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RBOG 2017 Nr. 10

Sicherheitsleistung für die Parteientschädigung bei fehlendem Domizil in der Schweiz


Art. 99 Abs. 1 lit. a ZPO


1. a) Gemäss Art. 99 Abs. 1 ZPO hat die klagende Partei auf Antrag der beklagten Partei für deren Parteientschädigung Sicherheit zu leisten, wenn sie keinen Wohnsitz oder Sitz in der Schweiz hat, oder wenn sie zahlungsunfähig erscheint, namentlich wenn gegen sie der Konkurs eröffnet oder ein Nachlassverfahren im Gang ist oder Verlustscheine bestehen, oder wenn sie Prozesskosten aus früheren Verfahren schuldet, oder wenn andere Gründe für eine erhebliche Gefährdung der Parteientschädigung bestehen. Die klagende Partei hat nur dann Sicherheit für die Parteientschädigung der Beklagten zu leisten, wenn einer dieser Kautionsgründe vorliegt. Keine Sicherheit zu leisten ist im summarischen Verfahren mit Ausnahme des Rechtsschutzes in klaren Fällen[1].

b) Bei fehlendem Domizil in der Schweiz[2] ist der zivilrechtliche Wohnsitz- beziehungsweise Sitzbegriff massgebend[3]. Im Fall des fehlenden klägerischen Sitzes in der Schweiz ist unwiderlegbar von einer erheblichen Gefährdung der Einbringlichkeit der Parteientschädigung für die beklagte Partei auszugehen, welche der beklagten Partei grundsätzlich Anspruch auf Sicherstellung gibt[4]. Der Anwendungsbereich von Art. 99 ZPO ist allerdings eingeschränkt durch allfällige staatsvertragliche Regelungen, welche aufgrund von Art. 2 ZPO für internationale Verhältnisse vorbehalten sind. Diese internationalen Vereinbarungen schliessen es aus, Personen mit Sitz im Ausland allein wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen des Fehlens eines Wohnsitzes oder Aufenthalts in dem Staat, in dem die Klage erhoben wird, eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen. Dabei handelt es sich teilweise um multilaterale Übereinkommen[5] und teilweise um bilaterale Abkommen.

2. Die Beschwerdeführerin hat ihren Sitz im Fürstentum Liechtenstein. Dieses ist weder den Haager Übereinkommen beigetreten noch hat es bilaterale Staatsverträge mit der Schweiz abgeschlossen, die eine umfassende Befreiung von der Kautionspflicht vorsehen würden[6]. Damit auferlegte die Vorinstanz der Beschwerdeführerin zu Recht eine Kaution aufgrund ihres Sitzes im Ausland.

Obergericht, 1. Abteilung, 18. Oktober 2017, ZR.2017.55


[1] Art. 99 Abs. 3 lit. c ZPO

[2] Art. 99 Abs. 1 lit. a ZPO

[3] Für juristische Personen gilt Art. 56 ZGB. Soweit sie im Handelsregister eingetragen sind, ist auf den eingetragenen Sitz abzustellen.

[4] BGE 141 III 155

[5] Eine Befreiung von der Kautionspflicht sehen etwa vor: Art. 17 des Haager Übereinkommens betreffend Zivilprozessrecht, SR 0.274.12, Art. 14 des Haager Übereinkommens über den internationalen Zugang zur Rechtspflege, SR 0.274.133, Art. 17 des Europäischen Übereinkommens über Staatenimmunität, SR 0.273.1, Art. 22 des Haager Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindsentführung, SR 0.211.230.02.

[6] Suter/von Holzen, in: Kommentar zur Schweizerischen Zivilprozessordnung (Hrsg.: Sutter-Somm/Hasenböhler/Leuenberger), 3.A., Art. 99 N 22; Staehelin/Staehelin/ Grolimund, Zivilprozessrecht, 2.A., § 16 N 79; SJZ 65, 1969, S. 9; BGE 109 II 271

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