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RBOG 2017 Nr. 32

Kosten- und Entschädigungsfolgen für den unterliegenden Privatkläger


Art. 428 Abs. 1 StPO


1. a) Die Staatsanwaltschaft eröffnete gegen den Leiter eines Gemeindesteueramts ein Strafverfahren wegen Amtsmissbrauchs und stellte es in der Folge ein. Dabei nahm sie die Verfahrenskosten auf die Staatskasse und entschädigte den Leiter des Steueramts mit Fr. 2'667.00; auf weitergehende Entschädigungs- oder Genugtuungszahlungen verzichtete sie.

b) Der Anzeigeerstatter erhob Beschwerde, beantragte die Bestrafung des Leiters des Gemeindesteueramts (Beschwerdegegner) und verlangte eine Entschädigung von Fr. 2'500.00 sowie einen Auslagenersatz von Fr. 550.00; ausserdem sei ihm die unentgeltliche Prozessführung zu gewähren. Der Beschwerdegegner beantragte die Abweisung der Beschwerde, unter Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten des Beschwerdeführers, beziehungsweise unter Ausrichtung einer angemessenen Prozessentschädigung durch die Staatskasse an den Beschwerdegegner, unter Einräumung des Rückgriffs des Staates auf den Beschwerdeführer.

2. a) Zusammenfassend stellte die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren gegen den Beschwerdegegner mit Recht ein. Die Beschwerde ist deshalb abzuweisen.

b) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Mass­gabe ihres Obsiegens oder Unterliegens[1]. Zwar ist kein Amtsmissbrauch im Sinn von Art. 318 StGB festzustellen, doch liess es die Gemeinde gleichwohl an der notwendigen Sorgfalt fehlen. Insofern erscheint es hier als gerechtfertigt, dem Beschwerdeführer keine Verfahrensgebühr aufzuerlegen[2]. Vor diesem Hintergrund erweist sich der Antrag des Beschwerdeführers auf unentgeltliche Rechtspflege als obsolet[3].

c) Bei diesem Ausgang des Verfahrens ist dem Beschwerdeführer keine Entschädigung und auch kein Auslagenersatz zu bezahlen. Vielmehr hat der Beschwerdeführer den Beschwerdegegner für das Beschwerdeverfahren mit Fr. 1'330.00[4] zuzüglich 8% Mehrwertsteuer zu entschädigen. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegegners besteht für eine Entschädigungspflicht zulasten der Staatskasse keine gesetzliche Grundlage. Hier erhob allein der Privatkläger Beschwerde gegen die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft; nach dem Verursacherprinzip sind ihm bei Unterliegen die Parteikosten des Beschwerdegegners aufzuerlegen[5]. Anders zu entscheiden hiesse, den Privatkläger im Beschwerdeverfahren weitestgehend zu privilegieren, weil er für den Fall des Unterliegens (nur) im Rahmen der vergleichsweise bescheidenen Verfahrensgebühr überhaupt ein Prozessrisiko trüge; dies erscheint als nicht gerechtfertigt.

Obergericht, 2. Abteilung, 26. Januar 2017, SW.2016.147

Eine dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht am 17. März 2017 ab (6B_273/2017).


[1] Art. 428 Abs. 1 StPO

[2] § 2 Abs. 1 VGG

[3] Die unentgeltliche Rechtspflege umfasst nur eine Befreiung des Privatklägers von den Verfahrenskosten (Art. 136 Abs. 2 lit. b StPO).

[4] 5,2 Stunden multipliziert mit Fr. 250.00/Stunde (dem Honoraransatz bei Obsiegen gemäss § 13 Abs. 1 und 2 AnwT) zuzüglich Barauslagen von Fr. 30.00

[5] BGE 139 IV 45 ff.; Wehrenberg/Frank, Basler Kommentar, Art. 432 StPO N 15; Oberholzer, Grundzüge des Strafprozessrechts, 3.A., N 1762; Massari, Kosten- und Entschädigungsfolgen für die Privatklägerschaft im Strafprozess, in: Jusletter vom 2. Februar 2015, Ziff. 4.2 und 4.2.1

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