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RBOG 2016 Nr. 9

Entschädigung des Beistands bei geringem Vermögen der verbeiständeten Person


§ 88 KESV, § 89 KESV, Art. 404 ZGB


1. a) Die Beschwerdeführerin ist verbeiständet. Nachdem sie ihren Wohnsitz von A nach B verlegt hatte, verfügte die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde A, die Beistandschaft werde an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde B übertragen. Die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde A setzte die Entschädigung des bisherigen Beistands für 18 Monate insgesamt auf Fr. 2'620.00 fest und auferlegte die Entschädigung zusammen mit den Spesen von Fr. 155.40 der Beschwerdeführerin.

b) Die Beschwerdeführerin erhob Beschwerde mit dem Antrag, die Entschädigung des bisherigen Beistands sei auf ein Minimum herabzusetzen. Mangels Aktiven sei zu prüfen, ob gänzlich auf eine Entschädigung verzichtet werden könne. Der Pauschalbetrag für eine zweijährige Rechnungs- oder Berichtsperiode betrage in der Regel Fr. 1'000.00 bis Fr. 10'000.00. Gemäss Schlussrechnung betrage ihr Vermögen insgesamt Fr. 1'432.62; warum hier aufgrund des geringen Vermögens nicht der Minimalansatz von pauschal Fr. 750.00 für die 18 Monate der Mandatsführung angewendet worden sei, und worin der Aufwand des bisherigen Beistands bestanden habe, der einen höheren Ansatz als die Minimalgebühr rechtfertigen würde, werde nicht erwähnt und sei nicht nachvollziehbar. Bei der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde B werde in der Regel erst ab einem Klientenvermögen ab Fr. 20'000.00 überhaupt eine Entschädigung festgelegt. Demgegenüber habe die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde A für die 18-monatige Mandatsführung einen Betrag von Fr. 2'620.00 zugesprochen. Eine Praxis nach derart unterschiedlichen Methoden sei abzulehnen.

2. a) Für eine anderthalbjährige Rechnungs- oder Berichtsperiode sieht die Verordnung des Obergerichts zum Kindes- und Erwachsenenschutz[1] einen Pauschalbetrag von Fr. 750.00 bis Fr. 7'500.00 vor[2]. Innerhalb dieses Rahmens setzt die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde die Entschädigung unter Berücksichtigung des Umfangs und der Komplexität der dem Beistand übertragenen Aufgaben fest[3].

b) Die Entschädigung von Fr. 2'620.00 liegt im unteren Bereich des vorgesehenen Rahmens. Ausgehend von einer Entschädigung mit minimalem Stundenansatz von Fr. 50.00 entspricht sie einem zeitlichen Aufwand von 52,4 Stunden. Dies führt zu einem durchschnittlichen Aufwand von aufgerundet drei Stunden pro Monat. Aus dem Antrag des ehemaligen Beistands auf Wechsel des Mandatsträgers geht hervor, dass der Beistand die Beschwerdeführerin bei ihrem Ziel, in eine eigene Wohnung umziehen zu können, begleitete. Dieses Ziel habe die Beschwerdeführerin per 1. Oktober 2015 erreichen können. Der ganze Umzug und der Einkauf der Wohnungseinrichtung habe sie praktisch in Eigenverantwortung durchgezogen; der Beistand sei im Hintergrund zur Verfügung gestanden und habe auf ihre Ausgaben geachtet. Bei der gesamten Vermögensverwaltung sei die Beschwerdeführerin noch auf Unterstützung angewiesen. Sie sei leicht überfordert, wenn Ansprüche von aussen an sie gestellt würden. Im Rechenschaftsbericht erklärte der Beistand, er habe regelmässige Standortbesprechungen durchgeführt; dies habe im Zusammenhang mit dem Umzug nach B vermehrt zu direkten und telefonischen Kontakten geführt. Im Schlussbericht führte der Beistand aus, es hätten seit dem letzten Besuch noch telefonische Kontakte stattgefunden. Zusammenfassend begleitete der ehemalige Beistand die Beschwerdeführerin bei ihrer Suche nach einer neuen Wohnung und beim Umzug, stellte für sie den Antrag auf Wechsel des Beistands infolge des Wohnortwechsels und verfasste einen Rechenschaftsbericht und den Schlussbericht samt den jeweiligen Rechnungen. Ein zeitlicher Aufwand von knapp drei Stunden pro Monat erscheint angesichts dieser Umstände als realistisch, und die zugesprochene Entschädigung ist daher nicht unangemessen.

3. a) Es mag zutreffen, dass andere Behörden, wie beispielsweise die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde B, auf die Zusprache einer Entschädigung bei geringem Vermögen verzichten. Daraus kann die Beschwerdeführerin jedoch nichts zu ihren Gunsten ableiten, denn ein Anspruch darauf ergibt sich weder aus Art. 404 ZGB noch aus den massgebenden kantonalen Ausführungsbestimmungen der KESV, und es besteht diesbezüglich auch keine einheitliche kantonale Praxis, auf welche sich die Beschwerdeführerin stützen könnte.

b) § 89 Abs. 3 KESV sieht für den Fall, dass die Entschädigung und der Spesen- und Auslagenersatz nicht oder nur teilweise aus dem Vermögen der betroffenen Person bezahlt werden kann, vor, dass diese Kosten von der Politischen Gemeinde zu tragen sind, in welcher die betroffene Person ihren Wohnsitz oder Aufenthalt hat. Wenn die Beschwerdeführerin also nicht über genügend Mittel verfügt, so wird die Gemeinde B für den Ausfall aufzukommen haben. Die Vorinstanz wies ausdrücklich auf diese gesetzliche Bestimmung hin. Die Prüfung der Voraussetzungen für die subsidiäre Leistungspflicht des Gemeinwesens fällt jedoch in die Kompetenz der Gemeinde, welche den Anspruch – auf Gesuch hin – auf verwaltungsrechtlichem Weg feststellt. Die Beschwerdeführerin wird sich somit an die Gemeinde B wenden müssen, sollte sie nicht in der Lage sein, die Entschädigung für den Beistand zu bezahlen.

4. Die Beschwerdeführerin rügt ferner, ihr sei ein Nachteil erwachsen, indem der Wechsel der Beistandschaft nicht bereits nach ihrem Wohnortswechsel im Oktober, sondern erst im darauffolgenden Juli stattfand. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass der Beistand bewusst das Gesuch um Wechsel der Beistandschaft erst später stellte, um die Beschwerdeführerin während des Wohnortswechsels und auch in den ersten Monaten danach noch begleiten zu können, was er mit ihr so vereinbart habe. So habe sie sich am neuen Wohnort noch mit einer vertrauten Person eingewöhnen können. Der spätere Wechsel erscheint damit als sinnvoll und nachvollziehbar; er erfolgte offensichtlich im Interesse der Beschwerdeführerin.

Obergericht, 1. Abteilung, 7. Oktober 2016, KES.2016.58


[1] KESV, RB 211.24

[2] § 88 Abs. 3 KESV

[3] Art. 404 Abs. 2 ZGB

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