die Tätigkeit des Erbenvertreters informiert zu sein, kann und soll sie von ihm periodisch Berichterstattung verlangen. Krasse Fälle von Pflichtverletzungen vorbehalten, wird die Aufsichtsbehörde in der Regel erst nach entsprechender Anzeige oder Beschwerde aktiv[2]. Die Aufsicht beschränkt sich auf eine Überprüfung der formellen Korrektheit und Angemessenheit der Massnahmen des Erbenvertreters; materielle Rechtsfragen sind demgegenüber durch den ordentlichen Richter zu entscheiden. Der Erbenvertreter verfügt innerhalb der ihm gesetzten Grenzen über ein weites Ermessen. Aufgabe der Aufsichtsbehörde ist es nur, bei willkürlichen oder offenbar unsachlichen Handlungen des Erbenvertreters einzuschreiten. Eine eigentliche Ermessensprüfung oder die Überprüfung, ob eine Entscheidung von mehreren vertretbaren Entscheidungsmöglichkeiten angemessen oder sachgerecht war, steht der Aufsichtsbehörde nicht zu[3]. Prüft die Aufsichtsbehörde die Handlungen des Erbenvertreters nur auf Willkür hin, muss sie sich mit einzelnen Rügen nicht bis ins letzte Detail auseinandersetzen; es genügt, wenn sie allfällige Beschwerden summarisch prüft und auch ihre Beschwerdeentscheide summarisch begründet[4].

c) Streitigkeiten zwischen dem Erbenvertreter und den Erben über die Entschädigung sind grundsätzlich nicht von der Aufsichtsbehörde über den Erbenvertreter zu beurteilen, sondern vom ordentlichen Gericht, denn bei der Entschädigung handelt es sich nicht um eine Frage des Verfahrens, sondern um eine solche des Bestands und Umfangs einer zivilrechtlichen Forderung[5]. Hier ist allerdings im Wesentlichen nicht die Entschädigung als solche strittig, sondern die Art und Weise ihrer Abrechnung.

d) Der Erbenvertreter hat Anspruch auf eine Vergütung, welche derjenigen des Willensvollstreckers entspricht[6] und von der einsetzenden Behörde festgesetzt wird[7]. Diese Kosten sind vom Nachlass zu tragen[8].

e) Der Erbenvertreter wurde mit Entscheid der Vizepräsidentin des Bezirksgerichts vom 14. September 2009 eingesetzt, und sein Honorar wurde dabei auf Fr. 200.00 pro Stunde festgesetzt. Für das Jahr 2012 (November 2011 bis November 2012) stellte er insgesamt 14 Stunden in Rechnung, nämlich 9½ Stunden für "Buchhaltung" und 4½ Stunden für "Front", wobei offensichtlich ist, was mit "Front" im Grundsatz gemeint ist; dieser Punkt ist an sich auch nicht mehr strittig. Wird die Entschädigung eines Erbenvertreters nach Stundenaufwand berechnet, versteht es sich von selbst, dass er bei der Rechnungstellung aufzulisten hat, wann dieser Aufwand entstanden ist; diese Datumsangaben sind in der Rechnung denn auch enthalten. Ebenso ist es zweckmässig, wenn auch angegeben wird, worum es bei den entsprechenden Terminen im Einzelnen ging. Dieses Prinzip gilt indessen einerseits im Sinn der Kostenminimierung und andererseits aus Gründen der Verhältnismässigkeit nicht ausnahmslos. Die Vorin­stanz hielt dementsprechend fest, es sei vertretbar, im Sinn einer Kostenvermeidung nicht bei jeder Position die Art der Tätigkeit des Erbenvertreters anzugeben. Dem ist im Rahmen dieser summarischen Prüfung ohne weiteres zuzustimmen, jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, wo im Zusammenhang mit der Verwaltung einer Liegenschaft mit offenbar sechs Mietparteien für ein ganzes Jahr gerade einmal 4½ Stunden für Arbeiten an der "Front" geltend gemacht werden. Hier kommt noch hinzu, dass der Erbenvertreter für die Buchhaltung ohnehin einen günstigeren Tarif verrechnete: Er machte für die Buchhaltungsarbeiten nur Fr. 125.00 pro Stunde geltend, obwohl er entsprechend dem Einsetzungsbeschluss vom 14. September 2009 Fr. 200.00 verrechnen dürfte. Wenn ein Erbenvertreter eine um mehr als Fr. 700.00 günstigere Rechnung stellt, als er dürfte, ist es überaus befremdend und "pingelig", noch über die Gründe für 4½ Stunden Arbeiten an der "Front" pro Jahr diskutieren zu wollen.

Obergericht, 1. Abteilung, 9. Oktober 2013, ZR.2013.46

Das Bundesgericht trat am 14. November 2013 auf eine dagegen erhobene Beschwerde nicht ein (5D_211/2013).


[1] BGE vom 8. Juli 2003, 5P.83/2003, Erw. 1; BGE 54 II 200; Schaufelberger/Keller, Basler Kommentar, Art. 602 ZGB N 49 ff.; Escher, Zürcher Kommentar, Art. 602 ZGB N 81, N 83; Tuor/Picenoni, Berner Kommentar, Art. 602 ZGB N 59; SJZ 79, 1983, S. 111; SJZ 25, 1928/29, S. 265 Nr. 183

[2] Schaufelberger/Keller, Art. 602 ZGB N 50 f.

[3] Abt/Weibel, Praxiskommentar Erbrecht, 2.A., Art. 602 ZGB N 78; Karrer/Vogt/ Leu, Basler Kommentar, Art. 595 ZGB N 22

[4] VVGE (OW) 2007 und 2008 Nr. 15, S. 53 Erw. 2.3

[5] VVGE (OW) 2007 und 2008 Nr. 15, S. 53 Erw. 7

[6] Vgl. BGE 129 I 330

[7] BGE vom 26. Juni 2003, 5C.83/2003

[8] Tuor/Picenoni, Art. 602 ZGB N 60

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